So meistern Sie Ihre Probezeit mit Bravour
Das Studium, der Bewerbungsmarathon, die Stelle: Wer zum ersten Tag im neuen Job antritt, hat oft schon einen wahren Hürdenlauf hinter sich. Auch die Anfangszeit auf der neuen Position ist meist nicht frei von Klippen, die es zu umschiffen gilt.
Die Bewerbung hat geklappt, nun steht die Probezeit bevor. Kommt auf der Schwelle zum neuen Arbeitsplatz ein Gefühl der Verunsicherung auf, dann ist zu bedenken: Auch dem Arbeitgeber ist es ein Anliegen, dass die Probezeit zu einem Erfolg wird. Der Vorgesetzte und die Personalabteilung gehen davon aus, für die Besetzung der Stelle die richtige Wahl getroffen zu haben. Nun wollen sie den neuen Mitarbeitenden möglichst schnell mit dem Tagesgeschäft vertraut machen.
On-Boarding statt Probezeit
"Wir möchten die Leute so schnell und gut wie möglich mit an Bord unseres Unternehmens nehmen, deswegen sprechen wir lieber von 'on boarding' als von Probezeit", sagt Roswitha Korte, Leiterin Rekrutierung der Axa Winterthur Versicherungen.
Dennoch, wer am Arbeitsplatz neu dazustösst, steht unter Beobachtung und hat seine fachlichen sowie sozialen Kompetenzen unter Beweis zu stellen. Das gilt für Uniabgänger genauso wie für Kaderleute. Wird nichts anderes vereinbart, dauert die Probezeit einen Monat und beide Vertragspartner können das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Frist von sieben Tagen kündigen. Das Gesetz bietet aber die Möglichkeit, eine Probezeit von bis zu drei Monaten in den Arbeitsvertrag aufzunehmen; viele Firmen entscheiden sich für diese maximale Variante.
Soft Skills in der Probezeit
Engagement, Flexibilität, Freude an der Arbeit, Offenheit für Neues, Proaktivität, Pünktlichkeit: Auf jene Eigenschaften, die für eine erfolgreiche Karriere ohnehin erforderlich sind, kommt es in der Probezeit ganz besonders an.
Rückmeldungen über die Leistung nehmen einen wichtigen Platz ein. Diese können spontan zustande kommen, die meisten Firmen bauen dazu aber auch fixe Gesprächsmöglichkeiten ein. Die SBB zum Beispiel führen Gespräche nach dem ersten Arbeitstag, nach der ersten Woche und abschliessend beim Ende der Probezeit. Der Führungskraft habe die Aufgabe, dem neuen Mitarbeitenden auch zwischendurch regelmässig Rückmeldungen zu geben – auch nach der Probezeit, so Christian Ginsig, Mediensprecher der SBB.
Einfach und effektiv: Notizbuch führen
Manchmal sei es hilfreich, selbst ein Notizbuch zu führen, in dem man bestimmte Arbeitsabläufe festhalten kann, sagt Roswitha Korte. Denn in einem grossen Unternehmen wie Axa Winterthur müsse man zunächst seinen Weg finden, vor allem wenn man aus einer mittleren oder kleinen Firma komme. "Grosse Firmen ticken einfach anders. Man muss lernen, hinter die Kulissen zu schauen, um zu erkennen, wer an welchen Fäden zieht."
Um die neuen Dimensionen richtig einzuschätzen, braucht es umso mehr ein offenes Auge. Überheblichkeit komme nie gut an, warnt Korte: "Das Schlimmste ist, wenn die Leute sofort mit Bestimmtheit sagen, ja, ich weiss, wie es geht." Christian Ginsig von den SBB bestätigt: "Es macht sich schlecht, bei jedem Satz Vergleiche zum alten Arbeitgeber zu ziehen. Stattdessen sollte man sich auf den neuen Arbeitgeber einlassen".
Auf die Teamfähigkeit kommt es an
Laut dem Psychologen François Eichenberger, Inhaber der Psychologischen Laufbahnberatung Aarau, wollen die Arbeitgeber während der Probezeit vor allem sicherstellen, dass der neue Mitarbeitende gut ins Team passt. Denn die fachtechnischen Fähigkeiten hätten auch die anderen zuletzt übrig gebliebenen Kandidaten.
Ausschlaggebend seien am Schluss somit eher die sozialen Kompetenzen. Darin möchte der Arbeitgeber sich nun bestätigt sehen. Für den neuen Mitarbeitenden heisst dass, dass er in der Probezeit aktiv auf die Kollegen eingehen muss, betont Eichenberger: "Die erste Priorität besteht darin, bei Fragen das Gespräch zu suchen".
Konflikten in der Probezeit vorbeugen
Heikel wird es, wenn man am neuen Arbeitsplatz bei einem der bereits anwesenden Kollegen eine Reserve oder sogar Aversion spürt. Die Gründe können einem rätselhaft erscheinen: Vielleicht durchkreuzt man mit seinem Eintritt ins Unternehmen irgendwelche Pläne des anderen? Umso dringender sollte man den Kontakt zum besagten Kollegen suchen, um mögliche Konflikte vorzubeugen, so Eichenberger: "Der Neue ist immer der Schwächste."
Lädt das Team einen hingegen sofort zum Feierabendbier ein, dann lautet die Devise "mitgehen". Ein bisschen Smalltalk schade nicht: "Es ist wichtig, dass man dem anderen das Signal gibt: Ich bin an dir interessiert". Auch mit der Kleidung setzt der Neuankömmling ein Zeichen der Zugehörigkeit – nicht allzu locker, aber auch ohne Überdosis an Schminke und Schmuck.
(Kristin Kranenberg)