Wenn der Traumjob floppt

von Monster Contributor

Manchmal entpuppt sich der neue Arbeitsplatz als Reinfall. Aber wer traut sich schon gleich wieder zu kündigen?

Eine neue Stelle anzutreten, ist immer aufregend. Oft kennt man den Chef nur aus dem Bewerbungsgespräch und die neuen Kollegen gar nicht. Über die neuen Aufgaben gibt es zwar Informationen und Absprachen, aber wie sie nun konkret umgesetzt werden, bleibt spannend. Kein Wunder also, wenn die ersten Wochen im neuen Job eher Stress bereiten als lustig sind.

Mancher Stress allerdings übersteigt das Mass des Erträglichen. Da entpuppt sich der freundliche Vorgesetzte aus dem Bewerbungsgespräch als Chef-Choleriker, der schon am dritten Tag los brüllt. Die neuen Kollegen gehen in geschlossener Runde zum Mittagessen, ohne auch nur das kleinste Zeichen von Integrationsbereitschaft zu zeigen. Oder die versprochenen Leitungstätigkeiten entpuppen sich als Zuarbeit.

Möglichst schnell raus

Was nun? Eine Kündigung läge nahe, doch wer nach kurzer Zeit schon das Handtuch wirft, riskiert hässliche Kratzer auf dem Lebenslauf. Also lieber die Zähne zusammenbeissen und so lange durchhalten, bis ein Jobwechsel zeitlich wieder besser ins Karriere-Schema passt?

"Möglichst schnell raus", sagt Manfred Johnke, der als Personalberater jahrelang viele solche Anfangsschwierigkeiten mit angesehen hat und jetzt als Karrierecoach in Köln tätig ist. Vorausgesetzt natürlich, es ist wirklich eindeutig, dass die neue Stelle ein Reinfall ist. "Je eher man so einen Flop-Job aufgibt, desto besser", sagt Johnke und rät, bloss nicht noch die Probezeit abzuwarten: "Das sieht sonst so aus, als sei man vom Arbeitgeber gekündigt worden." Ausserdem reibe man sich unter Umständen zu sehr auf. "Gerade, wenn es Probleme mit dem Vorgesetzten gibt, kann das Selbstbewusstsein so grossen Schaden nehmen, dass man schliesslich gar nicht mehr bewerbungsfähig ist."

Die Karriere hält Johnke für rettbar. Hat man nur zwei oder drei Monate im Horrorjob verbracht, so darf man ihn getrost aus dem Lebenslauf tilgen; so eine Minilücke fällt kaum auf und ist nichts Ungewöhnliches. Wer hingegen länger wartet - etwa, um sich erst anderorts zu bewerben, muss dem nächsten Arbeitgeber einen guten, plausiblen Grund für den schnellen Wechsel liefern. Johnke glaubt aber dennoch nicht, dass Arbeitgeber daraus falsche Schlüsse ziehen. Im Gegenteil: "Der Personaler sagt sich eher, dass der Bewerber so ehrlich und mutig ist, auch eine Fehleinschätzung einzugestehen."

Spielräume ausloten

In jedem Fall ist es besonders wichtig zu klären, was eigentlich nicht stimmt in dem neuen Job. Ist es wirklich hoffnungslos schrecklich? Oder habe ich selbst noch Spielraum? Denn häufig sind Missverständnisse oder überzogene Erwartungen der Grund für die Enttäuschung von der einst so heiss begehrten Arbeitsstelle. Etwa, wenn die Kollegen scheinbar abweisend sind: Vielleicht trauen sie sich einfach nicht, den Neuen zu fragen, ob er mit zum Mittagessen kommt?

Andersherum trauen sich die Neuen oft nicht, notwendige Fragen zu stellen, aus Angst, sich eine Blösse zu geben. Die Folge: Sie machen Fehler und verärgern Kollegen und Vorgesetzte; erst recht, wenn sie sich bei der Bewerbung gut verkauft und grosse Erwartungen geweckt haben. Das kann leicht in Überforderung münden. "Dann muss man sich überlegen, ob man noch was dazu lernt oder Überstunden macht, oder ob man den Job lieber doch aufgibt", sagt Gitte Härter, Karrierecoach in München.

Vorab besser recherchieren

Meistens sind es die zwischenmenschlichen Probleme, die für den Frust am Arbeitsplatz sorgen. Doch gerade die lassen sich oft schwerer beheben als organisatorische oder inhaltliche Unstimmigkeiten. Coach Manfred Johnke rät deshalb, schon im Bewerbungsverfahren besser zu recherchieren, was auf einen zukommt. "Die meisten Bewerber trauen sich überhaupt nicht, im Vorfeld genug über den neuen Job zu fragen", berichtet er aus seiner Zeit als Personalentwickler. "Und leider gibt es auch noch Unternehmen, bei denen allein die Personaler die Bewerber auswählen, und die Kandidaten die Vorgesetzten gar nicht zu Gesicht bekommen."

In solchen Fällen sollte ein Bewerber unbedingt darum bitten, die künftigen Vorgesetzten kennen zu lernen. Generell kann es auch nicht schaden, vor Abschluss des Arbeitsvertrages mal die neuen Büros zu inspizieren und Atmosphäre zu schnuppern. Hundertprozentigen Schutz vor Flops bietet freilich auch das nicht. Wer sich also statt im versprochenen Hochglanzbüro in der Abstellkammer wieder findet oder Kaffee kocht statt Sitzungen zu leiten, dem hilft nur eins: raus - und das so schnell wie möglich!

(Gudrun Sonnenberg)