Social Media Marketing: Google+ oder Facebook?

Facebook und Google+ sind weltweit und auch in Deutschland die beliebtesten Social-Media-Seiten. Geht es um Unternehmensauftritte, sind sich Unternehmen oftmals nicht schlüssig, für welchen Anbieter sie sich entscheiden sollen. Facebook, Google+ oder gar beide? Was spricht für das eine und was für das andere? Ein Überblick über Geschichte, Entwicklung, Statistik und eine vorsichtige Prognose für die Zukunft.


Von Peter Ilg 

„Google+ ist viel besser als Facebook.“ Oder: „Auf Facebook pulsiert das Leben, Google+ ist eine Geisterstadt.“ Der Social-Media-Berater Christian Müller kann solche Aussagen nicht mehr hören, postet er auf Karrierebibel.de: „Google+ und Facebook zu vergleichen, ist nicht sinnvoll.“ Die Netzwerke hätten eine ganz eigene Ausrichtung, Zielgruppe und Funktion und sollten deshalb in der Kommunikationsstrategie von Unternehmen entsprechend behandelt werden.

Beide Netzwerke nutzen?

Beide Netzwerke zu nutzen, mache keinen Sinn. Die Entscheidung für A oder B sollte auf Grundlage der Bedürfnisse der Kunden und nicht auf den Wünschen des Unternehmens basieren. „Denn es nützt keinem, wenn ein Unternehmen die Möglichkeiten eines Netzwerkes toll findet – Kunden und Fans genau dieses Netzwerk aber gar nicht nutzen.“ Es sei denn, Unternehmen spiegeln die Inhalte, die sie mit ihrer Fangemeinde auf Facebook teilen, nicht einfach nur auf Google+, sondern bauen – wo möglich – einen Kanal mit eigener Zielgruppe und Ausrichtung auf. Beispielsweise lässt sich Facebook für die Kommunikation mit den Endkonsumenten (B2C) und G+ für die Kommunikation mit den Kunden (B2B) nutzen.

Auch für Müller ist die vereinfachende Unterscheidung – Facebook für Business-to-Consumer, Google+ für Business-to-Business-Kommunikation – zutreffend. Grob gesagt jedenfalls. Im konkreten Fall sollte jede Firma diese Entscheidung jedoch individuell abwägen. „Zielgruppen-Definitionen haben ihre Berechtigung, doch sie reichen nicht aus. Im Kern geht es darum, welche Menschen ein Unternehmen erreichen will.“

Welche Zielgruppe auf welchem Kanal ansprechen?

Beispiel: Wenn ein Unternehmen sich im B2C-Bereich gezielt an Fotografen richtet, wird es auf Google+ eine lebendige Fotografen-Communiy vorfinden. „Voila, auch Google+ kann im B2C-Bereich sinnvoll sein.“ Nach Müllers-Meinung sollten Unternehmen sich die Zeit nehmen, beide Netzwerke zu analysieren und in Ruhe zu prüfen, ob und wie diese in ihre Social Media Strategie passen.

Das Potenzial Sozialer Netzwerke jedenfalls ist gross. Kein anderes Produkt, keine andere Dienstleistung hat annähernd so hohe Wachstumsraten. Drei Viertel der Internetnutzer in Deutschland sind in mindestens einem sozialen Online-Netzwerk angemeldet, zwei Drittel nutzen die sozialen Netzwerke auch. Bei den 14- bis 29-Jährigen Internetnutzern sind bereits 92 Prozent Mitglied in einer oder mehreren Online-Communitys. Unter den 30- bis 49-Jährigen sind es 72 Prozent und in der Generation 50-Plus immerhin 55 Prozent, informiert der High-Tech-Verband Bitkom in Berlin. Laut dem Marktforschungsunternehmen comScore lag Facebook im März 2013 mit rund 39,2 Millionen Besuchern weit führend auf Platz eins. Gefolgt von Google+ mit 6,7 Millionen.

Facebook und Google+: Kampf der Giganten

Weltweit hat Facebook einen Marktanteil von 51 Prozent, Google+ 26 Prozent. Beide Unternehmen prognostizieren weiter starkes Wachstum. YouTube liegt nur knapp dahinter auf Platz drei, so das US-amerikanische Martforschungsunternehmen Globalwebindex. Die ermittelten Zahlen liefern zwar einen guten Überblick über die Anzahl der User, sagen aber beispielsweise nichts über deren Verweildauer aus. Hinzu kommt, wie ermittelt wird, ob ein Nutzer auch tatsächlich aktiv ist.

Über eine Milliarde Nutzer soll Facebook weltweit  haben. Auf ihrer Seite können sie eine bebilderte Chronik mit persönlichen Angaben und Erlebnissen erstellen, Videos oder Links mit Freunden teilen. Die User können miteinander chatten und sich Nachrichten schreiben. Facebook bietet von allen Netzwerken die meisten Möglichkeiten. Viele Unternehmen betreiben eine eigene Fanseite. Seit 2004 ist Facebook mit seinem Social Media Angebot im Netz. Nach unterschiedlichen Statistiken gehört Facebook zu den fünf am häufigsten besuchten Websites der Welt, in Deutschland liegt das Unternehmen auf dem zweiten Rang hinter Google.

Die Funktionen: Facebook versus Google+

Auch bei Google+ erstellen die User ein eigenes Profil mit persönlichen Angaben. Andere User können einseitig hinzugefügt werden, ohne dass eine Freundschaft geschlossen werden muss. Die Einteilung in verschiedene Kreise erleichtert die Organisation der Mitglieder und die Beschränkung der Inhalte auf ausgewählte Nutzer. Ein Alleinstellungmerkmal ist das sogenannte Hangout – ein Live-Videochat für Gruppen.

Google+, das soziale Netzwerk des Suchmaschinenbetreibers Google, ist erst seit 2011 online. Die Nutzerzahlen wachsen rasant. Laut Google haben sich haben sich innerhalb von zwei Jahren 500 Millionen Menschen beim firmeneigenen sozialen Netzwerk angemeldet. Jeden Monat kommen gut Millionen Nutzer hinzu. Das Wachstum von Google+ liegt auf dem Niveau, als Facebook eine ähnliche Grösse hatte.

Facebook und Google+: Die Statistik

Auf den zweiten Blick sind die Google+-Zahlen nicht mehr ganz so beeindruckend. Denn nur ein gutes Viertel der Nutzer ist aktiv. Das sind zwar immerhin rund 135 Millionen, aber damit nur ein Zehntel dessen, was Facebook erreicht. Google hat sein soziales Netzwerk eng mit seinem beliebten E-Mail-Dienst Gmail verknüpft, was die aktive Nutzerzahl erhöht haben dürfte.

Hinzu kommt die Zusammenlegung der Konten verschiedener Google-Dienste wie YouTube. Sobald jemand ein Konto bei einem dieser Dienste anlegt, erhält er automatisch einen Account bei Google+. Gleiches gilt für jedes neu aktivierte Android-Smartphone. Sobald man bei sich bei einem jener Dienste einloggt, zählt man auch als aktiver Google+-Nutzer. Google+ ist die soziale Schicht zwischen den verschiedenen Google-Diensten.

Facebook und Google+: Die Prognose

Nichtsdestotrotz: Nach Aussagen von Badley Horowitz, Vice President von Google+, wird 2013 das Jahr von Google+. Bislang seien erst 20 Prozent aller geplanten Features ausgerollt, „was bedeutet, dass interessante und nützliche Anwendungen einfliessen werden“, meint Aldo Gnocchi, Berater Social Media bei Goldbachinteractive aus der Schweiz. Das Unternehmen ist Spezialist für digitales Marketing.

Ausserdem, so Horowitz weiter, solle die Plattform auch 2013 werbefrei bleiben. „Das könnte ein strategischer Vorteil gegenüber Facebook sein, wo beinahe im Wochentakt mit neuen Kommerzialisierungsmöglichkeiten experimentiert wird“, meint Gnocchi. Er ist überzeugt, dass Google+ seine besten Zeiten noch vor sich hat, „denn das Potential ist enorm“.