Mit Tests kreativ und effizient rekrutieren

Manche Firmen bieten Self Assessment entweder auf der eigenen Homepage oder in Social Media. Die Anwender sollen dort herausfinden, ob sie in die Firma passen. Für die Firmen sind die Tests ein weiterer Berührungspunkt, der in eine Bewerbung münden soll. Ob diese Art des Personalmarketings Zukunft hat, ist unklar.

Mitte März 2011 hat die Krones AG für sich einen neuen Weg im Personalmarketing eingeschlagen und veröffentlichte die Facebook-App ‚Bist du ein Kronese?’. Der Hersteller von Abfüll- und Verpackungsmaschinen für unterschiedliche Branchen mit Sitz im bayrischen Neutraubling wollte ein Gespür dafür bekommen, wie eine solche Art des Self Assessments auf neutralem Gebiet ankommt. “Eigentlich ist es kein klassisches Self Assessment, was wir gemacht haben, sondern es ging vor allem darum, dass sich User mit Krones beschäftigen und das in ihrer Freizeit”, sagt Carola Unterländer aus dem Personalmarketing. Für andere ist genau das der Sinn und Zweck eines Self Assessment, bei dem Interessenten über das Internet ein Unternehmen kennen lernen können.

Spielerischer Eignungstest kommt gut an

‚Bist du ein Kronese?’ war ursprünglich als spielerischer Eignungstest des Users für einen Job als Servicetechniker bei Krones gedacht. Die Fragen stammten aus einer Recruitingbroschüre der Firma. “Wir haben zweierlei gelernt”, so Unterländer. “Zum einen: Die User beschäftigen sich in ihrer Freizeit mit der Marke Krones; immerhin wurde die App innerhalb von vier Wochen rund 6000 Mal aufgerufen. Zum anderen wird die Möglichkeit des Kommentierens häufig genutzt; unsere eigenen Mitarbeiter überboten sich bei der Angabe der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit.” Daraus leiten Aussenstehende ein Gefühl für die Kultur eines Unternehmens ab.

Facebook-Anwendung erhöht Bewerberzahlen

“Die App hat sich positiv auf Bewerberzahlen ausgewirkt”, stellt Unterländer fest, “wobei man schon auch das Gesamtpaket sehen muss: wir waren auf den Frühjahrs-Bewerber-Messen und die sind bekanntlich gut besucht”. Weil der Versuch ein Erfolg war, ist Self Assessment bei Krones zu einem festen Bestandteil des Personalmarketings geworden und hat schon weitere Apps gebracht: Mitte April wurde die zweite veröffentlicht.

Selbsttests können weiterentwickelt werden

In dieser geht es mehr in Richtung Technik, so wird Wissen über Fülltechnik vermittelt und abgefragt. Soft-Skills aus ‚Bist du ein Kronese’ kommen nicht mehr vor. Pünktlich zum Tag des Bieres ging die dritte App online. Deren Thema: Wofür wird Malz gebraucht, wie wird Bier abgefüllt und welche Art von Anlagen eignet sich dazu am besten? “Mit anderen Berufsthemen aus unserem Business wollen wir auf dieser Schiene weitermachen”, kündigt Unterländer an. Und weil derzeit die Unternehmens-Website relaunched wird, könnte es durchaus sein, dass künftige Apps dort einfliessen könnten.

Vorbild: Der Eignungstest auf der Karrierehomepage

Die Bertelsmann AG hat vor, ihre Karriere-Homepage zu überarbeiten. “Dabei könnte es durchaus sein, dass unser Self Assessment der neuen Schlankheit zum Opfer fällt”, sagt Dr. Nico Rose, der in der Zentrale in Gütersloh fürs Employer Branding des Medienkonzerns zuständig ist. Die mehrfach ausgezeichnete Page aus dem Jahr 2008 ist ein Kind ihrer Zeit und dementsprechend mit allem ausgestattet, was damals möglich war.

Tests richten sich an Absolventen und junge Berufserfahrene

Bertelsmann hat seine Bewerberaktivitäten auf www.createyourowncareer.de gebündelt. Auf die Karriereseite gelangen Interessierte auch von der Unternehmens-Homepage aus unter dem Reiter ‚Jobs & Karriere’. Berufserfahrene, Absolventen und Studenten können alle dasselbe Self Assessment durchklicken. “Vor allem aber wollen wir abschlussnahe Studenten, Absolventen und Young Professionals ansprechen, um Führungsnachwuchs für die Bertelsmann AG zu finden.” Die einzelnen Unternehmensbereiche des Konzerns wie die RTL Group oder Gruner + Jahr suchen Spezialisten auf den eigenen Homepages.

Zwei Ziele verfolgt Bertelsmann mit dem Self Assessment: User sollen die unterschiedlichen Einstiegsmöglichkeiten ins Unternehmen kennen lernen, um sich selbst orientieren zu können und am Ende des Online-Test eine Antwort auf die Frage haben: Welcher Einstieg passt zu mir: Assistenzprogramm, Direkteinstieg oder Trainee?

Anzahl der Berührungspunkte erhöhen

“Möglichst viele Touch-Points führen irgendwann zu einer Bewerbung”, zitiert Dr. Rose eine Marketingweisheit, “weil Interessenten häufig mehrere Begegnungen mit einem Unternehmen brauchen, bis sie überzeugt sind.” Sollte das Self Assessment tatsächlich ein Opfer der neuen Homepage werden, wäre ein Touch-Point weg, “sicher schaffen wir dafür neue oder stärken bestehende”. Die wichtigsten Berührungspunkte für Bertelsmann sind Facebook, Twitter und vor allem Events, zu denen das Unternehmen potentielle Mitarbeiter einlädt, sowie die genannte Karriereseite mit immerhin 600.000 Aufrufen jährlich.

Spielerisch die Eignung junger Bewerber testen

Die Telekom bietet aktuell kein Self Assessment für Bewerber an. “Es ist uns wichtig, Kandidaten mit einem Assessment nicht alleine zu lassen. Vielmehr nutzen wir Self Assessments in internen Entwicklungsprozessen, bei denen Experten die Ergebnisse gemeinsam mit den Kandidaten spiegeln und bei der Interpretation und der Ableitung von anschliessenden Entwicklungsmassnahmen unterstützen”, so Marc-Stefan Brodbeck, zuständig für den Bereich Recruiting & Talent Service bei der Telekom. An Schüler richtet sich ‚Wissen verändert alles’. Die virtuelle Schnitzeljagd führt durch das Unternehmen und führt zu einem ähnlichen Ergebnis wie das Self Assessment: Die User lernen das Unternehmen kennen und können anschliessend entscheiden, ob sie dorthin passen oder nicht.

Der Trend geht zum Dialog

Brodbeck ist zugleich im Vorstand von Queb, einem Kompetenznetzwerk für innovatives Employer Branding. Queb steht für Quality Employer Branding und hiess bis Ende 2010 Arbeitskreis Personalmarketing. “Bei Queb meine ich aufgrund der geführten Gespräche ebenfalls eine Tendenz in Richtung Dialog erkennen zu können.” Die Telekom hat eine Bewerberhotline eingerichtet, dort melden sich pro Jahr mehrere 10.000 Interessenten, “und wir haben die grosse Chance, mit all diesen Leuten zu sprechen”. Weg vom anonymen Spiel am PC, hin zum aktiven Austausch, das scheint der neue Weg des Self Assessments zu sein.