Schreibtipps fürs Anschreiben
Das Anschreiben schafft bei einer Bewerbung den allerersten Eindruck. Darum sollte man sich viel Zeit nehmen - für wenig Text. Aussagekräftig muss er trotzdem sein.
"Was mich interessiert, ist vor allem die Motivation, warum sich jemand auf eine Stelle bewirbt", sagt Peter Eichenberger. Er arbeitet bei UBS Schweiz im Recruitment-Services-Center in Zürich und sichtet Bewerbungen für Praktikantenplätze ebenso wie für Kaderstellen. Hat er den Eindruck, der Kandidat ist hoch motiviert und will unbedingt genau diesen Job, liest er die Bewerbung mit grosser Offenheit. Hat er dagegen ein Standard-Anschreiben vor sich, was er nach eigener Aussage stets merkt, ist das Interesse geringer.
Den Personalisten überzeugen
Maximal drei kurze Abschnitte empfiehlt er, wobei er nicht die Punkte wiederholt sehen möchte, die im Inserat angeführt sind. "Teamfähigkeit oder Flexibilität setzen wir voraus." Eichenberger ist wichtiger, dass die wenigen Sätze tatsächlich einen Eindruck von der Persönlichkeit des Bewerbers vermitteln. Es ist für ihn dabei zweitrangig, ob der Text im Konjunktiv geschrieben ist oder nicht. Hauptsache, der Eindruck ist authentisch. Mit Selbstlob sollte man sich allerdings zurückhalten - ein eher protziger Ton kommt nicht gut an.
Die Motivation hält auch Christoph Dengler für entscheidend. Der Berufs- und Laufbahnberater vom S&B Institut in Bülach spricht darum auch von Motivationsbrief statt von Anschreiben. Denn es gilt zu zeigen, warum man genau der richtige Bewerber ist. Das in wenigen Sätzen exakt auf den Punkt zu bringen, ist aufwändig und kostet Zeit. "Für ein gutes Schreiben kann man einen halben Tag einplanen", sagt er.
Anschreiben mit drei Absätzen
Drei Absätze sind seiner Meinung nach ideal, die dem Prinzip "Sie, ich, wir" folgen. Diese stellen zuerst die Firma, dann den Bewerber und schliesslich die gemeinsame Zukunft in den Mittelpunkt.
Absatz 1: Die Motivation für den Job aufzeigen
Der erste Abschnitt beantwortet die Frage: Warum kommen Sie zu uns? "Da kann man ruhig ein bisschen Begeisterung zeigen", meint er. Zum Beispiel so: "...weil die Post ein interessantes Grossunternehmen ist, bei dem ich auch Kunde bin", - das komme sympathisch an, sagt Dengler.
Absatz 2: Anforderungen mit Leben füllen
Der zweite Absatz zeichnet ein Bild der Persönlichkeit, das die im Inserat genannten Anforderungen mit Leben füllt. "Ich habe mit südamerikanischen Firmen Verträge aufgesetzt", sagt dabei mehr als die Floskel "Fremdsprachen sind für mich kein Problem."
Mit konkretem Inhalt und treffend formuliert, sollten diese Sätze dem HR-Verantwortlichen das Gefühl geben, abgeholt zu werden. Sie sollten den Eindruck erwecken: Der Bewerber hat verstanden, was wir brauchen und kommt uns entgegen. Bewirbt man sich blind bei einer Firma, muss man vorher selbst herausfinden, was etwa einen Projektleiter auszeichnet und was von ihm erwartet wird.
Absatz 3: Wie es weitergeht
"Der dritte Abschnitt zeigt schnörkellos, klar und direkt, wie es zusammen weitergeht", sagt der Berater aus Bülach. "Ich freue mich auf die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch", hält er darum für einen guten Schlusssatz.
Banalitäten vermeiden
Einen Serienbrief zu schreiben, ist für ihn der sträflichste Fehler, denn damit kann kein Bewerber seine Motivation für eine bestimmte Stelle überzeugend erklären. Christina Künzle hält zudem Platitüden im Anschreiben für den grössten Fauxpas. Sie arbeitet bei choice ltd. Zürich im executive and business coaching und rät dringend von Banalitäten ab: "Hiermit bewerbe ich mich auf die Stelle..." zum Beispiel sei überflüssig, sagt sie. Auch die Information, warum der Bewerber eine neue Stelle sucht, sei uninteressant. Was zählt, ist auch in ihren Augen, warum er genau diesen Job will.
Saubere Analyse des Jobprofils
Künzle empfiehlt zuerst eine saubere Analyse des Inserats oder des Jobprofils, um die zwei, drei wichtigsten Punkte herauszufinden. Dabei kann auch ein Anruf bei der Firma helfen, in dem sich der Bewerber nach den drei wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine Rekrutierung erkundigt. "Dazu kommt dann auch der Erinnerungswert, wenn die Bewerbung auf dem Tisch liegt: "Ach ja, mit dem habe ich ja schon gesprochen", sagt die Expertin.
Für diese Analyse rät sie, Wort für Wort aufzuschreiben und zu überprüfen, was man jeweils dazu zu sagen hat. Woran konkret kann der Bewerber zeigen, dass er offen und kommunikativ ist? Trifft es auf ihn überhaupt zu, und kann er das überzeugend belegen?
Tipp: An Werbeslogans anknüpfen
Werbeslogans des Unternehmens aufzugreifen, hält die Beraterin aus Zürich ebenfalls für gut. Wirbt ein Unternehmen mit "Fortschritt für Technik", kann man das im Anschreiben anführen und mit der Aussage verbinden: "Darin sehe ich auch meine Stärke", - am besten mit dem konkreten Hinweis auf eigenes Engagement im Bereich Innovation.
Man sollte ausserdem eines vermeiden, den Text mit originellen Redewendungen zu schmücken. Vor allem für Führungskräfte ist laut Christina Künzle das oberste Gebot: das Wichtige sachlich auf den Punkt zu bringen.
(Christiane Deuse, 2007)