Virales Marketing per Video
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Aber Personalabteilungen, die Videos im Employer Branding einsetzen möchten, sollten sich zunächst gut überlegen, was sie damit erreichen wollen. Tipps, wie Sie Ihre Firma am besten in Szene setzen.
Auf einen Klick öffnet sich der virtuelle Terminplaner. Nach dem Hochladen eigener Bilder und Daten taucht der Betrachter selbst im Video auf – ein Kurzfilm, der zeigen soll, welche Karrieremöglichkeiten der Versandhändler Otto bietet.
Beispiel Otto-Gruppe: “So schnell wird man Chef”
So schnell wird man Chef – und wenn es in der Praxis auch ganz anders ablaufen dürfte, hat Otto mit dem Video zumindest eines erreicht: Man sprach über das Unternehmen. Über soziale Netzwerke erreichte das Filmchen vor ein paar Monaten im Sekundentakt neue Zuschauer – ein Paradebeispiel für eine gelungene Viralmarketing-Kampagne. Der Hamburger Konzern experimentiert schon länger mit neuen Formen des Personalmarketings, die sich durch das Web 2.0 ergeben. Videos sind da ein Weg.
Für Christoph Beck, Professor im Fachbereich Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Koblenz gehören bewegte Bilder heutzutage zum Employer Branding einfach dazu, weil “sie den Zeitgeist treffen, die Art, wie Informationen aufgenommen werden”. Allerdings zeige sich auch, dass es “einiges an Kreativität bedarf, um so etwas Sperriges wie das Thema Arbeitgeber und Arbeitsplätze mit bewegten Bildern zu vermarkten”.
Verbesserungsansätze erkannt
Im vergangenen Jahr hatte Beck gemeinsam mit Studierenden 70 Image-Videos von Unternehmen analysiert und dabei festgestellt, dass sich in vielen Fällen die Ansprache potenzieller Bewerber noch deutlich verbessern liesse. “Die Drehbücher vieler Videos waren zum Beispiel ähnlich aufgebaut”, sagt Beck, “so dass die Testseher sich im Nachhinein kaum noch an ein einzelnes Image-Video erinnern konnten.”
Wie bei allen Aktivitäten des Employer Branding gilt daher, dass Videos Themen pointiert aufgreifen müssen. “Informationen sind bei Videos wichtig, stehen aber nicht unbedingt im Vordergrund”, sagt Beck. Vielmehr gehe es darum, ein stimmiges Bild des Arbeitgebers zu zeichnen.
Authentizität ist ein Muss
Lutz Altmann, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Humancaps Media, spricht in diesem Zusammenhang von der Authentizität der Videos: “Wenn ein Bewerber zum Beispiel zu einem Vorstellungsgespräch ins Unternehmen kommt und das Gefühl hat, dass er schon mal hier war, weil er die Räumlichkeiten oder Umgangsformen aus dem Video kennt, erzeugt das Vertrauen.”
Das falle einem kleineren Unternehmen zugegebenermassen leichter als einem grossen, wo ein Video gar nicht alles zeigen könne. Wegen der Authentizität sollte eine eher konservative Firma laut Altmann auch kein “besonders hippes” Video drehen, weil das bei den Bewerbern nur falsche Erwartungen wecke. Letztlich bietet ein Video ja gerade die Möglichkeit, dass sich die passenden Kandidaten bewerben – und nicht einfach nur mehr Kandidaten.
Drei Formen des Bewegtbilds
Humancaps unterscheidet beim Employer Branding drei Bewegtbildformen: das Image-Video, das Viralvideo und das authentische Video – die Übergänge sind fliessend. Image-Videos setzen weniger auf ein möglichst authentisches Abbild des Unternehmens, sind meist aufwändig produziert und bearbeitet. Ein Beispiel dafür ist Bayers Video “Kreidetafeln”, in dem 30 Mitarbeiter mit kurzen Botschaften auf Schreibtafeln mitteilen, was das Arbeiten bei Bayer für sie eigentlich bedeutet.
Eindeutig viralen Charakter hat dagegen das Video “Send your CV” der Unternehmensberatung Altran: Es steht die Unterhaltung und nicht die Botschaft im Vordergrund. Die Handlung des Clips animiert dazu, den Videolink an Freunde und Bekannte zu verschicken – und macht den potenziellen Arbeitgeber dadurch bekannter.
Die Zielgruppe im Auge behalten
Die authentischen Videos wiederum kommen mit dem geringsten Etat aus und zeigen das Unternehmen sozusagen ungeschminkt, teils mit wackligen Kamerabildern. Der Konsumgüterkonzern Beiersdorf warb so zum Beispiel für offene Praktikumsplätze.
Lutz Altmann empfiehlt, die Videoform den konkreten Anforderungen im Hinblick auf die Ziele und die Zielgruppe festzulegen. Doch es gibt noch weitere Aspekte zu bedenken. Ist ein Drehbuch stark auf eine Person zugeschnitten, die im Video auftaucht, begrenzt das naturgemäss dessen Einsatz: Verlässt der Protagonist das Unternehmen, lässt sich das Video nicht mehr einsetzen, wenn er darin prominent aufgetreten ist.
“Lieber kurz als lang”
Auch der Länge eines Videos sollte man grosse Beachtung schenken. Unter einer Minute ist sicherlich optimal, eineinhalb Minuten gelten als Faustregel für eine obere Grenze. “Ab drei Minuten wird’s dann schwierig”, sagt Altmann. “Lieber zwei kurze Videos als ein langes.”
Freilich ist mit der Produktion des Videos die Sache noch nicht abgeschlossen. Genauso wichtig ist seine Verbreitung über die verschiedenen Kanäle. “Über Youtube ist das Video noch besser mittel- bis langfristig zu vermarkten, wenn das Unternehmen dort einen eigenen Kanal betreibt”, sagt Altmann. “Sehr gute Viralvideos schaffen es natürlich auch ohne eigenen Kanal.”
Verbreitungswege über Social Media
Ansonsten können etwa einschlägige Gruppen auf Social-Media-Plattformen als Verbreitungswege dienen. McDonald’s wiederum hat seine letzte Employer-Branding-Kampagne parallel im Fernsehen und im Internet gefahren.
Jedes Employer-Branding-Video muss auch am Ende auf die Karriereseite des Unternehmens verweisen, die ja das eigentliche Eingangstor zur Bewerbung ist. “Niemand schickt aufgrund eines Videos eine Bewerbung”, stellt Altmann klar. Umgekehrt sollten die Videos natürlich auch über die Karriereseite des Unternehmens zu finden sein.
Erfolgskontrolle: Ja! Aber wie?
Bleibt die Frage der Erfolgskontrolle – und die ist eine schwierige. Zwar lässt sich technisch ermitteln, wie oft auf Videos zugegriffen wird oder an welcher Stelle die Zuschauer wieder abspringen, aber letztlich sind das keine Massstäbe für den Erfolg unter dem Gesichtspunkt Employer Branding. Der ist in Altmanns Augen nur indirekt: “Sie können sich damit als Arbeitgeber vorstellen oder auch mit neuen Arbeitsfeldern positionieren.”
Weiterführende Informationen:
Leitfaden der Multimediaplattform Sevenload für Viralvideos:
http://pr.inside-sevenload.com/files/2010/09/sevenload-Viral-Video-Guide-10-Tipps-f%C3%BCr-erfolgreiche-Viralspots_web.pdf