Tipps für die ersten 100 Tage im neuen Job
Der Start am neuen Arbeitsplatz ist eine Herausforderung. Doch wer Lernbereitschaft zeigt, die Betriebskultur respektiert und das ABC des menschlichen Zusammenlebens pflegt, ist gut gerüstet.
Von Elias Kopf
«Man soll sich in der Znünipause nicht auf den Sessel des Chefs setzen und vor allem zuerst einmal schauen, ob die andern überhaupt eine Znünipause machen», schreibt Alex Felder vom Institut für angewandte Psychologie in Basel all jenen ins Stammbuch, die eine neue Stelle antreten. Für Betriebsneulinge gelte die Strassenverkehrsregel aus dem Kindergarten: «Luegä, losä, laufä.» Man tut somit gut daran, zuerst einmal das neue Umfeld zu sondieren, statt alles sogleich auf den Kopf stellen zu wollen. Denn die alten Hasen im Betrieb wissen meist sehr wohl, wieso sie etwas gerade so und nicht anders machen.
Selbstkritisch in den Spiegel schauen
Auch wer von der ersten Minute an schuftet wie ein Berserker, setzt damit bloss seine Teamkollegen unter Druck und macht sich als Streber unbeliebt. Es gebe in jeder Gruppe ungeschriebene Regeln, wann man zu viel oder zu wenig arbeite, so Felder. Da gilt es als Greenhorn genau hinzuschauen, was die Gruppenkultur zulässt. «Teils rührt anfänglicher Übereifer auch daher, dass sich jemand zu ehrgeizige Ziele setzt – und damit den andern ins Gehege kommt», weiss Beatrice Erb, Inhaberin der Beratung plus Entwicklung GmbH in Winterthur. Dies löse dann unnötige Revierkämpfe aus.
Als Newcomer kann man sich viel Ärger ersparen, wenn man zuerst einmal eruiert, wie das Unternehmen tickt: Wer ist der Tätschmeister, wer ist die graue Eminenz? Was sind die informellen Abläufe? Zu Kompetenzgerangel kommt es auch häufig, wenn man Vorgesetzter von jemandem wird, der diese Position selbst gerne gehabt hätte, oder wenn man als «junger Schnösel» ein Team mit Veteranen führen soll. Erb: «Wird in solchen Fällen die Funktion regelrecht in Frage gestellt, braucht es ein klärendes Wort aus der Chefetage.»
Auf Kritik angemessen reagieren
Doch bedeute längst nicht jede Kritik einen Angriff auf die eigene Position. Gerade in den ersten Monaten müsse man auch den einen oder anderen unsanften Fingerzeig wegstecken können. «Kritik überschlafen und dann angemessen reagieren», rät Erb. Oft habe man ja als Neuling bloss zu wenig Informationen, so dass sich das Problem rasch aufklären lasse. Bei stichhaltigen Vorwürfen braucht es dagegen die Bereitschaft, selbstkritisch in den Spiegel zu schauen.
Den Missstand zu beenden sei allemal besser, als sich mit Rechthaberei ins Abseits zu manövrieren, betont Felder. Bei ungerechtfertigten Anwürfen solle man die Angelegenheit dagegen auf der fachlichen Ebene mit Sachargumenten klarstellen und eine Emotionalisierung vermeiden.
Keine übereilten Allianzen und starken Parfüms
Sowieso sollte man im emotionalen Bereich in den ersten Monaten Zurückhaltung walten lassen. Um sich im Team seinen Platz zu schaffen, muss man zwar offen sein und auf die Kollegen zugehen. «Insbesondere soll man für die Tätigkeit der anderen Interesse zeigen», rät Erb. Das führe zu Anknüpfungspunkten. Mit privaten Freundschaften lasse man sich dagegen besser etwas Zeit. Auf diese Weise vermeide man übereilte Allianzen, die man später womöglich bereue. Auch Alex Felder warnt: «Sich mit privater Kumpanei anbiedern zu wollen, ist ein Schuss in den Ofen. Man ist ja zum Arbeiten da. Pluspunkte sammelt man nicht mit Sauglattismus, sondern indem man das ABC des Zusammenlebens pflegt: Pünktlichkeit, Sauberkeit, Ernsthaftigkeit, Verlässlichkeit, Anstand, Anpassungsfähigeit, Lernbereitschaft.»
Zum guten Umgangston gehört auch, dass man punkto Outfit auf die Firmengepflogenheiten Rücksicht nimmt: Hemd und Krawatte sind in der Bankwelt ein Muss, in einer kreativen IT-Bude hingegen ist man mit Bügelfalten overdressed. Bei Frauen ist der Spielraum zwar etwas grösser. Zurückhaltung ist jedoch punkto Ausschnitttiefe und Absatzhöhe angebracht. Und vor allem: «Penetrante Parfüms sind am Arbeitsplatz verfehlt», warnt Beatrice Erb.
Überforderung hinterfragen
Wer auf die Firmenkultur Rücksicht nimmt und einen respektvollen Draht zu den Kollegen aufbaut, kann bei Stress und Überforderung leichter Unterstützung mobilisieren. Denn Menschen sind grundsätzlich hilfsbereit. Bei allgemeinen Problemen wendet man sich am besten an seinen Firmen-Götti oder an einen Kollegen. Ist dagegen das übergeordnete Stellenziel betroffen, braucht es zusätzlich den Chef. «Auch die Vorgesetzten sollten sich von Zeit zu Zeit erkundigen, ob der Neue mit seinen Aufgaben klar kommt», meint Beatrice Erb.
Kommt der Chef nicht von selbst auf einen zu, dann sollte man nach etwa einem Monat um ein Feedbackgespräch bitten. Dabei kann man nicht nur fragen, ob die Leistung stimmt und wo man sich noch verbessern muss, sondern auch eine allfällige Überforderung zur Sprache bringen. Zum Teil rührt das Gefühl der Überforderung allerdings von zu hohen Ansprüchen an sich selbst. Erb: «Daher soll man sich zuerst einmal fragen, ob man sich nicht selbst unnötig unter Erwartungsdruck setzt.»