Selbständigkeit - die ersten Schritte wagen
Der Schritt in die Selbständigkeit kann verlockend sein, doch nicht jeder ist geeignet. Worauf Sie achten sollten und warum ein Teilzeitjob finanzielle Stabilität gewährt.
Endlich keinen Chef mehr haben, sich selbst verwirklichen, mehr Flexibilität gewinnen – das sind die Vorstellungen, die viele Menschen mit der Selbständigkeit verbinden. Tatsächlich bringt das freie Unternehmertum einige Vorteile mit sich, vorausgesetzt, man bereitet sich solide darauf vor.
Nicht jeder Mensch ist für die Selbständigkeit geeignet
Dazu gehört beispielsweise eine kritische Selbst- und Fremdeinschätzung. Ist die Selbständigkeit schon lange ein Traum und gehört man zu den Personen, die gern Neues anpacken, initiativ auf andere zugehen, auch Rückschläge einstecken können und nicht vor der zu erwartenden Mehrarbeit zurückschrecken, stehen die Chancen nicht schlecht.
"Introvertierte Menschen, die eher unflexibel sind und ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit haben, sind für die Selbständigkeit hingegen eher ungeeignet", sagt der Leiter des Kompetenzschwerpunkts Integriertes Kommunikationsmanagement an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Norbert Winistörfer. Falls die Selbständigkeitsgelüste aus einer Drucksituation heraus entstehen, sei von der Veränderung ebenfalls eher abzusehen, rät Winistörfer, der sowohl in einem Ratgeberbuch als auch in Kursen die Frage behandelt, wie man sich erfolgreich selbständig macht.
Wirtschaftlicher Durchblick
Neben der Motivation muss insbesondere die Geschäftsidee stimmen, das Kundenbedürfnis sollte genau abgeklärt sein. Meist haben angehende Unternehmer jahrelang Erfahrung in ihrer Branche gesammelt und wissen daher um Chancen und Risiken ihrer Neuausrichtung. Wer hingegen unvorbereitet umsattelt, hat kein Gespür für branchentypische Probleme, mit denen die Konkurrenz schon seit Jahren zurechtkommt.
Doch die Geschäftsidee ist nur ein Teil, mindestens ebenso wichtig ist die Businessplanung. Budgetierung, Liquiditätsberechnung, Vertriebskosten – um eine Auseinandersetzung mit den betriebswirtschaftlichen Grundlagen kommen Selbständige nicht herum. Wer in dieser Hinsicht weder Erfahrung noch Interesse hat, könne die Abklärungen zwar auch von Externen erledigen lassen, sagt Winistörfer. Er rät allerdings dazu, sich durch entsprechende Weiterbildungen selbst das nötige Know-how zu verschaffen, um nicht von Dritten abhängig zu sein.
Individuell versichert
Mit der Selbständigkeit kommen auch neue Versicherungskosten auf Jungunternehmer zu. Beiträge für die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV) und Erwerbsausfallentschädigung (EO) werden fällig. Andere Versicherungen sind freiwillig, etwa eine Unfall- oder Rechtsschutzversicherung sowie eine 2. und 3. Säule.
Eine robuste Gesundheit ist zwar keine Voraussetzung für Selbständige, aber ein enormer Vorteil. Denn Krankheitstage verringern das Einkommen und Erwerbsausfallversicherungen stopfen die Lücke erst nach einer gewissen Frist. "Man sollte eine fundierte Risikoanalyse erstellen. Sie zeigt auf, wie der schlimmstmögliche Fall aussehen könnte. Doch am Ende muss jeder für sich entscheiden, wie viel Risiko er oder sie in Kauf nehmen kann und will", sagt Winistörfer.
Zweigleisig auf Zeit
Der Wechsel vom Angestellten zum Unternehmer ist mit vielen Umstellungen verbunden. Dabei kann es von Vorteil sein, die Veränderungen schrittweise aus dem sicheren Arbeitsverhältnis heraus anzugehen. Deckt der geregelte Lohn einen Teil der Lebenskosten, verringert sich der Erfolgsdruck. "Ein solches Arrangement muss aber mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden, sonst ist Ärger programmiert", sagt Norbert Winistörfer. Denn da man in der Regel ein Geschäft in einer Branche aufbaut, in der man sattelfest ist, stellt sich rasch die Frage nach der Konkurrenz.
"Der Arbeitgeber muss sicher sein, dass man ihm keine Kunden abwirbt und missbräuchlich firmeninternes Know-how verwendet." Grundsätzlich muss sich die Festanstellung gut vom neu gegründeten Business abgrenzen lassen – sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Denn Überstunden in der Festanstellung gehen zu Lasten der neuen Existenz und summieren sich mit dem Mehraufwand fürs eigene Geschäft zu einem unverträglichen Pensum, das nicht lange aufrechterhalten werden kann. "Wer sich mit zwei Jobs verzettelt, kann sich meist zuwenig auf den Aufbau der eigenen Firma konzentrieren", sagt Winistörfer. Die Zweigleisigkeit sollte zeitlich befristet sein, damit das Geschäft nicht nur als Hobby nebenher läuft, sondern möglichst bald ein Haupteinkommen abwirft. Sobald das eigene Unternehmen richtig ins Rollen kommt, setzt man am besten alles auf eine Karte.
Weitere Informationen
Sozialversicherungen
www.ahv-iv.info
Literatur
Norbert Winistörfer: „Ich mache mich selbständig. Von der Geschäftsidee zur erfolgreichen Firmengründung - Ratgeber mit CD-ROM“, 11., vollständig neu erarbeitete Auflage, März 2008, Beobachter-Buchverlag, ISBN: 978-3-85569-391-7, 68.00 CHF