Überlebenstipps für Mobbingopfer
Wie geht man mit mobbenden Kollegen um, warum ist Teamarbeit überbewertet und wie weist man wütende Mitarbeiter in ihre Schranken? Auf Monster.de schildert Karrierecoach Martin Wehrle mit spitzer Feder, wie man den Büroalltag überlebt.
Als 1996 der Düsseldorfer Flughafen brannte, ein infernalisches Feuer, das siebzehn Menschen aus dem Leben riss, fanden die Experten später heraus: Ein einzelner Funke bei Schweißarbeiten hatte den verheerenden Brand ausgelöst. Nur weil das Feuer zu spät bemerkt wurde und sich unter der Decke ausbreitete, wuchs daraus eine Katastrophe.
Woran kann man Mobbing frühzeitig erkennen?
Auch beim Mobbing funkt es erst, dann schwelt das Feuer, dann brennt es lichterloh. Je früher Sie eingreifen, desto besser sind Ihre Chancen beim Löschen. Woran können Sie das erste Knistern, das Aufziehen eines Mobbings erkennen?
Zum Beispiel stellen Sie fest ...
... dass sich Fronten in der Gruppe bilden,
... dass Sie als Gesprächspartner unerwünscht sind,
... dass Gerüchte über Sie gestreut werden,
... dass Kollegen Ihre Arbeitszeiten kontrollieren,
... dass Sie bei Fachdiskussionen persönlich angegriffen werden,
... dass Informationen an Ihnen vorbeilaufen,
... dass unangenehme Aufgaben stets zu Ihnen wandern,
... oder dass die Gruppe Sie ausgrenzt.
Wie gehen Sie gegen das Mobbing vor?
Hier acht Vorschläge, je nach Phase des Brandes:
1. Packen Sie den Stier bei den Hörnern!
Es nützt nichts, Anspielungen zu überhören, Anfeindungen zu übersehen, sich einfach wegzuducken. Schreiten Sie bei den ersten Funken ein: Stellen Sie den Angreifer unter vier Augen zur Rede. Wenn er zum Beispiel ein Gerücht verbreitet hat, sagen Sie: "Ich habe gehört, du erzählst über mich ... Welchen Zweck verfolgst du damit?" Dieses offensive Vorgehen zeigt: Sie sind kein leichtes Opfer, Sie wehren sich! Außerdem durchschauen Sie Spiele hinter Ihrem Rücken.
2. Seien Sie versöhnlich!
Weisen Sie den Angreifer in seine Schranken und lassen Sie es damit gut sein. Behandeln Sie ihn danach wie jeden anderen Kollegen. Ihre Versöhnlichkeit entzieht seiner Aggression die Nahrung. Dagegen würde ihn Ihr feindliches Verhalten zu neuen Attacken anstacheln.
Dieses Handeln macht Sie nicht kleiner, sondern größer; der indische Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi stellte fest: "Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken."
3. Suchen Sie Verbündete!
Welchen Kollegen vertrauen Sie? Sprechen Sie mit ihnen und schildern Sie, was genau passiert ist. Achten Sie darauf, dass Sie nicht in Jammermonologe voller Selbstmitleid abgleiten. Formulieren Sie konkrete Wünsche: In welchen Situationen können die Kollegen Sie unterstützen? Wenn der Angreifer merkt, dass Sie nicht allein stehen, gibt er sein Treiben oft auf.
4. Sprechen Sie Ihren Chef an!
Wenn das Feuer sich auszubreiten droht, sollten Sie Ihren Vorgesetzten ins Vertrauen ziehen. Reden Sie nicht so sehr von Ihren Seelenqualen (das interessiert ihn nur begrenzt!) – sondern davon, wie das Mobbing die Arbeit behindert (das interessiert ihn sehr!). Eine Aussprache zwischen Ihnen und den Kollegen, die der Chef moderiert, kann das Feuer eindämmen.
5. Pflegen Sie Ihr Privatleben!
Wenn das Mobbingfeuer immer mehr um sich greift, müssen Sie Kraft in Ihrer Freizeit tanken. Suchen Sie sich Menschen, mit denen Sie über Ihre Situation sprechen können. Hören Sie hin, wie andere Ihre Lage einschätzen. Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Hobbys. Sport hilft Ihnen, Stress abzubauen und Ihr körperliches und seelisches Gleichgewicht zu verteidigen.
6. Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch!
Halten Sie alle Vorfälle fest. Notieren Sie in einer Spalte, was genau passiert ist, in der nächsten, wie Sie es interpretiert haben. Eine solche Dokumentation kann Sie später vor dem Arbeitsgericht unterstützen und ist zugleich eine gute Grundlage, um über Ihre Erlebnisse zu sprechen – im privaten Rahmen oder mit einem Psychologen. Therapeutische Hilfe kann bei Mobbing eine wertvolle Stütze sein.
7. Bleiben Sie handlungsfähig!
Stress entsteht durch das Gefühl, einer Situation ausgeliefert zu sein. Tun Sie alles, um sich Alternativen zu schaffen. Bewerben Sie sich, intern und extern. Entwickeln Sie Pläne für eine Selbständigkeit. Über diese Drehleitern können Sie das brennende Haus zur Not verlassen.
8. Beobachten Sie bis zuletzt, ob Ihre Kollegen sich nicht doch bessern (auch Mobben wird langweilig!).
Als Vorbild kann Ihnen der Schneider des irischen Dramatikers George Bernhard Shaw dienen. Dieser sei "der einzige Mensch, der sich vernünftig verhält (…). Er nimmt jedes Mal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch."
(Aus Martin Wehrle, "Am liebsten hasse ich Kollegen", Knaur-Verlag, 2010)
Martin Wehrle war Manager in einem Konzern,
bevor er Karrierecoach wurde.
Heute berät er Mitarbeiter aller DAX-Konzerne in Karrriere-, Gehalts- und Bewerbungsfragen.
An seiner Akademie bildet er Karrieeberater aus.
www.gehaltscoach.de
Buchtipp:
Martin Wehrle. Am liebsten hasse ich Kollegen. Wie man den Büroalltag überlebt. Knaur Verlag. 8,95 Euro.