Was sind Schweizer Diplome in der EU wert?

von Monster Contributor

Was ist ein Schweizer Hochschulabschluss im übrigen Europa wert? Dank der bilateralen Verträge werden heute die meisten Diplome anerkannt. Das Prozedere kann allerdings zeitraubend sein.

Von Elias Kopf

Der Zustrom von Ausländern in die Schweiz ist ein Politikum. Dabei geht ganz vergessen, dass im Zug der Globalisierung auch die Auswanderung stark zugenommen hat. Sie beläuft sich auf etwa 30'000 Personen pro Jahr; ungefähr eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer leben mittlerweile im Ausland. Am leichtesten haben es beim Sprung über die Grenze junge und gut ausgebildete Schweizerinnen und Schweizer mit Berufserfahrung.

Mehrere Monate Wartezeit

Ihnen kommt insbesondere die in den bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU beziehungsweise EFTA vereinbarte gegenseitige Diplomanerkennung zugute: «Mit den bilateralen Verträgen erhalten Schweizer und Schweizerinnen Zugang zum Arbeits- und Dienstleistungsmarkt der Vertragspartner. Anerkannt werden dabei die Ausbildungsabschlüsse für jene Berufe, die in den einzelnen Staaten reglementiert sind», erklärt Carmen Steimann vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT).

Als «reglementiert» gelten Berufe, die im Zielland nur mit einem entsprechenden Diplom oder Zeugnis ausgeübt werden dürfen. Erste Anlaufstelle, um ein Diplom anerkennen zu lassen, ist immer die nationale Kontaktstelle des Staats, in dem man arbeiten möchte. Diese bietet Beratung und vermittelt die Koordinaten der zuständigen Bewilligungsbehörden. Dort erhält man die Information, welche Dokumente einzureichen sind. Das Prozedere kann sich über mehrere Monate hinziehen. «Wer im Ausland arbeiten möchte, sollte daher frühzeitig mit den Vorbereitungen beginnen», rät Steimann.

Hochschulzugang ist separat geregelt

Die freie Fahrt für Diplomierte gilt allerdings nur in der Arbeitswelt – also ausserhalb der Universitäten und Fachhochschulen. Der Hochschulzugang ist dagegen im Abkommen über die Personenfreizügigkeit nicht geregelt. Schweizer Absolventen können daher nicht auf ihre Titel pochen, wenn sie in der EU ein weiterführendes Studium absolvieren möchten.

Doch immerhin hat unser Land mit den vier Nachbarstaaten separate Regelungen vereinbart, welche die Anerkennung von akademischen Titeln an Universitäten und Fachhochschulen erleichtern. So wurden bereits 1994 mit Österreich und Deutschland entsprechende Abkommen zur Anerkennung von Hochschuldiplomen unterzeichnet. 2002 wurde mit Deutschland zudem eine Ergänzung ratifiziert, die auch die FH-Diplome berücksichtigt.

Besondere Abkommen mit Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich

Auch in Italien können sich Inhaber eines schweizerischen Fachhochschuldiploms seit 2001 an den Universitäten und Technischen Hochschulen zu denselben Bedingungen immatrikulieren, wie sie es an den Universitäten und Eidgenössischen Technischen Hochschulen in der Schweiz tun könnten.

Zwischen Frankreich und der Schweiz besteht ebenfalls ein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen an Hochschulen. 2008 wurde das Abkommen erneuert und in der Schweiz auf die Fachhochschulen und die pädagogischen Hochschulen und in Frankreich auf die Ingenieurschulen ausgedehnt. Darüber hinaus ist die Schweiz Teil der Lissabonner Konvention, die den Zugang zu den Hochschulen regelt. Detaillierte Infos liefert das Informationsnetz zur Anerkennung von Diplomen in Europa.

Von Kanton zu Kanton verschieden

Die Diplomanerkennung für reglementierte Berufe ist gegenseitig. Sie gilt nicht nur für Schweizer Bürger, die in die EU auswandern, sondern auch für Menschen aus der EU, die in der Schweiz arbeiten wollen. Die meisten Berufe sind allerdings nicht reglementiert und können somit ohne staatliche Diplomanerkennung ausgeübt werden.

Keine nationale Regelung gibt es hingegen für EU-Bürger, die an einer hiesigen Hochschule weiterzustudieren wollen. Sie müssen sich aufgrund der föderalen Struktur der Schweiz direkt an die entsprechende Universität oder Fachhochschule wenden. «Die kantonalen Hochschulen sind im Rahmen der kantonalen Gesetzgebungen und die beiden ETHs im Rahmen des ETH-Gesetzes bei der Feststellung von akademischen Äquivalenzen weitgehend autonom», sagt Christine Gehrig, Leiterin der Informationsstelle für Anerkennungsfragen Swiss ENIC.

Checkliste Diplomanerkennung

1. Sich bei der Kontaktstelle des Aufnahmestaats informieren.

2. Zuständige Bewilligungsbehörde klärt Gleichwertigkeit des Diploms ab. Dazu sind folgende Dokumente bereitzuhalten:

  • vollständig ausgefülltes Bewerbungsformular
  • Pass- oder Personalausweis
  • Diplom
  • Nachweis über Berufspraxis
  • Falls verlangt: Leumundszeugnis, Gesundheitszeugnis, Führungszeugnis, Betreibungsregisterauszug

3. Wichtige Dokumente in eine der Landessprachen des Aufnahmestaats übersetzen und wenn nötig beglaubigen lassen.

4. Niemals Originale, immer nur Kopien einreichen.

Weitere Informationen

Auswanderung allgemein
Bundesamt für Migration www.swissemigration.ch/

Diplomanerkennung
Bundesamt für Berufsbildung und Technologie www.bbt.admin.ch/themen/hoehere/00169/index.html?lang=de

Informationsnetz zur Anerkennung von Diplomen in Europa
www.enic-naric.net