Umgang mit Kritik

von Monster Contributor

Kritik anzunehmen, ist nicht einfach. Dabei stellt ein souveräner Umgang mit konstruktiver Kritik eine echte Chance für die persönliche Weiterentwicklung dar.

Von Giselle Chaumien-Wetterauer

Wo gehobelt wird, fallen auch Späne… Da unterlaufen einem schon einmal kleine und grössere Fehler. Nicht jede Verhaltensweise oder Gewohnheit der Mitarbeiter findet die uneingeschränkte Zustimmung des Vorgesetzten. Und nicht immer führt der Mitarbeiter die ihm erteilte Aufgabe zur vollen Zufriedenheit seines Chefs aus. Spätestens wenn die Aussenwirkung des Unternehmens gefährdet ist, sollte ein Kritikgespräch ins Auge gefasst werden.

Feedback bedeutet Interesse

Wer nie eine Rückmeldung bekommt, kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass er immer alles gut und richtig macht. Im Gegenteil! Damit kommt eher eine gewisse Gleichgültigkeit zum Ausdruck. Wenn Sie aber immer wieder ein qualifiziertes und konstruktives Feedback erhalten, können Sie sicher sein, dass Ihr Chef Interesse an Ihrer Leistung hat. Damit haben Sie die Chance, sich für Ihren beruflichen Werdegang - und möglicherweise auch als Privatperson - weiter zu entwickeln.

Tatsächlich ist jedoch nur echte konstruktive Kritik wirklich hilfreich. Chefs oder Kollegen, die an einem herumnörgeln, überall ein Haar in der Suppe finden und an allem lästern, die gar verletzend und beleidigend ihren eigenen Frust am Mitarbeiter bzw. Kollegen auslassen, tragen nicht dazu bei, dass Letzterer motiviert an sich arbeitet. Wenn jedoch mit der Beanstandung auch gleich hilfreiche Anregungen mit auf den Weg gegeben werden, wird der Kritisierte aufgebaut – und nicht etwa demontiert.

Zuhören und cool bleiben

Dass Komplimente und Lob angenehmer als Kritik sind, ist eigentlich eine Binsenweisheit. Aber sie führen häufig dazu, dass eine gewisse Realitätstrübung eintritt. Kritik ist weniger schmeichelhaft und mitunter schmerzhaft - zumindest für das Ego. Hören Sie erst einmal in Ruhe zu, wenn Ihnen Kritik entgegen gebracht wird, und holen Sie nicht gleich zum Gegenschlag aus.

Zügeln Sie Ihren Impuls, aus der Haut zu fahren und sich mit "Ja, aber"-Argumenten zu rechtfertigen: Das führt zu nichts. Im Gegenteil: Sehr schnell bleibt an Ihnen das Label "nicht kritikfähig" kleben! Bleiben Sie gelassen, notieren Sie gegebenenfalls, was Ihnen vorgehalten wird. Wer im Kritikgespräch ruhig und interessiert auftritt, beweist mehr Selbstbewusstsein. Übrigens sollte die Kritik nicht aus heiterem Himmel, womöglich auf dem Gang, auf Sie herunterprasseln. Sollte dies dennoch geschehen, bitten Sie um einen Termin für das Kritikgespräch (ruhiger Ort, ohne Handy).

Nachfragen und nutzen

In einem Kritikgespräch sollten Sie nicht jedes gesagte Wort auf die Waagschale legen. Denken Sie daran, dass manches so oder so interpretiert werden kann. Nach dem Motto "nichts wird so heiss gegessen wie gekocht" sollten Sie nicht immer von der "schlimmsten" Bedeutung dessen, was der Kritisierende sagt, ausgehen. Lassen Sie sich genau erklären, was gemeint ist, und fragen Sie nach, was man Ihnen zur Besserung vorschlägt. Dass die Anregungen realistisch sein müssen, ist selbstverständlich.

Natürlich sollten Sie sich nicht mit Beleidigungen und Demontage abgeben. Wirklich hilfreich ist Kritik, wenn sie mit Tipps einher geht, wie Sie etwas anders oder besser machen können. Im Idealfall treffen Sie sich etwa vier oder sechs Wochen nach dem ersten Gespräch mit dem Kritisierenden, um gemeinsam zu ermitteln, ob Sie seine Hinweise und Ratschläge umsetzen konnten und tatsächlich Fortschritte gemacht haben - oder aber wieder in Ihren alten Trott verfallen sind. So können Sie Ihrem Chef auch signalisieren, dass Sie sein Eingreifen ernst nehmen.

Selbstachtung und Gelassenheit

"Ich? Fehler? Unmöglich!" – Menschen, die eine solch "hohe Meinung" von sich haben, fällt es besonders schwer, Kritik zu akzeptieren. Doch niemand ist unfehlbar! Nehmen Sie Ihre Fehler und Schwächen an und machen Sie den ersten Schritt, um unliebsame Gewohnheiten oder Verhaltensweisen, die bei anderen anecken, zu ändern. Wer sich so annimmt, wie er ist, hat mehr Selbstachtung und erlebt Kritik nicht als Angriff auf seine Person, sondern als echte Hilfestellung oder gar Bereicherung.

Kritik hilft, sich besser kennen zu lernen und weiter zu entwickeln. Gelassen, aber interessiert auf Kritik - konstruktive, versteht sich - zu reagieren, beweist Charaktergrösse und Stehvermögen. Wer verbal zurückschlägt oder eingeschnappt reagiert, wer gar über "späte Rache" sinnt, verpasst die Chance, zu lernen und sein Verhalten anzupassen.

Reaktion im Kritikgespräch

Wenn Sie im Kritikgespräch nachhaken, achten Sie darauf, ruhig und sachlich zu bleiben. Vermeiden Sie bei Rückfragen einen herausfordernden Ton, der Ihrem Gegenüber vermitteln soll: "he, ich höre dir zwar zu, aber was du mir erzählt, kann gar nicht sein". Auch die Art und Weise, wie Sie Rückfragen formulieren, ist wichtig. Sagen Sie nicht etwa "Das meinen Sie doch nicht ernst, oder?", sondern "Verstehe ich das richtig, dass Sie der Meinung sind…".

Notieren Sie die Kritikpunkte und lassen Sie sich im Detail erklären, was als "Störfaktor" oder "Fehler" wahrgenommen wird. Achten Sie bei sich selbst auch auf äussere Zeichen wie Stimmlage und Lautstärke, Mimik und Gestik. Auch wenn man sie kritisiert, ist es noch lange keinen Grund, laut zu werden und Ihr Gegenüber verbal anzugreifen. Vergessen Sie nie: Auch nach dem Kritikgespräch wollen Sie doch sicher eine gute Beziehung zu Ihrem Chef bzw. zum Kollegen pflegen…

Unsere Tipps zum Umgang mit Kritik vom Chef oder Kollegen

  • Hören Sie zu.
    Bleiben Sie ruhig und gelassen.
    Reagieren Sie weder aggressiv noch eingeschnappt. Bleiben Sie sachlich und situationsbezogen.
    Rechtfertigen Sie sich nicht (ständig).
    Machen Sie sich Notizen.
    Fragen Sie nach, was genau gemeint ist.
    Zeigen Sie Verständnis für die unterschiedliche Sichtweise, auch wenn Sie innerlich nicht damit einverstanden sind.
    Regen Sie Veränderungen an und bitten Sie um Hilfestellung bei der Umsetzung.
    Oft hilft es, Distanz zu sich selbst zu schaffen: Das erreichen Sie zum Beispiel, wenn Sie das Kritikgespräch wie mit einer "unsichtbaren Kamera" verfolgen, als wären Sie als Betroffener eine andere Person.

Giselle Chaumien-Wetterauer
war fast drei Jahrzehnte als Ressortleiterin in der Industrie tätig, u.a. im Sprachendienst und in der Kommunikation, bevor sie sich selbstständig machte.

Heute berät sie Unternehmen in Sachen Kommunikation, arbeitet als freie Autorin und Fachübersetzerin und begleitet junge Menschen in die Selbstständigkeit.

www.gcw-communications.com