Quereinsteiger: Passende Fähigkeiten vorzeigen
Viele träumen davon, die Branche zu wechseln oder beruflich neu zu beginnen. Engagement, Interesse und Flexibilität sind die wichtigsten Qualitäten bei einer Bewerbung als Quereinsteiger. Mit ein bisschen Glück und Geduld steht der erfolgreichen Stellensuche in einem fachfremden Gebiet nichts mehr im Weg.
Die schweizerische Konjunktur läuft gut, und Fachleute auf unterschiedlichen Gebieten sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Damit sind auch die Möglichkeiten grösser, ohne spezifische Ausbildung oder gar ohne einschlägige Berufserfahrung in einem neuen Arbeitsgebiet einzusteigen. Hierzulande heissen sie Quereinsteiger. Für sie ist es enorm wichtig, ihr Engagement und ihr Interesse kundzutun, um die gewünschte Stelle zu bekommen.
Geringe Chancen bei ausgeschriebenen Stelleninseraten
"Über ausgeschriebene Stelleninserate haben Quereinsteiger fast keine Chance. Denn bei der ersten Selektion wird auf das fachliche Profil geschaut", bestätigt Trudy Dacorogna-Merki-Merki, die ein Standardwerk zum Thema Stellensuche verfasst hat. Die Zürcher Personal- und Laufbahnberaterin hat in ihrer langen Berufspraxis die Erfahrung gemacht, dass Quereinsteiger bei der Stellensuche andere Wege gehen müssen: "Sie sollten unbedingt das persönliche Netzwerk ausnützen."
Das persönliche Netzwerk nutzen
So bietet es sich zum Beispiel an, im Bekanntenkreis zu erzählen, welche Art von Stelle man sucht. Wer das Glück hat, jemanden in der gewünschten Branche persönlich zu kennen, sollte diese Hilfe in Anspruch nehmen. Personalverantwortliche schenken persönlichen Empfehlungen von eigenen Mitarbeitenden oft besondere Aufmerksamkeit.
Trudy Dacorogna-Merki: "Eine solche Bewerbung wird in der Regel sehr wohlwollend geprüft. Das erhöht die Erfolgschancen." Das Plus für die Unternehmungen: So können sie die teure und zeitraubende Personalselektion umgehen. Ein weiterer aussichtsreicher Weg für Quereinsteiger sind daher auch Spontanbewerbungen, mit denen sie die Aufmerksamkeit besser auf sich lenken können.
Besonderheiten im Bewerbungsschreiben
Ist der richtige Bewerbungskanal erst gefunden, müssen auch beim Bewerbungsschreiben einige Punkte beachtet werden. Besonders wichtig ist es, die Motivation für den Wechsel plausibel zu machen und sein überdurchschnittliches Interesse an einem neuen Berufsfeld kundzutun. "An der Vergangenheit kann man nichts verändern. Aber man sollte auf jede kleinste Erfahrungen hinweisen, die man im gewünschten Gebiet gesammelt hat: während Schnuppertagen, Praktikumsstellen oder durch eine Freizeitbeschäftigung", betont Trudy Dacorogna-Merki.
Um die eigenen Erfahrungen und Fähigkeiten besser zu präsentieren, sollten Quereinsteiger im Bewerbungsschreiben stichwortartig beschreiben, welche Aufgaben sie an bisherigen Arbeitsstellen erfüllt haben. Sinnvoll ist es, diejenigen Aufgaben hervorzuheben, die einen Bezug zum neuen Arbeitsgebiet haben. Mangelnde Berufserfahrung auf einem bestimmten Gebiet kann auch mit ausserberuflichen Erfahrungen und Engagements wettgemacht werden. Etwa mit einer langjährigen Vorstandsarbeit in einem Verein, einem politischen Engagement oder einer nebenberuflichen Tätigkeit als Beistand.
"Als Quereinsteiger muss man sich noch besser verkaufen als sonst", bestätigt Franziska Stauffer, Berufsberaterin am Laufbahnzentrum der Stadt Zürich. "Bewerben ist Werben. Es geht für den Arbeitgeber immer um dieselben zwei Fragen, die Bewerber beantworten müssen: Warum gerade unsere Firma? Was hat die Person zu bieten?"
Chancen hängen von der Branche ab
Wie Franziska Stauffer betont, hängen die Chancen für Quereinsteiger auch von der Branche ab: "Es dürfte schwierig sein, ohne entsprechende Ausbildung in den technischen Bereich zu wechseln. Dagegen ist es einfacher, als Versicherungsverkäufer einzusteigen, wenn man an einer früheren Stelle bereits mit Kommunikation zu tun hatte."
Bereitschaft zur Weiterbildung zeigen
Falls eine entsprechende Ausbildung fehlt, kann man sein Interesse und sein Engagement noch deutlicher ausdrücken, wenn man die Bereitschaft zur Weiterbildung signalisiert. Entweder dazu, theoretische Kenntnisse aufzuarbeiten oder gar eine berufsbegleitende Neuorientierung ins Auge zu fassen. "Noch überzeugender ist es, eine bestimmte Ausbildung aus eigenem Antrieb zu beginnen und damit zu argumentieren", sagt Trudy Dacorogna-Merki.
Tipps fürs Bewerbungsinterview
Beim Interview fühlen sich alle Stellensuchenden wohler und sicherer, wenn sie sich zuvor auf mögliche unangenehme Fragen vorbereiten. Auf die Frage, was sie einer Firma zu bieten haben, können Quereinsteiger zum Beispiel antworten: "Ich bin unverbraucht und nicht betriebsblind. Ich gehe unvoreingenommen an eine Sache heran. Ich bin in meiner Biographie an einem anderen Ort angekommen und möchte neu entdeckte Talente einbringen."
Auf Sympathie setzen
Pluspunkte können auch zusätzliche Fremdsprachenkenntnisse sein, die ein anderer Kandidat möglicherweise nicht vorweisen kann. Nicht zuletzt spielen bei Bewerbungen immer auch unberechenbare zwischenmenschliche Faktoren wie "Chemie" und Sympathie eine Rolle. Oder die Frage, ob jemand in ein Team passt. Dies kann für Quereinsteiger eine zusätzliche Chance sein.
Trudy Dacorogna-Merki: "Personalselektion ist etwas sehr Subjektives. Deshalb dürfen Quereinsteiger nicht schnell aufgeben. Sie müssen einfach die Person am anderen Ende des Tisches finden, die auf die eigene Persönlichkeit und die eigenen Erfahrungen gewartet hat."
(Susanne Wagner)