International Rekrutieren (2): Hilfe aus dem Ausland

Gleich mehrere Wirtschaftsbranchen sind stark auf ausländische Arbeits- und Fachkräfte angewiesen. Teils stellen Ausländer gar die Mehrheit der Beschäftigten.

Ganz besonders ausgeprägt ist die Situation im Baugewerbe. Im Jahr 2009 hatten lediglich 35,4 Prozent des Baustellenpersonals einen Schweizer Pass, wie aus einer Statistik des Baumeisterverbandes hervorgeht. Die grössten Kontingente an ausländischen Arbeitskräften stellen die Portugiesen mit 28,3 Prozent und die Italiener mit 13,6 Prozent. Arbeitskräfte aus dem ehemaligen Jugoslawien erreichen rund 11 Prozent Anteil am Baustellenpersonal. Die Deutschen stellen mit 4,3 Prozent eine eher kleine Gruppe, die seit 2005 jedoch rasch gewachsen ist.

Bau: Regionale Unterschiede

Allerdings bestehen grosse regionale Unterschiede in der Nationalitätenstruktur. Im Tessin sind rund 90 Prozent des Baustellenpersonals Ausländer, vorrangig sind es Italiener. In der Zentralschweiz hingegen arbeiten zu 60 Prozent Schweizer auf der Baustelle, stellt der Verband fest.

Ebenso wie auf der Baustelle arbeiten in Schweizer Hotels mehr Ausländer als Schweizer. 40.000 von insgesamt 74.000 Beschäftigten in Hotels, Gasthöfen und Pensionen stammten nicht aus der Schweiz. Das ermittelte das Bundesamt für Statistik in der Betriebszählung 2008. Auch Kurzaufenthalter, die weniger als ein Jahr in der Schweiz bleiben, arbeiten gern im Gastgewerbe.

Fachkräfte aus dem Ausland

2009 waren es mit rund 29.000 Personen rund ein Drittel aller Kurzaufenthalter überhaupt. Oftmals sind es Deutsche, berichtet die “Hotel Revue” unter Berufung auf Branchenkenner. Die per Mai 2011 in Kraft gesetzte volle Personenfreizügigkeit für östliche EU-Staaten wie Polen, Tschechien, Ungarn und Litauen wird nach Ansicht der Fachpublikation nicht zu einer starken Zunahme der Zuwanderung führen.

Als Hauptbarriere für die Rekrutierung nennt die “Hotel Revue” die notwendigen Deutschkenntnisse. Ausserdem bestehe in der Branche eher Bedarf an qualifiziertem Personal denn an reinen Hilfskräften. Trotzdem dürfte die Schweiz attraktiv sein, betrug doch der Lohn für gastgewerbliche Mitarbeiter in Polen und der Tschechischen Republik 2006 nur ein Sechstel des Schweizerischen.

Gesundheitswesen: Grosser Anteil an ausländischen Fachkräften

Einen auffallend grossen Personalanteil haben ausländische Fachkräfte mittlerweile  auch im schweizerischen Gesundheitswesen. Zwischen 2002 und 2008 stieg der Bedarf an Gesundheitsfachkräften in Schweizer Spitälern, Alters- und Pflegeheimen von 104.000 auf rund 119.000 Personen an. Im gleichen Zeitraum wuchs der Anteil ausländischer Fachkräfte von 33 auf 36 Prozent.

Das geht aus einem Bericht des Gesundheitsobservatoriums von Ende 2010 hervor. Gemäss diesem kommen auf zehn in der Schweiz ausgebildete Mediziner je nach Jahr zwischen vier und vierzehn, die aus dem Ausland einwandern. Bei den Pflegefachkräften kommen auf zehn im Inland ausgebildete zwischen zwei und neun mit ausländischem Diplom. Besonders ausgeprägt ist der Trend in der Deutschschweiz, wo ein grosser Anteil des Fachpersonals aus Deutschland stammt.

Versicherungswirtschaft setzt auf Talente aus anderen Ländern

Auch in der Versicherungswirtschaft arbeiten viele Personen mit ausländischem Pass. 2009 waren es laut Schweizerischem Versicherungsverband rund 15 Prozent der insgesamt fast 48.000 Mitarbeitenden der Branche. Die meisten Ausländer kommen dabei aus der EU und insbesondere den Nachbarstaaten Italien, Deutschland und Frankreich. Die Personenfreizügigkeit erlaube aber nicht nur die Rekrutierung im Ausland. Vielmehr könnten auch Schweizer Mitarbeitende selbst im Ausland wichtige Erfahrungen sammeln. “Die Mobilität der Arbeitskräfte ist für die Attraktivität des Versicherungsstandortes Schweiz von sehr hoher Bedeutung”, heisst es weiter.

Entschlossen tritt auch die schweizerische Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) für die Personenfreizügigkeit ein. Die Branche beschäftigt insgesamt rund 330.000 Personen, ohne einen Ausländeranteil zu publizieren. Aus ihrer Sicht dürfe die Personenfreizügigkeit “unter keinen Umständen eingeschränkt werden”.

Innovation sei nur mit hervorragenden Fachkräften auf allen Stufen möglich. Ausserdem benötige die Exportindustrie genügend qualifzierte Fachkräfte, um konkurrenzfähig zu bleiben. An diesen mangele es aber auf allen Stufen, weshalb man auch im Ausland rekrutieren müsse.