Wie wird man ein guter Chef?

Chef werden, das wollen viele. Einmal auf dem Chefposten angelangt, muss man jedoch neue Herausforderungen meistern. Wie man sich als Chef am besten verhält, haben wir Bob Schneider vom Institut für emotionale Kompetenz in Bern gefragt.

Warum fallen viele neue Chefs in Aktivismus?
Bob Schneider: Es liegt daran, dass neue Chefs zu Beginn häufig etwas unsicher sind. Mit dieser Unsicherheit gehen sie jedoch ganz verschieden um. Die einen sind übertrieben streng und wollen sich damit Respekt verschaffen. Die anderen sind zu nett. Und dann gibt es jene, die ihre Unsicherheit überspielen, indem sie  gleich von Beginn weg den Chef markieren, der alles umkrempelt. Sie wollen damit ein Zeichen setzen. Die Folge sind oft Umstrukturierungen, die sich nachträglich als Flop erweisen.

Sollen neue Vorgesetzte einräumen, dass sie unsicher sind?

Ja, es schadet in der Regel nicht, wenn Vorgesetzte auch mal zugeben, dass sie etwas nicht wissen. Es ist ganz normal, dass sie zu Beginn auf den Goodwill ihrer Mitarbeitenden angewiesen sind. Das wissen alle und das muss man auch nicht verstecken.

Emotionale IntelligenzBob Schneider, Institut für emotionale Kompetenz, Bern
Bob Schneider ist Partner der iek Institut für Emotionale Kompetenz GmbH. Seine Spezialgebiete sind Coaching, Kaderschulung und Unternehmenskultur. Er moderiert Workshops zur emotionalen Kompetenz und ist in der Entwicklung und Durchführung von Selektions- und Development-Assessments tätig.

Legt man ihnen das nicht als Führungsschwäche aus?

Im Gegenteil. Es schafft Vertrauen, wenn man offen und ehrlich ist. Als Führungsschwäche wird ihnen höchstens ausgelegt, wenn sie sich anbiedern.

Neue Chefs müssen bestimmte Ziele durchsetzen. Wie schaffen sie es, dass die Leute mitziehen?

Einerseits liegt es an den Zielen selbst. Sie sollten “smart” sein – spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert. Andererseits liegt es aber auch an der Beziehungsqualität zwischen Chef und Belegschaft. Stimmt sie, tun Mitarbeitende auch mal etwas einfach dem Chef zu liebe. Sie ziehen mit, weil sie an ihn glauben. Ein Aspekt, der häufig unterschätzt wird. Ebenso wie jener, dass eine schlechte Beziehung zur Kündigung führt: Zunächst kündigt man innerlich, dann verlässt man die Firma. Gekündigt hat man aber eigentlich dem Vorgesetzten.

Wie sollten sich Mitarbeitende dem neuen Chef gegenüber verhalten?

Offen, wohlwollend, aber durchaus auch prüfend. Eine vertrauensvolle Beziehung lässt sich nicht herbeireden, sie kann sich durch das ergeben, was im Alltag gelebt wird. Ist man offen, ist die Chance grösser, eine konstruktive Arbeitsbeziehung aufzubauen. Ausserdem sollte man sich eines vor Augen führen: Vorgesetzte sind auch nur Menschen, und der neue Chef wird nicht zaubern können. Man sollte sich daher fragen, wie realistisch die eigenen Erwartungen an ihn sind.

Wie gehen neue Führungskräfte mit jenen Mitarbeitenden um, die den Posten selber gerne gehabt hätten?

Falls der betreffende Mitarbeiter während längerer Zeit Widerstand zeigt und dadurch die Zusammenarbeit gestört wird, sollte der neue Chef Klartext reden. Der Mitarbeiter muss begreifen, dass er sich entscheiden muss: entweder den neuen Vorgesetzten akzeptieren oder sich eine andere Stelle suchen. Es gibt keinen Zwischenweg.

(Das Interview führte Vera Sohmer / Bilder: olly / Bob Schneider)