Streitthema: Privates Smartphone und Tablet beruflich nutzen

von Monster Contributor

Viele Angestellte entfliehen der IT-Steinzeit, indem sie ihre privaten Smartphones und Tablets beruflich nutzen. Doch ohne weiteres darf man das nicht.

Von Michael Vogel

Immer mehr Arbeitnehmer empfinden die IT-Ausstattung des Arbeitgebers als technischen Rückschritt. Kein Wunder, dass mancher sein geliebtes Smartphone oder Tablet für die Arbeit verwendet, um E-Mails zu lesen, schnell noch ein Dokument zu überarbeiten oder um auf die Kundendaten des Customer-Relationship-Management-Systems zuzugreifen.

"Bring your own device" wird immer beliebter

IT-Beratungsunternehmen gehen davon aus, dass dieses Konzept des "bring your own device" keineswegs eine Randerscheinung bleibt, sondern an Bedeutung gewinnen wird, weil eben auch die Grenzen zwischen und Privat- und Berufsleben zunehmend zerfliessen. Doch darf man als Arbeitnehmer sein privates IT-Gerät überhaupt für berufliche Zwecke nutzen, ohne dass der Arbeitgeber dem zugestimmt hat?

Eindeutig nein, sagt Gianni Fröhlich-Bleuler, Rechtsanwalt in Zürich mit dem Schwerpunkt IT-Recht. "Falls nicht anderes vereinbart ist, gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber die Arbeitsgeräte zur Verfügung stellt." Wer ohne Einwilligung des Arbeitgebers das private IT-Gerät benützt, riskiert eine Abmahnung, womöglich die Kündigung oder Schadenersatzforderungen, wenn dem Arbeitgeber ein nachweislicher Schaden durch die nicht erlaubte Nutzung des Geräts entstanden ist.

Arbeitgeber sollte Nutzung privater Geräte zustimmen

"Ein Arbeitnehmer kann sich sogar strafbar machen wegen des Verrats von Geschäfts- und Berufsgeheimnissen", so Fröhlich-Bleuler. Eine solche Situation kann zum Beispiel bei Banken, Ärzten oder Rechtsanwälten eintreten, wenn ein Arbeitnehmer bewusst in Kauf nimmt, dass beim Verlust seines privaten Smartphone Dritte darauf sensible Kundendaten einsehen können, weil der Arbeitnehmer sie unverschlüsselt gespeichert hat.

Völlig neue arbeitsrechtliche Situationen treten durch den Fortschritt der Informationstechnologie nicht zum ersten Mal auf. Ende des letzten Jahrhunderts ging es um die Regelung der privaten E-Mail- und Internetnutzung am Arbeitsplatz, in den vergangenen Jahren um Richtlinien für die Nutzung von Sozialen Medien im beruflichen Kontext. Allerdings sind diese Fälle nicht mit der Verwendung privater Geräte bei der Arbeit vergleichbar.

"Im einen Fall nutzt der Arbeitnehmer nämlich dienstliche Einrichtungen für private Zwecke, während er im anderen Fall private Geräte für dienstliche Zwecke verwendet", sagt Fröhlich-Bleuler. "Daher kann ein Arbeitnehmer aus existierenden Regelungen zur Nutzung von E-Mail, Internet und Sozialen Medien keine Rechte ableiten." Um auf der sicheren Seite zu sein, braucht ein Arbeitnehmer also die explizite Zustimmung vom Arbeitgeber, wenn er private IT-Geräte beruflich nutzen will.

Technischer Fortschritt und Arbeitsrecht

Die Begeisterung über den Trend zu "bring your own device" hält sich auf Arbeitgeberseite verständlicherweise in Grenzen. "Die IT- und Sicherheitsverantwortlichen sehen natürlich die Risiken und technischen Hürden", sagt Andreas Zilch, Lead Advisor beim IT-Beratungsunternehmen Experton Group.

Erlaubt ein Unternehmen die Nutzung privater Endgeräte muss es technisch dafür sorgen, dass sich diese Endgeräte zentral verwalten lassen und eine saubere Trennung von privaten und betrieblichen Daten möglich ist. Denn die privaten Daten sind für den Arbeitgeber natürlich weiterhin tabu.

Sicherheit und Lizenzen

Gleichzeitig muss die IT-Abteilung aber auch sicherstellen können, dass eine App, die der Arbeitnehmer privat auf seinem Smartphone oder Tablet installiert, kein Sicherheitsrisiko für die IT-Systeme im Unternehmen darstellen kann. Für den Arbeitgeber kann sich durch private Endgeräte sogar eine neue Situation bei den Softwarelizenzen ergeben:

"Steht in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Softwareherstellers, dass ein lizenziertes Programm nur mit einer bestimmten Anzahl User genutzt werden darf, und kann ein Mitarbeiter mit einem privaten Endgerät auf diese Software zugreifen, so gilt der Mitarbeiter wegen des privaten Geräts rechtlich oft als ein weiterer Nutzer, für den der Arbeitgeber eine Lizenz haben muss – ansonsten verstösst das Unternehmen gegen die Lizenzbestimmungen des Softwareherstellers", erklärt Fröhlich-Bleuler.

Personalabteilungen forcieren das Thema

Trotz der rechtlichen, technischen und organisatorischen Hürden, die der Einsatz privater Endgeräte in Unternehmen mit sich bringt, geht Experton-Berater Zilch davon aus, dass sich der Trend in den kommenden Jahren verstärken wird: "Insbesondere die Personalabteilungen forcieren das Thema. Die Unternehmen können sich dadurch als attraktive Arbeitgeber positionieren, gleichzeitig sind die Mitarbeiter noch bequemer überall und auch ausserhalb der Kernarbeitszeiten erreichbar." Allerdings eigen sich "bring your own device" in den meisten Fällen nur für Teilbereiche eines Unternehmens und bedeute einen erheblichen Aufwand.

Es dürfte in den kommenden Jahren also immer mehr Unternehmen geben, die entsprechende Regelungen für die berufliche Nutzung privater Geräte ausarbeiten. "Solche Richtlinien sollten möglichst genau regeln, was erlaubt und verboten ist – und wie zu verfahren ist, wenn das Arbeitsverhältnis endet", sagt Fröhlich-Bleuler: Welche Daten, Programme und Dienste darf ein Arbeitnehmer auf dem Privatgerät nutzen? Wie wird die Trennung zwischen privaten und beruflichen Daten gewährleistet? Wie wird bei Verlust des Geräts vorgegangen? Darüber hinaus sollte die Regelung festschreiben, welche Kosten der Arbeitgeber aufgrund der dienstlichen Nutzung des Geräts übernimmt.