Kündigung und Kündigungsschutz
Das schweizerische Kündigungsrecht ist ausgesprochen liberal. Nur bei Krankheit und ähnlichen Gründen erfahren Arbeitnehmende einen zeitlich beschränkten Kündigungsschutz.
In der Praxis ist oft von "Kündigung im gegenseitigen Einverständnis" die Rede. Das ist Unsinn. Eine Kündigung ist ein einseitiger Akt, eine Vertragspartei erklärt der anderen Vertragspartei, sie wolle das Vertragsverhältnis auflösen. Auf Verlangen ist die Kündigung zu begründen. Ausgangspunkt des schweizerischen Arbeitsrechts ist die Kündigungsfreiheit. Arbeitnehmende und Arbeitgebende sind grundsätzlich frei, ein Arbeitsverhältnis im Rahmen der gesetzlichen und vereinbarten Kündigungsfristen zu künden. Sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber einig, ein Arbeitsverhältnis ausserhalb der Kündigungsfristen auflösen zu wollen, kommt als Alternative auch ein "Vertrag über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses" in Frage. Ein solcher Vertrag ist indes nur gültig, wenn der Arbeitnehmer durch diesen Vertrag nicht auf ihm zustehende Ansprüche (zum Beispiel Lohnfortzahlung und Kündigungsschutz bei Krankheit, Ferien) verzichtet.
Kündigungsfristen
Kündigungsfrist ist der Zeitraum zwischen Mitteilung der Kündigung und dem Ende des Arbeitsverhältnisses. In der Probezeit (längstens drei Monate) beträgt die Kündigungsfrist lediglich eine Woche. Nach Ablauf der Probezeit sieht das Gesetz im ersten Dienstjahr eine Kündigungsfrist von einem Monat, ab zweiten bis neuntem Dienstjahr eine Frist von zwei und anschließend von drei Monaten vor. Im Arbeitsvertrag können diese Fristen verlängert werden. Die Fristen müssen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer gleich lang sein.
Liegen Gründe für eine fristlose Kündigung vor, wie etwa schwerer Vertrauensmissbrauch, Diebstahl, sexuelle Belästigung, darf das Arbeitsverhältnis sowohl vom Arbeitgeber wie vom Arbeitnehmer fristlos gekündigt werden.
Kündigungsschutz bei Krankheit und anderen Gründen
Nach Art. 336c OR darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nicht künden, wenn sich dieser in einer der vier folgenden Situationen befindet:
- mindestens elf Tage dauernder obligatorischer Militärdienst, Zivilschutz oder Rotkreuzdienst
- Krankheit oder Unfall
- Schwangerschaft und Niederkunft
- Teilnahme an einer ausländischen Hilfsaktion des Bundes
Der in der Praxis besonders wichtige Kündigungsschutz bei Krankheit ist nach Dienstjahren abgestuft. Im ersten Dienstjahr beträgt die Kündigungsschonfrist einen Monat, nach zwei bis fünf Dienstjahren drei Monate und ab dem sechsten Dienstjahr sechs Monate. Nach Ablauf dieser Schonfristen darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist künden, selbst dann, wenn der Arbeitnehmer weiterhin krank ist.
Missbräuchliche Kündigungen
Auch eine Rachekündigung, eine Kündigung wegen gewerkschaftlichen Aktivitäten, wegen bestimmten politischen Ansichten oder Persönlichkeitsmerkmalen, ist gültig und beendet das Arbeitsverhältnis. Solche Kündigungen sind jedoch gemäss Art. 336 OR missbräuchlich und führen zu einer Entschädigungspflicht für den Arbeitgeber (oder den Arbeitnehmer), der ein Arbeitsverhältnis aus missbräuchlichen Gründen kündet.
Prof. Dr. iur. Kurt Pärli
ist Dozent und Forscher an der Zürcher Hochschule
Winterthur, Institut für Wirtschaftsrecht,
Zentrum für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
(www.zar.zhwin.ch).