Diversity Management: Die Vielfalt fördern
Diversity Management versucht individuelle Unterschiede von Mitarbeitern für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen. Grundvoraussetzung hierfür ist eine Atmosphäre, die allen Kollegen die gleichen Chancen einräumt, beruflich durchzustarten. Unabhängig von Alter, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung. Ein kleiner Leitfaden.
Von Tatjana Krieger
Vielfalt statt personeller Monokultur, Perspektivenwechsel statt einer eindimensionalen Sicht auf die Dinge: Eine von Diversity (kulturelle Vielfalt) geprägte Belegschaft bildet immer auch die Gesellschaft ausserhalb des Wirtschaftslebens ab. So wie dort Junge und Alte, Männer und Frauen, Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, sexueller Identität und religiöser Zugehörigkeit zusammenleben, arbeiten sie in der Firma zusammen. Nicht nur der demografische Wandel zwingt Unternehmen dazu, das Potential von Minderheiten oder ehemaligen sozialen Randgruppen zu erschliessen. Studien belegen auch, dass gemischte Teams bessere Ergebnisse erzielen.
Hohe Kreativität dank gemischter Teams
Praktische Erfahrungen bestätigen das: „Gemischte Teams sind von hoher Kreativität und liefern die besseren Ergebnisse. Insbesondere wenn es um Innovationen geht, ist das von Vorteil“, so Frank Hohenadel von der Deutschen Telekom, die seit 2006 die „Charta der Vielfalt“ unterstützt.
Ob bunt zusammengewürfelte Arbeitsgruppen optimale Leistung abliefern, hängt jedoch stark davon ab, wie professionell sie von ihren Vorgesetzten unterstützt werden: „Wir wissen aus Untersuchungen, dass schlecht gemanagte heterogene Teams gegenüber homogenen Teams schlechter abschneiden. Werden heterogene Teams aber gut geführt, übersteigt ihre Leistung sogar die der homogenen Teams“, sagt Kathrin Trump, die das Institut für Diversity Management in Schwabach leitet.
Jede Person in ihrer Einzigartigkeit betrachten
Ihr Verständnis von Diversity reicht weiter als Menschen in eine oder zwei Schubladen zu stecken: „Jede Person sollte in ihrer Einzigartigkeit und mit allen ihren Teilidentitäten betrachten werden“, sagt sie. Ein Mitarbeiter könne zum Beispiel männlich, Rheinländer, katholisch, Techniker und mittleren Alters sein. Da eine so differenzierte Einordnung im Alltag grosser Organisationen aber nicht möglich ist, ordnet man Mitarbeiter grob in Gruppen ein und installiert Programme und Netzwerke, in denen sie sich treffen und austauschen können.
Typisch sind mittlerweile Massnahmen für Frauen, Eltern, Akademiker oder Mitarbeiter, deren Muttersprache eine Fremdsprache ist. „Viele Beschriftungen im Unternehmen gibt es jetzt auch auf Englisch“, so Hohenadel. “Wir haben durch unseren “International Round Table” viele Hinweise bekommen. Auch so simple Dinge, dass Mitarbeiter nicht den ausschliesslich in deutscher Sprache beschrifteten Kopierer nutzen konnten.”
Die Deutsche Telekom und die Commerzbank, beide ausgezeichnet mit dem Max-Spohr-Preis des Völklinger Kreises, haben darüber hinaus Gruppen für schwule und lesbische Mitarbeiter eingerichtet. „Wir lernen viel aus diesen Netzwerken. Ein Beispiel ist die Begleitung des “Coming-out” von Azubis durch das Netzwerk “queerbeet”. Die nötige Sensibilisierung ist somit bereits im Ausbildungsprozess integriert“, erklärt Frank Hohenadel.
International Round Table
Gerade Arbeits- und Projektgruppen, in denen Menschen unterschiedlichster Prägung und aus bis zu vier Generationen aufeinanderstossen, benötigen Betreuung. „Bei grossen Unterschieden werden die Fliehkräfte sonst zu gross“, so Kathrin Trump. „Hier sind Gewichte gefragt, die Gemeinsamkeiten schaffen.“ Als strategischen Ansatz empfiehlt sie eine gemeinsame Teamkultur, Rituale oder Workshops. Wichtig ist, dass Führungskräfte wie Mitarbeiter sensibilisiert werden für die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Minderheiten.
Gerade Menschen mit Behinderung etwa werden immer noch unterschätzt. „Wer eine Sehschwäche hat, hat noch lange keine Denkschwäche“, so Trump. Ein grösserer Computermonitor reiche mitunter, um einen bedarfsgerechten Arbeitsplatz zu schaffen. Dazu komme, dass gerade diese Personengruppe besonders motiviert ist: „Oft sind sie dankbar, überhaupt einen Job bekommen zu haben und stellen sich dann als hoch engagierte Mitarbeiter heraus, die damit für einen Arbeitgeber sehr wertvoll sind“, erklärt Trump.
Kultur der Wertschätzung
Umgekehrt sinkt die Leistungsbereitschaft, wenn sich Mitarbeiter in ihrer Persönlichkeit nicht wertgeschätzt fühlen. Wer damit beschäftigt ist, sich gegen Vorurteile zu wehren oder seine sexuelle Orientierung zu verbergen, verschwendet viel Energie. Energie, die ihm nicht mehr für die Arbeit zur Verfügung steht. Die Folge: weniger Engagement, weniger Loyalität, weniger Leistung.
Gleichzeitig gilt es, die Mehrheit sowie Vertreter von etablierten Strukturen mit ins Boot zu holen. Wenn sich ein Unternehmen Frauenförderung auf die Fahnen schreibt oder den technischen Nachwuchs in ausländischen Hochschulen umwirbt, könnten sich manche Mitarbeiter plötzlich benachteiligt fühlen. Ihnen muss das Management erklären, wie Vielfalt zum Unternehmenserfolg beitragen kann und der gesamten Belegschaft nutzt.
Diversity – auch interessant für kleine Unternehmen
Damit die feinen Verästelungen des Diversity Managements ihre Wirkung entfalten und das Beste aus der Belegschaft herausholen können, müssen vor allem die Geschäftsführung und Führungskräfte hinter den Zielen stehen. Kathrin Trump rät dazu, zunächst mit einem Pilotprojekt ins Diversity Management einzusteigen. „Man sollte den Bedarf identifizieren und dann Prioritäten setzen. Es ist ökonomisch nicht sinnvoll, nach dem Giesskannenprinzip Massnahmen einzuführen.“
Erst wenn ein solches Projekt abgeschlossen und bewertet ist, sollten weitere Prozesse in Angriff genommen werden und eine Stelle dafür geschaffen werden. Ist Diversity Management also nur etwas für grosse Unternehmen? Kathrin Trump bezweifelt das. Kleine Firmen sind sogar im Vorteil, weil Wege kürzer sind und Entscheidungen schneller fallen: „In KMUs ist die Nähe der Geschäftsf&u
uml;hrung zu den Angestellten viel grösser. Ihre Bedürfnisse sind besser bekannt und Massnahmen dadurch besser darauf abgestimmt. Das vergrössert ihre Akzeptanz.“