Körpersprache deuten

Jeder Mensch sendet Körpersignale aus. Auch das berühmte “einfach herumstehen und keine Miene verziehen” ist ein Signal. Worauf Sie bei Bewerbern im Vorstellungsgespräch achten können, lesen Sie hier.

Schon der österreichische Wissenschaftler Paul Watzlawick hat gesagt: “Man kann nicht nicht kommunizieren”. Oder anders ausgedrückt: Man kann sich nicht “nicht verhalten”. Deshalb ist es wichtig, insbesondere in beruflichen Kontakten auf die Körpersprache und dabei auf die Haltung zu achten.

Wichtiger als das Gesagte

In einschlägigen Seminaren lernen wir: Wie eine Person auf jemanden wirkt, hängt zu 10 Prozent davon ab, was sie sagt oder weiss, also von den Inhalten ihrer Äusserungen, und zu 90 Prozent davon, wie sich diese Person gibt, wie sie sich verhält, spricht, also von ihrem Auftreten, ihrer Haltung und ihrer äusseren Erscheinung, ihrem Charisma, dem Klang ihrer Stimme, ihrem Sprechtempo, ihrer Redegewandtheit und Wortwahl.

Zur Körpersprache zählen Mimik (Augen, Gesichtszüge, Blickrichtung…), Gestik (Bewegung der Hände, Arme usw.), Stimme (Tonlage, Sprechtempo usw.) und Haltung (im Sitzen, Stehen oder Gehen). Körperhaltung ist Teil der non-verbalen Kommunikation – eine Art Kode, mit dem wir Signale geben, unsere Einstellung und Emotionen zum Ausdruck geben.

Zusammenhänge der Körperhaltung

Körperhaltung und die räumliche Beziehung zwischen Personen signalisieren ganz unterschiedliche Dinge: Durch grosse Nähe kann zum Beispiel im Privatleben Intimität und Zuneigung zum Ausdruck gebracht werden, im Beruf bedeutet eine allzu lässige Sitzposition oder gar breitbeiniges “Hinflätschen” Überheblichkeit, Desinteresse und/oder Langeweile.

Körperhaltung und räumliche Distanz stehen nicht nur in direkter Verbindung miteinander, sondern auch mit der Situation, in der wir uns gerade befinden. Die Art und Weise, wie wir gehen, stehen und sitzen, verrät viel über unseren Charakter, unsere Einstellungen und unsere momentane Stimmung: Ob wir uns wohl fühlen oder uns fürchten, ob wir nervös sind oder gelassen abwarten, ob wir zufrieden oder enttäuscht sind.

Authentisch bleiben

Durch Selbstbeobachtung kann man versuchen, ein wenig auf die eigene Haltung einzuwirken, doch konsequent und vor allem langfristig steuern lässt sie sich kaum. Denn: Körperhaltung wird durch Stress beeinflusst, und die meisten Körperbewegungen erfolgen unbewusst. Wichtig bei unseren Versuchen, unsere Körpersprache und insbesondere unsere Haltung zu “disziplinieren”, ist vor allem eines: Authentizität.

Wer meint, er könne sich langfristig verstellen und dies zum Beispiel im Beruf dauerhaft durchspielen, wird schnell feststellen, wie schwierig und anstrengend das ist. Denn es genügt ja nicht, eine (schlechte) Angewohnheit, wie zum Beispiel das In-sich-zusammengefallen-Sitzen, konsequent im Visier zu haben, um sich das Gerade-Sitzen anzutrainieren (das geht übrigens!). Alle Signale der Körpersprache (Gestik, Mimik, Stimme und Körperhaltung) müssen ja koordiniert und stimmig sein: Das nachhaltig durchzuhalten, schafft wohl kaum jemand! Die Folge: Man wirkt unglaubwürdig und nicht authentisch. Wer selbstbewusst und gut gelaunt ist, tritt anders auf als jemand, der unglücklich und/oder ängstlich ist. Daher macht es wenig Sinn, sich künstlich irgendwelche positiv wirkenden Signale aufzusetzen.

 

Giselle Chaumien-Wetterauer
war fast drei Jahrzehnte als Ressortleiterin in der Industrie tätig, u.a. im Sprachendienst und in der Kommunikation, bevor sie sich selbstständig machte.
Heute berät sie Unternehmen in Sachen Kommunikation, arbeitet als freie Autorin und Fachübersetzerin und begleitet junge Menschen in die Selbstständigkeit.

 

Signale der Köpersprache
Negativbeispiel Was signalisiert das?
Breitbeiniges Stehen Überheblichkeit, Verärgerung
Imponiergehabe
Hände in die Hüften stemmen Verärgerung, aggressives Auffordern Imponiergehabe
Hängende Schultern Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit
An die Bürowand zurücklehnen, ein Fuss auf dem Boden, das andere Bein angewinkelt mit dem Fuss gegen die Wand Überheblichkeit und Unsicherheit zugleich
Beine und Füsse dicht beieinander, Rücken unnatürlich gestreckt, Arme und Hände steif am Körper entlang Übertriebene Disziplin, Unterwürfigkeit
Versteckt derjenige etwas hinter dieser “Fassade”?
Lässige Sitzposition Überheblichkeit, Desinteresse
Auf der Vorderkante der Sitzfläche sitzen Unsicherheit, Anspannung
Zum Teil abgewandter Körper Überheblichkeit, Desinteresse, Ablehnung
Oberkörper zurücklehnen Ablehnung, Distanz schaffen
Arme um den eigenen Oberkörper verschränken Ablehnung, Abschottung
Arme vor dem Oberkörper verschränken Abschottung, “ich lasse keinen an mich heran”
Füsse um die Stuhlbeine Unsicherheit, Anspannung
Mit einem Fuss /Bein wippen Nervosität, Desinteresse
Mit einer Haarsträhne spielen Nervosität, Verlegenheit
Ständiges Wechseln des Standbeins während des Gesprächs im Stehen Person hat noch keine klare Position, ist unsicher
Kleine Schrittlänge (in Relation zur Körpergrösse) Pedanterie
Drang, jedes Detail zu überprüfen
Positivbeispiele Was signalisiert das?
Aufrechter Stand oder aufrechtes Sitzen Sicherheit
Guter Bodenkontakt, Füsse leicht geöffnet, Wirbelsäule und Kopf aufrecht, Schultern leicht zurückgenommen, aber nicht verspannt Selbstsicherheit, jedoch nicht überheblich
Souveränes und gelassenes Auftreten
Offenhei
Annäherung des Oberkörpers Zustimmung
Verhalten des Gesprächspartners spiegeln Zustimmung, Interesse (Empathie)
Leicht schräg geneigte Kopfhaltung Konzentration auf den Gesprächspartner
Dynamische Gangart Antrieb, Motivation, Elan
Grosse Schrittlänge (in Relation zur Körpergrösse) Tatendrang, Dynamik
Betrachtet das Leben als Ganzes, in dem Details eher unwichtig sind
Leicht nach vorne geneigter Oberkörper Interesse, Offenheit, Konzentration
Kopf aufrecht und Kinn leicht nach oben Interesse, Offenheit