Keine Hexerei: Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Wer Beruf, Privatleben und Familie gut aufeinander abstimmen will, sollte früh konkrete Vorstellungen entwickeln und selbstbewusst dafür einstehen. Wir geben Tipps für eine erfolgreiche Verhandlung für Teilzeit-Jobs.
Männer, die teilzeit arbeiten, sind eine rare Spezies. In der Schweiz haben nur etwa fünf Prozent aller berufstätigen Männer ihr Berufspensum deutlich reduziert - das heisst mehr als nur 10 bis 20 Prozent -, um die Familien- und Hausarbeit mit Ihrer Partnerin zu teilen oder weil sie allein erziehend sind.
Vorteile für Angestellte und Unternehmen
Teilzeitarbeit kann jedoch für Angestellte als und Unternehmen vorteilhaft sein. Die Krankenkasse "Sympany" etwa unterstützt flexible Arbeitszeitmodelle bei Frauen und Männern darum gezielt. "Es zeichnet einerseits unsere Attraktivität als moderne und punkto Chancengleichheit bewusste Arbeitgeberin aus, und es entspricht unseren Unternehmenswerten", sagt Sabine Bürk Maeder, Leiterin Human Resources. "Andererseits können wir das Know-how von Vätern und Müttern für unser Unternehmen binden, was sich insbesondere bei den Rekrutierungskosten rechnet."
"Sympany" unterstützt auch Kadermitglieder, die den Wunsch nach Teilzeitarbeit äussern. Insgesamt arbeiten bei der Krankenkasse 45 Prozent der weiblichen und 13 Prozent der männlichen Angestellten teilzeit. Allerdings seien dem Ganzen auch Grenzen gesetzt, so Bürk Maeder, beispielsweise wenn in einer Abteilung zu viele Angestellte oder Führungspersonen teilzeit arbeiten möchten.
Gut geplant ist halb durchgesetzt
Männer haben oft Bedenken, dass sie nicht als leistungswillig angesehen werden, wenn sie sich um eine Teilzeitanstellung bemühen. Viele Männer glauben zudem, dass das in "ihrer Position" oder in dem Unternehmen sowieso nicht geht. Und in der Tat ist es in vielen Unternehmen oder Positionen für einen Mann noch schwieriger als für eine Frau, Karriere zu machen, wenn er nicht Vollzeit arbeitet.
Andererseits führen viele Wege zum Ziel. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Teilzeitarbeit lohnt sich, ebenso der Einbezug von Fachleuten, wie der Fachstelle UND (Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen), die schweizweit Beratung für Private und Firmen anbietet.
Karriereziele definieren
Es braucht Mut, dem Erwartungsdruck der Berufswelt entgegegenzuhalten. Oftmals ändern viele Männer aber erst etwas nach einem Schlüsselerlebnis. "Ein Karriereknick, der Verlust der Arbeitsstelle, eine Trennung, ein schwerer Unfall oder ähnliches bringt viele Männer dazu, ihr Leben zu überdenken", sagt Daniel Huber von der Fachstelle UND in Basel aus Erfahrung. "Sie fangen dann an, sich zu fragen: Was will ich, wer bin ich und was ist mein Ziel?" Manchmal brauche es erst eine schmerzhafte Erfahrung. "Aber es hat auch viel mit Loslassen und Prioritätensetzen zu tun."
Huber betont, dass es schwieriger sei, eine Reduktion des Pensums durchzusetzen, wenn schon ein oder zwei Kinder da seien. "Hilfreich ist es, egal ob Mann oder Frau, sich erst einmal zu fragen, was für einen persönlich "Karriere" bedeutet. Denn die grosse Mehrheit macht keine Karriere im herkömmlichen Sinn. Und, Männer setzen sich oftmals zu wenig für ihre privaten Interessen ein", weiss Daniel Huber.
Konkrete Tipps
Ein Paar sollte sich schon vor der Kinderphase, aber auch, wenn keine geplant sind, überlegen, wie beide Privatleben, Familie und Beruf konkret vereinbaren wollen. Ob beispielsweise der Wunsch besteht, verschiedene Lebensbereiche gleichwertig zu leben oder nicht. Oft kommt dieses Thema erst zur Sprache, wenn das erste Kind da ist. Dann ist eine Kursänderung aber viel schwieriger, vor allem bei den Männern. Vielmals sind es die Frauen, die Druck auf die Männer ausüben.
1. Die finanziellen Konsequenzen sollten geklärt werden.
2. Vor einer Verhandlung mit dem Vorgesetzten sollte man sich überlegen, wie ein neues Arbeitspensum konkret realisiert werden könnte und welche Vorteile das Unternehmen davon hat.
3. Etwas einzufordern braucht Courage. Wer sicher und selbstbewusst auftritt, kann etwas einfordern und schafft es auch eher, seine Vorstellungen durchsetzen.
4. Erkundigen Sie sich im beruflichen und privaten Umfeld, ob jemand schon Erfahrungen damit gemacht hat. Vernetzen Sie sich. Lassen Sie sich fachkundig beraten.
5. Vorteilhaft ist es, eine halbjährige Versuchszeit vorzuschlagen.
(Lioba Schneemann)
Weitere Informationen
Fachstelle UND. Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen
www.und-online.ch