Sprechen Sie Englisch?
So kann ein Bewerbungsgespräch heute beginnen. Englisch wird in international tätigen Firmen nicht mehr nur für den Kundenkontakt vorausgesetzt, sondern ist Konzernsprache geworden.
Mittagessen in der Altstadt von Zug. An den meisten Tischen sitzen Angestellte in Businessanzügen. Sie sprechen Englisch miteinander. Der rasante Vormarsch der "Weltsprache" prägt auch den Stellenmarkt. Mit der Grösse und der internationalen Ausrichtung des Betriebs steigt der Stellenwert von Fremdsprachen.
Sprachkenntnis zählt, nicht das Sprachdiplom
In der ABB Schweiz arbeiten 5800 Angestellte, rund 400 im mittleren und oberen Kader. "Mündlich wird ständig Englisch gesprochen, das hausinterne Intranet informiert aber noch auf Deutsch", sagt Lukas Inderfurth, Pressesprecher ABB Schweiz. Für einen Drittel der Angestellten ist Deutsch die Fremdsprache. Bei Teamprojekten und während Meetings braucht man die "Verbindungssprache" Englisch also auch, um Missverständnisse zu vermeiden.
Die Anforderung "gute Englischkenntnisse" bedeute, dass sich Bewerbende mündlich und schriftlich korrekt ausdrücken können, sagt Inderfurth. Bei der Beurteilung einer Bewerbung setzt die Firma aber nicht nur auf anerkannte Diplome, sondern testet die Fähigkeiten im Vorstellungsgespräch. "Je nach Situation werden Vorstellungsgespräch und Assessments auf allen Kaderstufen ganz oder teilweise in englischer Sprache durchgeführt." Die Bewerbenden erhalten vorher eine Mitteilung.
Verhandlungsgespräche führen können
Michael Engeler arbeitet bei der UBS als Recruiter für den internationalen Bereich im Wealth Management. "Die Arbeitssprache in diesem Bereich ist mehrheitlich Englisch“, sagt er. Für Bewerber bedeutet das, dass in rund der Hälfte der Bewerbungsgespräche Englisch gesprochen wird und die Bank die Bewerbungsunterlagen oft in dieser Sprache einfordert. "'Fliessend Englisch' heisst in erster Linie, Verhandlungsgespräche mit den Kunden führen zu können“, erklärt Engeler.
Haben Bewerber, die Englisch auf dem Niveau Berufsabschluss oder Maturität beherrschen, also keine Chancen? "Wenn alle andern Anforderungen erfüllt sind und sie bereit sind, ihre Kenntnisse rasch zu vertiefen, prüfen wir die Bewerbung", sagt Engeler. Und es sei auch möglich, mit andern Fremdsprachen zu punkten. "Denn auch Französisch und Spanisch werden bei Kundenkontakten häufig gebraucht."
Das Informationsportal der Bank zu "Job/Karriere" führt bei Stellen, für die ein Bachelor- oder Masterabschluss verlangt wird, direkt auf die internationale Firmenhomepage. Ob Bewerber dann schliesslich in Zürich oder Singapur arbeiten, ist zweitrangig. Denn die Kundensprache ist Englisch. Neueinsteiger erhalten aber wenn nötig Unterstützung, um ihr Sprachniveau mit Intensivkursen zu verbessern. Und jährlich bietet die Bank rund 1000 Angestellten die Möglichkeit, temporär in einer Auslandsniederlassung der Bank zu arbeiten.
Sprachlücken nicht verheimlichen
Der hohe Stellenwert der Weltsprache Englisch prägt auch die Hochschulausbildung. Wer an der HSG St. Gallen, der Management-Kaderschmiede, einen Masterabschluss macht, geht in der Regel vorher einige Monate an eine Universität in den USA oder in Asien. Gute Englischkenntnisse sind aber auch für Ingenieure Pflicht. "In den Master-Studiengängen der ETH Zürich wird meist Englisch unterrichtet", sagt die Karrierecoach Barbara Leu. "Bei Sprachlücken ist es wichtig, diese nicht zu verheimlichen oder kleinzureden", betont die Fachfrau. "Besser ist es, sich zu informieren, was für die Stelle tatsächlich verlangt wird." Oft sei das vor allem der branchenspezifische Fachjargon, den man sich rasch aneignen könne. Allerdings: Nur vier von zehn Unternehmen bieten ihren zukünftigen Angestellten Unterstützung in Form von Kursen an.
Sprachmuffeln bleibt der Trost, dass Fremdsprachen zwar immer wichtiger werden, doch nur in rund 40 Prozent der Unternehmen regelmässig angewendet werden müssen. Das ergab eine Umfrage unter 2000 Unternehmen. In der Deutschschweiz gaben 39 Prozent der Unternehmen an, dass im Arbeitsalltag regelmässig Französisch kommuniziert wird, Englisch kommt auf einen Anteil von 37 Prozent. (Quelle: "Fremdsprachen in Schweizer Betrieben", Fachhochschule Nordwestschweiz, 2006)
Weitere Tipps:
- Informieren Sie sich genau, welche Sprachanforderungen für die Stelle gewünscht sind
- Allgemein gilt, dass man bei der Einschreibung in einen Sprachkurs auf anerkannte Diplome achten sollte (zum Beispiel das "Cambridge-Zertifikat"). Sprachkurse finden Sie bei: www.berufsberatung.ch
- Wenn in erster Linie Geschäftsenglisch für Korrespondenz verlangt wird, empfiehlt sich ein Kurs in Business-Englisch.
- Bei Stellen im höheren Kader nachfragen, ob im Bewerbungsgespräch auch Englisch gesprochen wird. Mit einem persönlichen Lehrer kann man sich gezielt darauf vorbereiten (zum Beispiel: "Flying Teachers" www.sprachunterricht.ch )
- Beim Nachweis von Auslandkursen zählen nicht nur anerkannte Diplome und die Dauer, sondern auch der Aufenthalt in einer Gastfamilie als kulturelle Bildung oder eine bestimmte Lernmethode für Gesprächsführung. Anbieter Sprachaufenthalte: www.salta.ch
- Executive-Kurse im Ausland – in der Regel 2-3 Wochen Intensivkurs - konzentrieren sich auf Anforderungen in Spezialbereichen wie Finanzwelt oder Ingenieurbereich (www.businessclass.ch).