Bachelor ist nicht gleich Master

Zunehmend öfter, aber nicht immer sehen Schweizer Firmen für Bachelor- oder Masterabsolventen unterschiedliche Berufswege vor. Auch die Entlohnung fällt für den höheren Abschluss in der Regel besser aus. In keinem Fall aber bestimmt der akademische Titel das Gesamturteil über den Kandidaten.
Von Alexander Saheb
Bei ABB Schweiz zieht der unterschiedliche Qualifikationsgrad meist einen unterschiedlichen Einsatz nach sich. Laut Firmensprecher Lukas Inderfurth sind Bachelor-Absolventen mehrheitlich in der Konstruktion, der Produktion sowie bei der Abwicklung von normalen Projektaufträgen tätig.
Den Master hingegen braucht es dann bei hoch komplexen Projekten sowie in der Forschung und Entwicklung. Inderfurth betont aber, dass bei der Rekrutierung von Absolventen am Ende immer der Gesamteindruck den entscheidenden Ausschlag für den Einsatz gibt.
Master-Absolventen: Tieferes und breiter gefächertes Wissen
Die Basler Versicherung differenziert bereits bei ihren Stellenanzeigen nach Bachelor oder Master. Das hänge spezifisch von der ausgeschriebenen Stelle ab, so Sprecher Amos Winteler. Masterstudenten hätten in der Regel mehr Lebenserfahrung und im Vergleich zum Bachelor oft auch ein gefestigteres Auftreten. Zudem könne man, da die Ausbildung länger dauere, auch ein tieferes oder breiteres Wissen erwarten.
Die Konsequenz in der Praxis: Werden Kandidaten mit mehr Fachwissen und einer gefestigteren Persönlichkeit gesucht, werden Masterabsolventen angesprochen. “Wenn die Stelle eine Herausforderung zum Lernen ist, so kann man auch Bachelorabsolventen ansprechen”, so Winteler. Aus seiner Sicht müssen sich Firmen künftig besser auf die Bedürfnisse von Bachelorabsolventen ausrichten und dieser Zielgruppe vermehrt Chancen bieten.
Master-Absolventen: Schneller einsetzbar
Für die Graubündner Kantonalbank sind Masterabsolventen im Fachgebiet rascher einsatzbereit. Ihr breiteres und vertieftes Wissen erlaube eine raschere Einarbeitung und Vernetzung, was zu einem schnelleren Beitrag zur Wertschöpfung führe. Laut Elvira Knecht, Leiterin Personalentwicklung bei der Graubündner Kantonalbank, sind Softskills abseits des Abschluss aber sehr stark von der Persönlichkeit abhängig.
Hier wirke sich der unterschiedliche akademische Abschluss nicht aus. Auch bei der Bank Coop wird nach Bachelor und Masterabschluss unterschieden. Laut Sprecherin Natalie Waltmann stellt der Bachelor “eher eine Grundausbildung im entsprechenden Fachbereich” dar, während der Master die Spezialisierung erlaube. Softskills hingegen hingen von der Persönlichkeit und nicht vom Hochschulabschluss ab.
Rekrutierung: Auch Persönlichkeit und Erfahrung spielen eine große Rolle
Bei der Sulzer AG in Winterthur wiederum sieht man zwar Unterschiede im Qualifikationsniveau der Absolventen, doch habe dies für die Praxis eine eher eingeschränkte Bedeutung. Sprecherin Verena Gölkel hält fest, dass bei der Rekrutierung mehr Wert auf Persönlichkeit und relevante Erfahrungen gelegt wird, als dass man aktiv nach Bachelor und Master differenziere.
Allerdings attestiert man den Master-Absolventen im technischen Umfeld eine höhere Fachkompetenz und reifere analytische Fähigkeiten. Bei betriebswirtschaftlichen Abschlüssen hingegen zählten Unterschiede in Persönlichkeit und Erfahrung meist stärker als das Abschlussniveau.
“Auf das Gesamtpaket kommt es an”
Die SBB hingegen differenzieren bei der Suche nach Hochschulabsolventen nicht nach Master oder Bachelor. Laut Sprecher Reto Kormann komme es weniger auf den jeweiligen Abschluss als vielmehr auf das “Gesamtpaket” an. Arbeitstätigkeit oder Praktika neben dem Studium würden da eine Rolle spielen.
Spezielle Traineeprogramme für Bachelor-Absolventen gibt es bei ABB. Bei der Bank Coop sucht man für jede Trainee-Stelle den passenden Absolvent. Je nach Ausrichtung des Traineeprogramms werde eher ein Bachelor (kundenorientierter Trainee oder Trainee im HR-Bereich oder IT) oder ein Master gesucht (Trainee im Bereich Asset Management / Finanzen etc.). Werde ein Trainee im Bereich Asset Management oder Handel gesucht, müssten Kenntnisse vorliegen, die oft erst im Masterstudiengang erlangt würden.
Die Traineestellen der Graubündner Kantonalbank sind für beide Abschlussniveaus vorgesehen. Unterschiede gibt es aber bei der Entlohnung. Auch bei der SBB werden fürs Traineeprogramm sowohl Bachelor- wie Masterabsolventen ausgewählt. Die Baloise hingegen hat in der Schweiz keine speziellen Bachelor-Förderprogramme, offeriert jedoch Praktikantenstellen oder eine Tätigkeit als Werksstudent. Sulzer setzt auf Direkteinstieg und sofortige Übernahme von Verantwortung. “Damit erzielen wir die steilsten Lernkurven”, so Gölkel.