International Rekrutieren (1): Fachkräftemangel

Für die Schweizer Wirtschaft ist der Fachkräftemangel ein wichtiges Thema. Mittlerweile wird immer stärker im Ausland rekrutiert, da der Bedarf an Arbeitskräften das inländische Angebot regelmässig übersteigt. Während dank der Personenfreizügigkeit EU-Staatsbürger recht einfach angeworben werden können, gilt für den Rest der Welt eine restriktive Praxis in Sachen Zuwanderung.
“Der Fachkräftemangel in der Schweiz ist struktureller Natur und wird sich weiter akzentuieren”, verkündete im Mai der Schweizerische Arbeitgeberverband. Der inländische Arbeitsmarkt allein ist demnach zu klein, um eine hoch entwickelte Volkswirtschaft mit genügend Arbeitskräften zu versorgen. Gestehe man den Firmen die Rekrutierung im Ausland nicht zu, werde man das dereinst “schmerzlich vermissen”, stellt der Arbeitgeberverband fest.
KMUs und Grosskonzerne – alle sind betroffen
Diese Aussagen decken sich mit der Studie “Recruiting Trends Schweiz 2011”, welche Monster Switzerland zusammen mit den Universitäten Bamberg und Frankfurt erstellt hat. Dazu wurden die 500 grössten Schweizer Firmen befragt. Bei 37,5 Prozent der offenen Stellen erwarten die Unternehmen, dass eine Besetzung schwierig sein wird. Fünf Prozent der Vakanzen im laufenden Jahr sollen gar unbesetzt bleiben. Bis 2015 erwartet man eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels, vor allem in den Bereichen IT und Forschung und Entwicklung.
Der Fachkräftemangel trifft aber nicht nur Grosskonzerne, sondern auch Schweizer KMUs. Drei Viertel der KMUs haben bereits heute Schwierigkeiten, genügend qualififizierte neue Mitarbeitende zu finden, ermittelte das Beratungsunternehmen Ernst & Young. Mehr als die Hälfte befürchtet deswegen auch Umsatzverluste.
Gemäss einer Umfrage des Beratungsunternehmens PWC sehen auch 50Prozent der befragten Schweizer HR-Manager den Fachkräftemangel als grösste Herausforderung. Besonders betroffen sind die Bereiche Dienstleistungen, Technologie und Werkzeugindustrie. Die bestehenden Arbeitsgesetze – besonders bei der Rekrutierung ausserhalb von EU/EFTA – machten bereits sechs Prozent der Schweizer Firmen Sorgen.
Rekrutierung im Ausland
Das Patentrezept gegen den inländischen Fachkräftemangel ist die Rekrutierung im Ausland. Das zeigt beispielsweise die 2010 weiter gestiegene Zahl der Grenzgänger am Bodensee. Dort pendeln laut einem Gericht der Grenzpartnerschaft EURES nun rund 47.000 Personen über die Landesgrenzen. Es geht aus Deutschland vor allem in die Schweiz und für Schweizer aus der Ostschweiz nach Liechtenstein.
Insgesamt stellten Ausländer in der Schweiz im Jahr 2009 rund 28 Prozent aller Erwerbstätigen. Im 2. Sektor liegt der ihr Anteil an der Zahl der Gesamtbeschäftigten bei 36 Prozent, im 3. Sektor sind es 26 Prozent. Die Mehrheit der Gastarbeiter stammt aus den EU-15/EFTA-Staaten, mit welchen die Schweiz im freien Personenverkehr steht. Das reflektiert die zweigeteilte Einwanderungspolitik der Schweiz.
Rekrutierung ausserhalb EU/EFTA besonders schwierig
Während Angehörige der EU-15/EFTA-Länder dank der Personenfreizügigkeit recht einfach und ohne grössere bürokratische Hürden zu Arbeitsvertrag und Aufenthaltsbewilligung kommen, sieht es für Jobkandidaten aus Drittländern wesentlich schwieriger aus. Für diese gelten rechte strikte Kriterien vor einer Zulassung zum schweizerischen Arbeitsmarkt.
Beispielsweise darf man auf dem inländischen und EU/EFTA-Arbeitsmarkt keine für die offene Stelle gleichfalls geeignete Person finden. Ferner muss es sich um Führungs- oder Spezialkräfte handeln, in erster Linie solche mit akademischem Abschluss und mehrjähriger Berufserfahrung. Zudem ist die Zuwanderung aus Staaten abseits EU-15/EFTA generell nochmals begrenzt, kontingentiert.
Für 2011 hat der Bundesrat beschlossen, die Vergabe von 5.000 Kurzaufenthaltsbewilligungen und 3.500 Aufenthaltsbewilligungen zu erlauben. Diese Kontingente bezeichnete der Schweizerische Arbeitgeberverband bereits als “unzureichend für die Bedürfnisse der Wirtschaft”. Neben der direkten Anstellung gibt es auch die Möglichkeit, Arbeitskräfte über Personalverleiher zu erhalten. Diese Variante wird ebenfalls recht genau reguliert und ist nur unter bestimmten Rahmenbedingungen zulässig.