Regelungen für Überstunden und Überzeit

Wer von seinen Mitarbeitenden zusätzliche Präsenz verlangt, sollte bedenken: Die Überzeit ist limitiert. Zudem müssen Überstunden den Mitarbeitenden zumutbar sein. Wichtig ist auch eine genaue Zeiterfassung.

Von der Zwanzig-Prozent- bis zur Vollzeitstelle – in den meisten Jobs ist das Wochenpensum klar definiert. Aber mancher Arbeitgeber kommt nicht darum herum, ab und zu einen besonderen Einsatz von den Mitarbeitenden zu verlangen. Ein prall gefülltes Auftragsbuch etwa kann ein Grund sein, aber auch eine Testreihe, die plötzlich Probleme verursacht. Doch wie viele zusätzliche Stunden darf der Arbeitgeber über die vertraglich festgelegte Arbeitszeit hinaus einfordern?

Überstunden und Überzeit

Zunächst gilt es, klar zu unterscheiden zwischen Überstunden und Überzeit. Überstunden fallen an, sobald jemand länger arbeitet als in seinem Arbeitsvertrag vereinbart. Übersteigt die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden zudem die gesetzliche Höchstarbeitszeit, dann ist von Überzeit die Rede. Ein Monteur mit einem 36-Stunden Pensum zum Beispiel, der in einer angespannten Woche vierzig Stunden arbeitet, leistet vier Überstunden. Ist er sogar 48 Stunden im Einsatz, dann fallen neun Überstunden und drei Stunden Überzeit an. Denn für industrielle Betrieben – wie auch für Büropersonal – gilt eine gesetzliche Höchstzeitarbeit von 45 Stunden.

Spezialfall Manager

Überstunden sind im Obligationenrecht (Art. 321c OR) geregelt und fallen somit in den privatrechtlichen Bereich. Die Regeln für Überzeit sind im Rahmen der Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen im Arbeitsgesetz (Art. 9, 12 und 13 ArG)festgehalten, das als Teil des öffentlichen Rechts auch den Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden gewährleistet. So zieht das Gesetz für die Überzeit eine obere Grenze. Bei einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden dürfen pro Jahr maximal 170 Stunden Überzeit zusammen kommen, zudem darf man täglich nicht mehr als zwei Stunden Überzeit arbeiten.

Bei einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 50 Stunden, wie sie etwa im Gesundheitswesen gilt, liegt die Überzeitgrenze bei 140 Stunden pro Jahr.
Für die Firmenleitung selbst gibt es allerdings keine obere Zeitlimite. Denn das Kader fällt nicht unter das Arbeitsgesetz – vorausgesetzt, es betrifft Manager mit Budgetverantwortung und weitgreifenden Entscheidungsbefugnissen. Ihre Überzeit ist im Salär inbegriffen in der Annahme, dass sich ihre Leistung nicht in Stunden messen lässt.

Kompensation durch Freizeit

Sowohl Überstunden wie auch Überzeit sind mit dem Normallohn plus einem 25-Prozent-Zuschlag zu entschädigen, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Was die Überstunden angeht, können Unternehmen und Angestellter in gegenseitigem Einverständnis im Arbeitsvertrag einen Verzicht auf Entschädigung aufnehmen. Eine solche Klausel wird die Firma allerdings nur durchsetzen können, wenn es die Lage auf dem Arbeitsmarkt erlaubt, so Angela Hensch, Anwältin bei der Kanzlei Bratschi, Wiederkehr & Buob in St. Gallen. «Wer zum Beispiel im Gesundheitswesen die Überstundenentschädigung weglassen will, findet wohl kein Personal.» Geleistete Überzeit hingegen muss abgesehen von einigen Ausnahmen immer ausbezahlt werden. Eine Kompensation durch Freizeit ist – wieder in gegenseitigem Einvernehmen – sowohl bei Überzeit als auch bei Überstunden möglich.

Autonome Zeitplanung

Überstunden müssen dem Mitarbeitenden zumutbar sein. Sie dürfen zum Beispiel nicht dazu führen, dass jemand zuhause seine Familienaufgaben nicht mehr erfüllen kann. Ausserdem müssen Überstunden betrieblich notwendig sein, sie dürfen nicht zur Regel werden. Verlangt ein Unternehmen von den Mitarbeitenden ständig einen längeren Einsatz, dann sollte es über die Bücher gehen. Vielleicht stimmt etwas in der Organisation nicht. Manche Unternehmen aber, beispielsweise im Tourismus oder im Messewesen, sind starken betrieblichen Schwankungen ausgesetzt und haben deshalb einen variierenden Personalbedarf. Hier kann das Jahresarbeitszeitmodell eine Lösung sein. Statt einer wöchentlichen Arbeitszeit wird festlegt, wie viele Stunden im ganzen Kalenderjahr zu arbeiten sind. «Das ist ein sehr wirksames Instrument, um Beschäftigungsspitzen aufzufangen», sagt Anwältin Hensch. Allfällige Konflikte über die Auszahlung von Überstunden, die angeblich in dieser oder jener Woche geleistet wurden, werden so vermieden. Entweder macht die Betriebsleitung die Zeitplanung, oder die Mitarbeitenden planen ihre Einsätze im Rahmen der Jahresarbeitszeit autonom.

Zeiterfassung mit Fingerprints

Wichtig bei allen Arbeitszeitmodellen ist jedoch, die Arbeitszeit zu notieren. Die Arbeitgeber sind dazu laut Gesetz verpflichtet, zudem müssen sie die Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre lang aufbewahren. Nur mit einer genauen Dokumentation lassen sich Konflikte um das Thema Überstunden und Überzeit vermeiden. Darüber hinaus wirke eine sorgfältige Zeiterfassung auch als Präventionsmittel im Bereich betriebliche Gesundheit, merkt Anwältin Hensch an: Auffällig lange Arbeitszeiten etwa könnten ein Zeichen dafür sein, dass sich bei dem Mitarbeitenden ein Burnout anbahne. Für die einstige Stechuhr gibt es inzwischen etliche moderne Alternativen, von Fingerprintsystemen bis zur mobilen Zeiterfassung per Handy.