Welche Uni für Finanzfachleute?
Die Bankenbranche braucht Fachleute – und die Schweizer Hochschulen haben sich darauf eingerichtet. Die höhere Ausbildung ist fest in der Hand öffentlicher Bildungsstätten, Privatunis gibt es in der Schweiz nicht. Erst bei Weiterbildungen treten renommierte Programmanbieter auf.
Als angehender Student kann man beispielsweise an der Universität Zürich schon das Bachelorstudium der Wirtschaftswissenschaften mit der Studienrichtung Banking and Finance wählen und sich damit für künftige Arbeitgeber gut aufstellen. "Das Angebot hat sich gut etabliert", sagt Christine Peter, Stabsmitarbeiterin im Dekanat der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Andere Spezialisierungen würden in Richtung Management and Economics oder Volkswirtschaftslehre führen. Wer sich für Banking and Finance interessiert, der wird vier Kernthemen näher kennenlernen:
- Corporate Finance
- Financial Economics
- Quantitative Finance
- Financial Services
Dermassen ausgebildet weiss man beispielsweise mehr über die Konstruktion derivativer Finanzinstrumente als ein Absolvent der Studienrichtung Management and Economics, der sich dafür in Personalfragen besser auskennt.
Neu und anspruchsvoll: Master in Banking and Finance
An der Uni Zürich kann das Fach auch in Teilzeit studiert werden – allerdings werden für den Abschluss nur die ECTS-Punkte (European Credit Transfer System, das Leistungspunktesystem an Hochschulen) angerechnet, die vor nicht mehr als fünf Jahren erworben wurden. Bummeln darf man also nicht. Die anfallenden Kosten belaufen sich auf eine Kollegiengeldpauschale von 640 Franken pro Semester. Wer seine Hochschulzugangsberechtigung nicht in der Schweiz erworben hat, muss zusätzliche 100 Franken zahlen. Dazu addieren sich noch 49 Franken weitere Beiträge zum Beispiel für die Bibliothek und den akademischen Sportverband.
Wer bereits einen Bachelor erworben hat, kann die Ausbildung mit dem Masterstudium fortsetzen. Die Vertiefung in Banking and Finance wurde dort erst im Herbst 2007 eingeführt. Allerdings ist der Master anspruchsvoll, meint Peter. Immerhin gilt es 120 ECTS-Punkte zu erwerben. "Es hat teils hoch stehende Inhalte auch von mathematischer Seite her", sagt sie. Je nach Schwerpunktwahl innerhalb der relevanten Fachrichtungen kann man dann – so stellt es die Website der Uni in Aussicht – als Investmentbanker, Financial Analyst, Risk Manager, Portfoliomanager oder Financial Consultant arbeiten. Zwar nicht garantiert, aber "die Ausgangslage ist sicher sehr gut", so Peter.
Spitzenstandort St. Gallen
Gute Karten dürfte man auch mit einem Abschluss von der Uni St. Gallen haben. Wer sich nämlich bei der Wahl der Uni nicht nur von der Attraktivität des städtischen Nachtlebens, sondern auch von einem Uniranking beeinflussen lässt, der kommt in Sachen Wirtschaftswissenschaften an St. Gallen nicht vorbei. Die Uni belegt im deutschsprachigen Raum regelmässig Spitzenplätze und führt auch das SwissUp-Ranking in Sachen Betriebswirtschaftslehre (BWL) ganz klar an.
Für Zürich gibt es da nur einen Platz im Mittelfeld. Allerdings gibt es in St. Gallen für Bachelorstudenten nur die Wahl zwischen den Majors (Schwerpunkten) BWL, Volkswirtschaftslehre, Recht, International Affairs sowie Law and Economics und damit keinen industrie- oder branchenspezifischen Abschluss, der auf die Finanzbranche zielt. Dies begründet Studiensekretär Jan Metzger damit, dass man mit dem Bachelor-Wissen erst einmal die Grundlage für die Spezialisierung im Masterstudium legen sollte. Ausserdem müsse ein Bachelor eine gewisse Ausbildungsbreite haben, "wenn er marktfähig sein soll".
Studienzugang nicht ohne Hürden
Banking and Finance ist dann eines von insgesamt zehn Masterprogrammen, seine Studiensprache ist Englisch. "Es ist das einzige Programm, das auf eine Branche hin und nicht funktionell orientiert ist", sagt Metzger. Und es ist eins der Programme, für die es "sehr viele Bewerbungen" gibt. Wer drin ist, darf sich während drei Semestern unter anderem mit Behavioral Finance oder Forschungsseminaren zum Management von Versicherungen befassen, steigt also schon recht detailliert ins Fachwissen ein. Begleitend dazu entsteht die Masterarbeit. Gemäss Vorgaben sammelt man in drei Semestern 90 ECTS-Punkte. Meistens brauchen die Studenten aber doch vier Semester, verrät Metzger. Je nachdem wie viel gejobbt oder an der Masterarbeit gewerkelt wird.
Dank des guten Rufs der Uni ist der Studienzugang in St. Gallen nicht ohne Hürden. Erst recht für nicht in der Schweiz Wohnhafte – der Ausländeranteil ist an der ganzen Uni auf 25 Prozent limitiert. Es gibt aber ein mehrfaches an Bewerbern. Für das Masterprogramm braucht man zudem den Nachweis sehr guter Englischkenntnisse – das wären mindestens 7,5 Punkte der akademischen Version des IELTS (International English Language Testing System). Die Uni St. Gallen gehört ausserdem zu den teureren Studienorten in der Schweiz. Pro Semester werden für Inländer 1020 Franken fällig, Ausländer zahlen 1170 Franken. Unterscheidungskriterium ist dabei der Wohnsitz vor der Aufnahme des Studiums.
Alternative Fachhochschule
Auch an der Uni Lausanne – übrigens gemäss SwissUp Ranking zweitplatzierte Schweizer BWL-Uni - gibt es eine Spezialisierung auf die Fachrichtung "Finance" erst ab der Masterstufe. Bachelorstudenten schliessen mit den Ausrichtungen Management oder Economics ab. Wer mit dem Ziel des Masters dann die Finance-Richtung wählt, findet sich in einem Studiengang wieder, der gemeinsam mit den Universitäten Genf und Neuchatel durchgeführt wird. Während in Lausanne die Unterrichtssprache Englisch ist, spricht man in Genf und Neuchatel französisch. Binnen vier Semestern (inklusive Masterarbeit) werden 120 ECTS-Punkte erworben. Unter anderem in Disziplinen wie "Ethik in Accounting and Finance" oder "Fixed Income and Credit Risk".
Wen es nicht gleich an eine Uni zieht, der kann sich an einer Fachhochschule zum qualifizierten Nachwuchs für die Finanzwelt ausbilden lassen. So etwa an der Hochschule Luzern, die einen Bachelor of Science in Business Administration mit der Studienrichtung Finance und Banking anbietet. Diese Ausbildung ist sowohl in Vollzeit als auch berufsbegleitend möglich. Neben generalistischem Know-how in Betriebswirtschaft und Management erwirbt man hier vertieftes Wissen im Finanzmanagement von Unternehmen und lernt die Konzepte wertorientierter Führung kennen. Allerdings befasst man sich auch mit spezifischen Themen der Finanztheorie wie etwa Rendite-Risiko-Modellen. Neben der Einschreibgebühr von 515 Franken werden pro Semester weitere 800 Franken Studiengebühren in Rechnung gestellt. Die Prüfungs- und Diplomgebühren betragen weitere 1100 Franken.
(Alexander Saheb, 2008)