Rechte und Pflichten bei Temporärarbeit
Bei der Temporärarbeit wird in einem Einsatzbetrieb im Auftrag der Temporärfirma gearbeitet. Ein spezielles Gesetz trägt den Besonderheiten dieser Arbeitsform Rechnung.
Das Arbeitsvertragsrecht im OR enthält keine Sondernormen für die Temporärarbeit. Geregelt ist diese vielmehr im Arbeitsvermittlungs- und Personalverleihgesetz (AVG). In einem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis stehen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenüber. Anders bei Temporärarbeit, hier sind drei Parteien beteiligt: Die Temporärfirma, eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer und der Einsatzbetrieb. Der eigentliche Arbeitsvertrag besteht nur zwischen Temporärfirma und dem Temporärarbeitnehmer. Die Temporärfirma schuldet den Lohn und ist für die Einhaltung der Sozialversicherungspflichten verantwortlich.
Schriftlicher Vertrag notwendig
Der Arbeitsvertrag muss gemäss Art. 19 Abs. 1 AVG schriftlich abgefasst werden. Der Beginn des Arbeitseinsatzes muss ebenso festgehalten sein wie die Kündigungsfrist, die Arbeitszeiten, der Lohn, allfällige Spesen und Zulagen sowie die Sozialversicherungsabzüge. Weitere vertragliche Inhalte sind Leistungen bei Überstunden, Krankheit, Mutterschaft, Unfall, Militärdienst und Ferien. Soweit in der Einsatzbranche ein Gesamtarbeitsvertrag gilt, muss die Temporärfirma die Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen einhalten.
Oft wird mit der Temporärfirma vorerst nur ein Rahmenvertrag abgeschlossen, der die allgemeinen Einsatzbedingungen festhält. Erst wenn es zu einem Arbeitseinsatz kommt, wird für diesen Einsatz ein individueller Arbeitsvertrag vereinbart. Der einzelne Arbeitseinsatz kann abgelehnt werden. Gleichzeitig erwächst aus dem Rahmenvertrag auch kein Anspruch auf Beschäftigung.
Verkürzte Kündigungsfristen
Soweit das AVG keine Sonderbestimmungen enthält, gelten für den Arbeitsvertrag zwischen Temporärfirma und Temporärarbeitnehmer die Bestimmungen des OR. Eine Sondernorm betrifft die Kündigung. Nach Art. 19 Abs. 4 AVG gilt in den ersten drei Monaten ununterbrochener Anstellung eine Frist von zwei Tagen, zwischen dem vierten und sechsten Monat eine Frist von sieben Tagen. Bei längerer ununterbrochener Tätigkeit sind wiederum die normalen Kündigungsfristen gemäss OR maßgebend.
Temporärarbeit ist für viele bloss eine Übergangslösung, oft auch, um die Arbeitslosigkeit zu verhindern. Was gilt daher, wenn der Einsatzbetrieb eine feste Anstellung anbietet? Im Interesse der Temporärfirma ist dies nicht, sie verdient schliesslich beim Arbeitseinsatz mit. Das Gesetz schützt jedoch vor einer überlangen Bindung an die Temporärfirma. Vertragliche Abmachungen über ein Verbot, beim Einsatzbetrieb oder eine feste Stelle anzunehmen, sind nichtig (Art. 19 Abs. 5 AVG).
Rechte und Pflichten gegenüber dem Einsatzbetrieb
Wie in jedem Arbeitsverhältnis gibt es Rechte und Pflichten im Einsatzbetrieb, auch wenn zwischen der Einsatzfirma und dem Temporärarbeitnehmer kein Vertrag besteht, sondern nur zwischen Temporärfirma und Arbeitnehmer. So steht der Einsatzfirma das Weisungsrecht zu, aber nur für solche Arbeiten, die im Arbeitsvertrag festgehalten sind. Der Einsatzbetrieb wiederum ist zur Einhaltung der Fürsorgepflicht gehalten. Er muss namentlich dafür sorgen, dass die Persönlichkeit des Temporärarbeitnehmers geschützt ist und dass die Gesundheitsvorschriften eingehalten werden.
(Prof. Dr. iur. Kurt Pärli, 2007)
Prof. Dr. iur. Kurt Pärli
ist Dozent und Forscher an der Zürcher Hochschule
Winterthur, Institut für Wirtschaftsrecht,
Zentrum für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
(www.zar.zhwin.ch).