Perfekte Probezeit: fragen, fragen, fragen

von Monster Contributor

Der erste Arbeitstag ist oft der schwerste - glauben viele Menschen. Wer ein paar Regeln beherzigt, findet schnell ins neue Team und übersteht mit Probezeit ganz gelassen.

"Aufnehmen, beobachten und fragen, fragen, fragen - das ist zu Beginn das Wichtigste", sagt Karriereberaterin Helga Krausser-Raether aus Frankfurt am Main. Das gilt für den Dresscode in der Firma genauso wie für das Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzen.

Kleider - nichts passendes im Schrank

Der Abend vor dem ersten Tag ist vielleicht der Schlimmste - der Blick in den Kleiderschrank bringt häufig zu Tage, dass nicht Angemessenes darin zu finden ist. "Ein professioneller Business-Look ist nie verkehrt", sagt Krausser-Raether. Aber auch beim schwarzen Hosenanzug bleibt genügend Raum, konsequent den eigenen Stil beizubehalten. "Das kann durch ein buntes Tuch genauso sein wie durch eine schicke Bluse oder ein modisches Shirt." Beim Dresscode gelte es, dem eigenen Auge und dem Geschmack zu vertrauen. "Die meisten machen das intuitiv richtig", sagt die Karriereberaterin.

Der erste Arbeitstag ist meist ein Orientierungstag. Der Arbeitsplatz und die Büroinfrastruktur müssen ebenso in Augenschein genommen werden wie die Kollegen. Welche Programme gilt es zu lernen, welche Passwörter sind für den Rechner notwendig? Nicht schaden kann es, sich von einem Technikspezialisten kurz einweisen zu lassen (und sich dessen Durchwahl gleich ins Adressbuch zu schreiben). Auch die Wege im Büro gilt es zu erkunden und nicht zuletzt herauszufinden, wo sich Toilette und Kaffeemaschine befinden.

In die Charmeoffensive gehen

Wer kennt das nicht? Alle Kollegen sind zu der oder dem Neuen extrem nett und stellen sich mit Namen und ein paar lieben Worten vor. Keiner verlangt von Ihnen, dass Sie sich alle Namen merken können und sie gar noch den Gesichtern zuordnen können. "Gehen Sie in die Charmeoffensive: Lächeln Sie freundlich und sagen Sie sofort, dass Sie sicher noch mal nach dem Namen fragen werden", rät Krausser-Raether. In der Frage "du" oder "sie" kommt es auf die Gepflogenheiten in der Firma an - dies wird in einer Anwaltskanzlei anders gehandhabt als in einer Werbeagentur.

Die Probezeit liegt in vielen Unternehmen zwischen drei und sechs Monaten. Das ist genügend Zeit, um sich Schritt für Schritt einzuarbeiten und zu überprüfen, ob der Arbeitsalltag hält, was die Jobbeschreibung versprochen hat. Auch für den Arbeitgeber ist dies eine Phase der Prüfung: "Ihr Vorgesetzter wird schauen, ob die Teamarbeit funktioniert und die Aufgaben gut erfüllt werden", sagt die Karriereberaterin.

Nicht als Letzter kommen und als Erster gehen

"In der ersten Woche geht es in erster Linie ums Kennenlernen", sagt Helga Krausser-Raether: das Büro, die Wege, die Abläufe, die Prozesse, die Programme, die Kollegen. "Und die - immens wichtigen - formellen und informellen Netzwerke." Jeder sollte sich die Zeit nehmen und die Geduld aufbringen, langsam mit allem vertraut zu werden. Dazu gehört auch zu schauen, wer mit wem zum Mittagessen geht und sich in bestehende Gruppen einzuklinken. "Man darf keine Berührungsängste an den Tag legen." Auch auf die Arbeitszeiten der anderen kann man als Einsteiger ein Auge werfen. "Als Letzter zu kommen und als Erster zu gehen, kommt nicht so gut an", sagt die Karriereberaterin.

Ist die erste Woche in der neuen Firma überstanden und der Schreibtisch schon recht vertraut, ist ein guter Moment gekommen, sich mit dem Vorgesetzen zu unterhalten. "Man sollte klare Ziele für die Einarbeitungszeit ausmachen", sagt Krausser-Raether. Wer sich mit Computer, Programmen und Arbeitsgebieten vertraut gemacht hat, sollte langsam die Initiative ergreifen. "Wenn man sich fit fühlt, sollte man nicht in seiner Ecke bleiben und warten, bis die Arbeit kommt", sagt sie.

Der Ton macht die Musik

Kein Kollege und kein Vorgesetzter erwartet in der ersten Zeit Spitzenleistungen. Interesse, Aufmerksamkeit und Lernbereitschaft sind zunächst Attribute, die einen neuen Mitarbeiter sympathisch machen. "Man sollte weder mit grossem Wissen trumpfen noch vom alten Arbeitgeber reden", sagt die Karriereberaterin. Brennt einem dennoch ein Vorschlag auf den Lippen, müsse dieser in diplomatische Worte gepackt werden. "Nichts ist schlimmer als Besserwisserei - vor allem, wenn jemand frisch von der Uni kommt."

Einige Firmen bieten ihren neuen Mitarbeitern für die Anfangsphase ein durchgeplantes Einarbeitungsprogramm an, andere stellen ihnen einen Kollegen als Mentor zur Seite. "Danach lohnt es sich immer zu fragen", sagt Krausser-Raether. Gibt es beides nicht, ist vielleicht ein Kollege bereit, der Nachwuchskraft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen: "Auch hier hilft: fragen, fragen, fragen."

Konflikte angehen

Sollte es schon zu Beginn zu Konflikten kommen, hilft ebenfalls Geduld und Gelassenheit. "Erstmal bis zehn zählen", sagt die Karriereberaterin, "und sich beruhigen." Offensives Verhalten hilft, etwa Gerüchte aus der Welt zu schaffen. "Allerdings ist das nicht Jedermanns Sache", weiss sie.

Dennoch sollte man Gerüchte nicht stehen lassen, sondern sachlich klären. "Keinesfalls warten, dass es vorbei geht." In seiner Würde muss sich niemand verletzen lassen - aber dennoch Kritikfähigkeit an den Tag legen. "Man darf es nie persönlich nehmen, wenn ein Kollege die Arbeit bemängelt", sagt Krausser-Raether. Positiv reagieren und Besserung geloben ist besser als die defensive Antwort "Ich bin noch neu...".

(Verena Wolff)