Kündigung von Arbeitsverträgen
Kündigungen von Arbeitsverhältnissen sind eine emotionale Belastung und zählen zu den schwersten und gleichzeitig heikelsten Aufgaben einer Führungsperson. Denn der Ausgang des Gesprächs ist klar: Am Ende steht die Trennung.
Von Helen Weiss
Nicht nur in Konzernen werden Stellen abgebaut, auch in kleineren Unternehmen müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitern zuweilen sagen: “Leider trennen sich unsere Wege.” Viele Vorgesetzte scheuen diese Aufgabe, denn meist haben sie jahrelang vertrauensvoll mit den Betroffenen zusammengearbeitet. Für den Beschäftigten bricht mit dem Verlust der Stelle oft eine Welt zusammen, nicht selten wird er von Selbstzweifeln und Existenzängsten geplagt. Und natürlich von der quälenden Frage: “Warum gerade ich?”
Kündigung: Warum gerade ich?
Begründen muss der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung nicht: Sie gilt in mündlicher oder schriftlicher Form und ist ohne Nennung von Gründen rechtsgültig. “Sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit”, erklärt Jurist Dominik Marbet, Zuständiger Öffentlichkeitsarbeit und Berufsbildung beim Arbeitgeberverband Basel. Der Betroffene hat jedoch das Recht, vom Arbeitgeber eine Begründung einzufordern. Denn gerade wenn nicht persönliche Leistungsmängel, sondern spezielle Gründe wie Reorganisation oder Sparmassnahmen vorliegen, kann eine schriftliche Begründung dem Arbeitnehmer die spätere Stellensuche allenfalls erleichtern.
Kündigung zu Unzeiten
Doch Vorsicht: Je nach Begründung kann sich der Mitarbeiter auf Missbräuchlichkeit berufen und die Kündigung anfechten, wie Marbet erklärt: “Eine missbräuchliche Kündigung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis etwa aufgrund von Hautfarbe oder Geschlecht des Mitarbeiters aufgelöst wird.” Ebenfalls vor Gericht klagen kann der Beschäftigte, wenn der Verdacht vorliegt, dass er wegen der Mitgliedschaft bei der Arbeitnehmervertretung aus der Firma ausscheiden muss. “Im Streitfall kann ein Richter dem Arbeitnehmer bei einer missbräuchlichen Kündigung bis zu sechs Monaten Lohn zusprechen.”
Eine Kündigung darf jederzeit – und von beiden Seiten – ausgesprochen werden, so lange die Einhaltung der gesetzlich bestimmten Fristen garantiert ist. Ist das Arbeitsverhältnis unbefristet, dauert im ersten Anstellungsjahr die Kündigungsfrist einen Monat, vom zweiten bis zum neunten Dienstjahr zwei Monate und ab dem zehnten Beschäftigungsjahr drei Monate. “Nur während der dreimonatigen Probezeit kann das Arbeitsverhältnis innerhalb von sieben Tagen aufgelöst werden”, erklärt Marbet. Es gibt jedoch Zeiten – wie etwa während dem Militärdienst des Mitarbeiters, im Krankheitsfall oder bei einer Schwangerschaft der Mitarbeiterin – in denen der Arbeitgeber die Kündigung nicht gültig aussprechen kann. “Wird das Arbeitsverhältnis zu so genannten Unzeiten aufgelöst, hat die ausgesprochene Kündigung schlicht keine Wirkung”, sagt Marbet. Ansonsten ist jedoch eine ordentliche Kündigung bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auch ohne Einverständnis des Arbeitnehmers gültig.
Sonderfall: Fristlose Kündigung
Aus wichtigen Gründen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer fristlosen Kündigung auflösen. “Die fristlose Kündigung kann auch während Sperrfristen und bei befristeten Verträgen erfolgen”, sagt Dominik Marbet, Zuständiger Öffentlichkeitsarbeit und Berufsbildung beim Arbeitgeberverband Basel. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn es einer Partei nicht mehr zumutbar ist, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist mit der anderen zusammenzuarbeiten, oder wenn das Vertrauensverhältnis grundlegend gestört ist. “Die Gründe sind nach Gesetz nicht explizit definiert, aber meist handelt es sich bei den Vergehen um Diebstahl, Arbeitsverweigerung, schwerwiegende Beschimpfungen oder sexuelle Belästigung”, so der Fachmann. Zwischen dem vorgefallenen Ereignis, beziehungsweise der Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber und der fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses muss ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen. Da die fristlose Kündigung eine für den Gekündigten sehr harte Massnahme darstellt, sind die Gerichte im Fall einer Klage durchwegs relativ zurückhaltend, solche als zulässig zu erachten. Marbet: “Falls man ein allfälliges Vergehen des Mitarbeiters nicht zweifelsfrei beweisen kann, sollte man deshalb statt einer fristlosen eine ordentliche Kündigung aussprechen.” |
Nicht zum Gegenangriff übergehen
In jedem Fall empfiehlt es sich, die Regeln der Etikette zu wahren. Samstags ein Kündigungsschreiben aus dem Briefkasten zu fischen, ohne vorher vom Rausschmiss zu wissen, ist für Angestellte zum Beispiel ein grosser Schock. Vorgesetzte sollten den Mitarbeiter am besten persönlich über die Kündigung informieren. “Das gehört zum guten Ton eines Unternehmens”, sagt Susanne Holzrichter, Human Resources Spezialistin aus Basel. Auch die mündliche Kündigung sollte vorzugsweise nicht an einem Freitag oder vor den Feiertagen stattfinden, weil nicht alle Beschäftigten eine Familie haben, von der sie aufgefangen werden und dann in ein Loch fallen können.
Die Trennung sollte respektvoll ablaufen, so dass beide Gesprächspartner ihr Gesicht wahren und wenige zusätzliche persönliche Verletzungen entstehen. Da jeder Mitarbeiter anders reagiert, wenn er seinen Job verliert, müssen Führungskräfte die Reaktion aushalten und zuhören. Manche sind geschockt und sagen gar nichts, andere reagieren beherrscht, einige aggressiv.
Werden Arbeitnehmer ausfällig oder laut, sollte der Vorgesetzte nicht zum Gegenangriff übergehen. Holzrichter: “Es empfiehlt sich, wenn neben der Vorgesetzten auch jemand aus der Personalabteilung beim Gespräch mit dabei ist.” Dies rät auch Jurist Dominik Marbet, wenn auch aus anderen Gründen. “Die Kündigung ist zwar eine einseitige Willenserklärung und muss akzeptiert werden. Wird sie aber nur mündlich ausgesprochen und es kommt zum Streitfall, sind beim Kündigungsgespräch anwesende Zeugen bei der Beweisklärung von Vorteil.”
Hilfe durch Outplacement
Das Trennungsgespräch ist für alle Beteiligten stressig, weshalb eine gute Vorbereitung mit klaren Zielsetzungen notwendig ist. “Die Person, der gekündigt werden soll, muss dabei im Mittelpunkt stehen”, rät Holzrichter. Dazu gehören etwa Gedanken über die mögliche Reaktion, die persönlichen Hintergründe oder allfällige Finanzprobleme der Betroffenen.
Nach einer kurzen Einleitung soll eine Führungskraft klar und sachlich die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mitteilen. “Gerade wenn ungenügende Leistung der Grund für die Kündigung ist, ahnt der Betroffene meist schon, was jetzt kommt”, weiss die Fachfrau. Je nach Reaktion ist es allenfalls ratsam, dem Mitarbeitenden mehr Zeit einzuräumen – etwa, indem man das Gespräch über die Modalitäten der Trennung zu einem späteren Zeitpunkt führt. Eine Kündigung kann beim Betroffenen Existenzängste auslösen. Abmildern kann das Unternehmen sie, indem es Hilfe beim Aufbau einer neuen beruflichen Perspektive anbietet. Holzrichter: “Das Unternehmen kann etwa ein Outplacement, also einen externen Karriereberater, zur Unterstützung anbieten.”