Stellengesuche: Schlüssel zum Erfolg
Eigene Stellengesuche werden von Bewerbern oft vernachlässigt. Zu Unrecht, wie Personalchefs meinen: Wer sich selbst gut präsentieren kann, hebt sich von der Konkurrenz ab. Die gegenüber gedruckten Annoncen kostengünstigeren Online-Stellengesuche lassen sich zudem noch mit einer eigenen Bewerber-Homepage verbinden.
Andrea Englert wollte nach nur einem Jahr nur noch eines: eine neue Arbeitsstelle. So oft die 27-jährige Gymnasiallehrerin aber beim Schulverwaltungsamt das schlechte Klima an ihrer Schule beklagte und um Versetzung bat, stiess sie auf Granit. Also wurde die Pädagogin selbst aktiv und suchte in Fachzeitungen und im Internet nach Stellenausschreibungen für Schulen in freier Trägerschaft und bewarb sich bei einem Dutzend Einrichtungen. Doch mit dem Job hat es nie funktioniert: "Mal war ich überqualifiziert, dann wieder wurde in der Ausschreibung wichtige Vorbedingungen, die ich mitbringen sollte, gar nicht genannt."
Sich Zeit und Ärger sparen
Erst als sie nach einem halben Jahr erfolgloser Suche selbst ein Stellengesuch formulierte und es auf diversen Internet-Portalen und in der Fachpresse veröffentlichte, fand Andrea Englert endlich die Traumstelle an einem kirchlichen Gymnasium. Rückblickend meint sie: "Hätte ich das gleich gemacht, hätte ich mir einige Monate Zeit und viel Ärger gespart." Denn das Gesuch der jungen Pädagogin fiel nach kurzer Zeit Kathrin Schneider ins Auge, die für einen Dachverband von Schulen in freier Trägerschaft den Stellenmarkt beobachtet und Personal vermittelt. "Im Gegensatz zu vielen biederen Stellengesuchen war diese Anzeige flott und positiv formuliert, sie sprach mich direkt an", erinnert sich Schneider. "Es war zu spüren, dass die junge Frau weiss, was sie will. Und weil sie zudem genau beschrieben hat, was sie kann und was sie mitbringt, konnte ich sie an die richtige Einrichtung verweisen."
Solche Fälle sind kein Einzelbeispiel: "Viele vernachlässigen bei der Suche nach einem neuen Job die eigene Stellenanzeige und bewerben sich lieber auf Stellenangebote, die ihrer Ausbildung eigentlich nicht entsprechen", weiss Gerald Werler, der für ein mittelständisches Unternehmen in Graz Personal rekrutiert. "Wer dann doch ein Stellengesuch annonciert, formuliert oft so langweilig und lieblos, dass es unmöglich Erfolg haben kann." Dabei durchforstet Werler, bei dem selbst nahezu täglich Initiativbewerbungen eingehen, regelmässig österreichische und deutsche Tageszeitungen, Fachpresse und Internet-Seiten: "Wenn man da ein wirklich interessantes Stellengesuch sieht und den Kandidaten einlädt, spart man sich jede Menge Aufwand."
Stellengesuche auffällig gestalten
Wie aber gestaltet man ein Stellengesuch so, dass es Personalchefs auch ins Auge fällt? Auf den ersten Blick scheint die Entscheidung für das richtige Medium - regionale oder überregionale Tagespresse, Fachzeitschriften oder Internet - weniger wichtig zu sein, als die für die richtigen Formulierungen. Und dennoch sollte jeder Bewerber zuerst die Frage beantworten: Wen will ich erreichen?
Denn obgleich ein in verschiedenen Medien veröffentlichtes Gesuch sinnvoller ist als lediglich eine Annonce in nur einer Zeitung, sollte nicht mit "Kanonen auf Spatzen" geschossen werden, wie es Kathrin Schneider ausdrückt. "Im Bildungsbereich sind Fachzeitungen und Internetseiten wichtig, regionale Tageszeitungen hingegen weniger." An Online-Gesuchen gewinnt sie zunehmend mehr Freude: "Das Internet bietet einfach viele Möglichkeiten. Und wenn da auf die eigene gut gestaltete Homepage verwiesen wird, dann kann ich den Bewerber innerhalb kürzester Zeit sehr gut kennen lernen."
Online-Stellengesuch: Auf das richtige Umfeld kommt es an
Was für die Bildungsexpertin ein Sahnehäubchen ist, scheint in der EDV-Branche schon die Regel zu sein. Karsten Hess, Personalreferent einer Baseler Softwarefirma, warnt allerdings vor einigen Fallstricken in Sachen Online-Stellengesuchen: "Mehr noch als im Print-Bereich ist hier das richtige Umfeld wichtig. Wer also über Internet einen Job sucht, sollte zuvor mit einer guten Suchmaschine die Jobbörsen herausfinden, die die angestrebte Branche bedienen." Zudem beobachtet Hess, dass Bewerber ihre Homepages gelegentlich überfrachten: "Da viele Arbeitgeber sich die Seite ausdrucken, sollte sie genauso wie eine gute Bewerbungsmappe gestaltet sein."
Ob Print oder Online: Für alle Stellengesuche gelten zunächst einmal die gleichen Grundregeln. Die wichtigste: Fassen Sie sich kurz! "2e2a-Regel" nennen Personaler eine der Grundanforderungen an Stellengesuche, die "ehrlich, einfach, angemessen und ansprechend" formuliert sein sollen. Da ein Stellengesuch nur ein Minimum an Informationen transportiert, müssen kurze, aber starke Reizworte den Adressaten direkt ansprechen. Nicht nur, wer ein Stellengesuch zum ersten Mal formuliert, sollte sich Zeit nehmen, mehrere Fassungen schreiben, das Gesuch immer wieder auf das Wesentliche kürzen und umstellen.
Die Überschrift dient als Schlagzeile
Als Überschrift dient die berufliche Position, beziehungsweise die Tätigkeit. Diese sollte wie eine Schlagzeile gestaltet und optisch hervorgehoben sein, weil damit die Aufmerksamkeit des Lesers erregt wird: Meist nennen Bewerber darin ihre Position, die sie derzeit bekleiden, etwa "Controller" oder "Web-Designer". In der weiteren Abfolge muss die Annonce Informationen enthalten, die sich grob in das Raster "Ich biete" (eigene Stärken) / "Ich habe" (Ausbildung, berufliche Praxis) / "Ich suche" (Beschreibung der gewünschten Tätigkeit) einordnen lassen. Folgende Fakten dürfen dabei nicht fehlen:
- Bewerberdaten wie Alter, Geschlecht und eventuell Wohnort
- Positionsbestimmung durch Angabe von Branche, Rang und Aufgabenbereichen
- Schlüsselqualifikationen
- bisherige Leistungen und Erfolge
- Postanschrift oder E-Mail-Adresse
Abkürzungen vermeiden
Abkürzungen sollten auch in Fachpublikationen vermieden werden, da Personalchefs in ihnen zunehmend Zeichen mangelnder Kreativität sehen. Ein Stellengesuch könnte dann etwa so lauten:
- "Für mich, Diplom-Journalist, 32 Jahre, sprechen: Engagement, Ideenreichtum, Führungsstärke, technisches Know-how. Schwerpunkte: Kultur- und Lokaljournalismus, Öffentlichkeitsarbeit. Erfolgreiche Mitarbeit in grossen Tageszeitungen und Pressestellen, Auslandspraktika, Erfahrung im Web Design."
Obwohl in diesem Gesuch viele formale Kriterien erfüllt wurden, spricht es dennoch wenig für den Bewerber. Hier wären der Mut zur Lücke und eine offensivere Anrede wünschenswert. Der gleiche Bewerber könnte auch so für sich werben:
- "Sie suchen einen engagierten Redaktionsleiter, der ideenreich und dennoch praxisorientiert ist? Dann rufen Sie mich, 32, an. Ich biete sechs Jahre Berufserfahrung in grossen Tageszeitungen und Pressestellen mit Vorliebe für Kultur- und Lokaljournalismus."
Das zweite Stellengesuch ist nicht nur kürzer, es kommt auch schneller auf den Punkt. Die Tatsache, dass der Bewerber eine leitende Tätigkeit sucht, wird im ersten Beispiel zudem gar nicht deutlich, das zweite Beispiel spricht diesen Punkt konkret an.
Am Stellengesuch sollte der Bewerber nicht sparen
Die Frage, wie viel der Bewerber in eine einzelne Annonce investieren soll, lässt Personalchefs mitunter schmunzeln. Denn die haben längst eine goldene Regel entdeckt, die sagt, dass der Durchschnittsbewerber bereit ist, zehn bis 20 Prozent des angestrebten monatlichen Bruttogehaltes in eine Anzeige zu stecken. "Da wir die Anzeigenpreise kennen, kann man also bei einem Stellengesuch oft schon auf den ersten Blick sehen, welche Vorstellungen der Bewerber von seinem eigenen Wert hat", verrät Karsten Hess.
(Hagen Kunze)