Bewerbungen systematisch managen

Hundert  oder gar zweihundert  Bewerbungen auf eine Stelle? Selbst wenn bereits alle Unterlagen per Mail gekommen sind, ist das eine immense Verwaltungsaufgabe für jede Personalabteilung. Ein Bewerbermanagementsystem schafft Abhilfe.

Von Michael Vogel


Der Siegeszug der elektronischen Jobsuche und der Online-Bewerbung ist nicht mehr aufzuhalten. Drei von vier Neueinstellungen gehen auf Online-Kanäle zurück. Internet-Stellenbörsen zählen zu den beliebtesten externen Rekrutierungskanälen: Immerhin sieben von zehn Stellenanzeigen werden hier veröffentlicht. Zusätzlich nutzen Unternehmen zu 91,2 Prozent die eigenen Webseiten.

Hinzu kommt, dass Smartphones und Tablet-PCs für Jobkandidaten inzwischen ein gängiges Kommunikations- und Informationsmedium sind. Tendenz steigend. Bereits sechs von zehn Unternehmen erachten die Ansprache von Kandidaten über Smartphone und Tablet-PC daher bereits heutzutage als sinnvoll, 24,3 Prozent haben reagiert und ihre Karriere-Webseite mobil optimiert und bereits jedes zehnte Unternehmen bietet Apps für die Stellensuche an. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen darauf vorbereitet sind, die eingehenden Daten optimal zu verwalten.

Online-Rekrutierung auf dem Vormarsch

Doch ein Blick in die Personalbereiche deutscher Unternehmen zeigt, dass – obwohl elektronische Bewerbungen oft gewünscht sind – dieser Digitalisierung nicht immer ein entsprechend professionelles Konzept für das Management der Bewerbungen gegenübersteht. Das belegt auch eine Studie, die das Heidelberger Institute for Competitive Recruiting im Jahr 2011 erstellt hat: Damals gaben viele befragte Personaler an, dass sie Access-Datenbanken oder Excel-Dateien für das Management von Bewerbungen einsetzen – also keine durchgängige Lösung. Gleichzeitig waren diese Nutzer am wenigsten zufrieden mit ihren technischen Hilfsmitteln – nur Personaler, die den Recruitment-Prozess ganz ohne Software managten, zeigten sich noch unzufriedener.

Was ist ein Bewerbermanagementsystem?

Abhilfe schaffen kann ein Bewerbermanagementsystem. Dabei handelt es sich um eine Software, die den gesamten Workflow des Recruitment durchgehend unterstützt: von der Erfassung offener Positionen, dem Anfertigen der Stellenanzeige und dem Eingang der Online-Bewerbungen über die Priorisierung der Bewerbungen und den Einladungen zu Telefoninterviews oder Vorstellungsgesprächen bis zur Absage an alle anderen Kandidaten und womöglich ihre Übernahme in einen Talentpool.

Welche Prozesse der Personalabteilung im Einzelnen unterstützt werden sollen, muss eine genaue Analyse ergeben. Dabei müssen die Verantwortlichen auch die Frage  klären, ob und wie das Bewerbermanagementsystem an andere Back-end-Systeme des Unternehmens angebunden werden soll – von der HR-Lösung bis zum System für das Enterprise Ressource Planing. Der Markt bietet hierzu fast alle Spielarten und ist insgesamt stark fragmentiert.

Ab welcher Unternehmensgrösse lohnen sich Bewerbermanagementsysteme?

Die zentrale Frage bei der Entscheidung für ein Bewerbermanagementsystem ist natürlich sein potenzieller Nutzen. Ab welcher Menge an Bewerbungen sich eine solche Softwarelösung lohnt, ist abstrakt relativ schwer zu sagen. Die Angaben, die man hierzu bei Anbietern oder Beratern findet, reichen von „jährlich zehn offenen Positionen“ bis zu „mindestens 1000 Bewerbungen pro Jahr“. Hier muss also jedes Unternehmen selbst die heutige und in naher Zukunft zu erwartende Situation realistisch abschätzen und die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Ein an die Business-Prozesse angepasstes Bewerbermanagementsystem erleichtert und beschleunigt auf jeden Fall die internen Abläufe beim Recruiting. Sämtliche Informationen zu den Bewerbern sind zeitnah für Personal- und Fachbereich in einer Gesamtschau vorhanden. Unternehmen, die die Transparenz ihres Recruitment-Prozesses für die Kandidaten erhöhen wollen, können dank des Systems auch Abfragen zum Status der Bewerbung ermöglichen. So wissen die Bewerber jederzeit, woran sie sind.

Transparenz und hohe Reaktionsgeschwindigkeit

Diese Transparenz und rasche Reaktionen in jeder Phase des Prozesses hinterlassen bei den Kandidaten ein positives Bild des Unternehmens – selbst wenn sie letztlich eine Absage bekommen. Ein wichtiges Gut in Zeiten, in denen es für manche Positionen immer schwieriger wird, geeignete neue Mitarbeiter zu finden. Gelebtes Employer Branding sozusagen.

Zudem ermöglicht die softwaregestützte Interaktivität, mit interessanten Bewerbern in Kontakt zu bleiben: etwa indem man sie parallel auf andere Positionen im Unternehmen hinweist, die im Bewerbermanagementsystem hinterlegt sind, oder indem man ihnen anbietet, ihre Daten in einem Talentpool vorzuhalten, um bei späteren Vakanzen von Seiten des Unternehmens auf sie zugehen zu können. Mit anderen Worten: dank eines Bewerbermanagementsystems können Personalverantwortliche wieder Kandidaten auswählen, statt sie nur zu verwalten.