Die erfolgreiche Salärverhandlung
Ob im Bewerbungsgespräch oder gegenüber dem Chef: Für erfolgreiche Salärverhandlungen braucht man Geschick und gute Argumente. In unserem zweiteiligen Artikel sagen wir Ihnen, wie es geht.
"Es geht im ersten Gespräch praktisch nie um das Salär", sagt Michael Hutter von der auf Outplacement spezialisierten Beratungsfirma Grass & Partner. Die Frage des gewünschten Verdienstes wird in der Schweiz wesentlich delikater behandelt als beispielsweise in den USA oder Deutschland. Laut Hutter dient das erste Gespräch seitens der Personalentscheider dazu herauszufinden ob die Person zum Unternehmen und zur Stelle passt. Auch seitens der Kandidaten schaut man demnach im ersten Gespräch, ob einem das Unternehmen und die offene Position mit ihren Aufgaben gefallen. "Die Frage nach dem Salär wird in einem ersten Gespräch als zu schroff empfunden", meint Hutter.
Nicht zu voreilig
Ähnlich klingt es bei Ken Lewin vom Personalberatungsunternehmen Michael Page, der dort für die Bereiche Finanzen, Healthcare und HR verantwortlich ist. Im ersten Interview lernt man sich also kennen und lotet aus, "ob es passt oder nicht". Nur wenn man direkt nach dem Salärwunsch gefragt wird, kann man darauf antworten. Von sich aus sollte man das Thema nicht ansprechen. Ausserdem kann man so in Ruhe erst einmal herausfinden, wie die Stelle aussieht und welche Leistungen genau erwartet werden. Das erleichtert eine umfassend abgestützte Einschätzung.
Ums Geld geht’s dann aber doch im zweiten Gespräch. Meist frage der Arbeitgeber, wie die Vorstellungen aussehen, sagt Hutter. Darauf sollte man nicht gleich mit einer Zahl antworten, rät er. Für den Bewerber ist es vielmehr optimal, mit einer Gegenfrage zu antworten. Beispielsweise könne man sagen bisher in einer anderen Branche gearbeitet zu haben, oder dass das bisherige Unternehmen gänzlich anders gewesen sei. Dann könnte man nach den Vorstellungen des Arbeitgebers für das Salär fragen.
Vorstellungen ausloten
Eine andere Möglichkeit ist, den bisherigen Verdienst zu nennen und diese Summe als Ausgangsbasis zu nehmen. Dabei muss man aber vorher seinen Verdienst realistisch bewerten, rät Lewin. Denn vielleicht war man bereits vergleichsweise gut bezahlt. Doch könne man auch sagen, wenn man mit dem bisherigen Lohn nicht zufrieden war.
Lewin glaubt, dass bei einem Stellenwechsel eine finanzielle Verbesserung von 10 bis 20 Prozent durchaus ein realistisches Ziel ist. War man aber schon bisher fair bezahlt, sind grosse Sprünge unwahrscheinlich. Und winkt eine Stelle mit faszinierenden neuen Aufgaben, muss das Salär nicht einmal höher sein als bisher.
Offen sprechen, aber nicht feilschen
Allerdings, betont Hutter, sollte man sich vor den Gesprächen eine untere Limite setzen, die nicht unterschritten werden darf. Wer beispielsweise Familie und Hypothek hat, braucht ein gewisses Mindesteinkommen und kann keine Angebote darunter akzeptieren.
Bei diesem sanften Herantasten an das Thema Salär entspannt sich dann eine Diskussion. "Man sollte offen sprechen, aber nicht feilschen", sagt Lewin. Das meint auch Hutter, vor allem mit Blick auf die heutige Wirtschaftslage. Es könnte besser sein in einem halben Jahr nochmals über das Salär zu sprechen, wenn der Arbeitgeber auf die eigenen Leistungen nicht mehr verzichten möchte und sich dann fragen muss ob er lieber eine Lohnerhöhung bezahlen oder allenfalls die ganzen Kosten für eine Neurekrutierung tragen möchte.
Alternativen berücksichtigen
Als Rückzugsvariante kann man noch Nebenleistungen ins Spiel bringen, meint Hutter. Denn vielleicht ist es in Ordnung etwas weniger zu verdienen, dafür aber einen Tag zu Hause zu arbeiten oder eine Woche mehr Urlaub zu erhalten. Ein Firmenwagen kann auch steuertechnisch interessant sein und manche Firmen übernehmen die Kosten der Krankenkasse.
Vor allem aber stehen diese Möglichkeiten jedem und nicht nur Topmanagern offen, sagt Hutter. Auch ein Migros-Verkäufer könne nach einer Woche mehr Ferien oder dem Gratis-Besuch von Klubschul-Kursen fragen.
Harmonie statt Machtprobe
Die besondere Bedeutung eines harmonischen Gesprächsverlaufs betont auch Hanspeter Steffen, Geschäftsführer der Activa Selection AG in Zürich. Nach seinen Erfahrungen sollte man es bei der Salärverhandlung nicht auf eine Machtprobe hinauslaufen lassen, in der schlimmstenfalls von der einen oder anderen Seite gar mit Kündigung bei Nichterfüllen der Forderung gedroht wird.
"Wenn sich zwei verbeissen kommt man selten weiter", sagt er. Allerdings würden Verträge heute oft auch mit einer leistungsbasierten Komponente abgeschlossen. Da bekomme man nicht mehr automatisch bei jedem Stellenwechsel mehr Lohn. Gute Karten haben hingegen Mitarbeiter mit einer längeren Betriebszugehörigkeit. Diese sei, ebenso wie eine möglichst geringe Zahl von Absenzen, ein Zeichen von Loyalität. "Je länger man bei einer Firma ist, umso besser ist die Verhandlungsposition", sagt Steffen.
(Alexander Saheb, 16.06.2009)