Konzentration statt Multitasking

von Monster Contributor

Jede Minute eine Mail, die Kollegin hat eine Frage, das Telefon klingelt: Der Büroalltag steckt voller Ablenkungen. Mit Konzentration und den richtigen Prioritäten bleibt man trotzdem produktiv. Unsere Tipps.

Ein dringendes Telefonat wartet, doch zuerst lässt man noch einen Kaffee aus der Maschine. Eine Sitzung muss vorbereitet werden, aber gerade flattert eine Mail herein, die vorher noch beantwortet werden will. Man grübelt über einer Formulierung und kommentiert nebenbei noch schnell die neuste Mitteilung eines Freundes auf Facebook.

Multitasking funktioniert nicht

In unserem Berufsalltag sind wir umgeben von Störungsquellen – manche davon sind vermeidbar, andere können wir nicht ausschalten. Umso wichtiger ist es, dass wir uns auf anstehende Aufgaben konzentrieren.

Andrea Zilio, Coach mit dem Spezialgebiet Mentaltraining, präzisiert: "Konzentration bedeutet, die Aufmerksamkeit auf eine einzige Aufgabe oder Tätigkeit zu fokussieren." Von der Idee, gleichzeitig mehrere Dinge erledigen zu wollen, sollte man sich also schleunigst verabschieden – Multitasking funktioniert schlicht nicht. Denn wer seine verfügbaren Ressourcen auf mehrere parallele Arbeiten aufteilt, überfordert sich selbst. "Langfristig führt das zu Stress und letztlich zum Burnout", sagt Zilio.

Aufs Wesentliche konzentrieren

Der erste Schritt ist, sich für das Wesentliche zu entscheiden und für diesen Moment alles andere beiseite zu lassen. Beim Tennistraining mit der Ballmaschine sei das ähnlich, so Zilio: "Man konzentriert sich auf den Ball, der gerade die Maschine verlässt. Alle anderen Bälle sind zwar auch weiterhin da, aber wir wissen, dass wir uns im Moment nicht darauf konzentrieren müssen."

In den Berufsalltag übersetzt heisst das, Aufgaben zu priorisieren und zu planen. Daher sollte man sich fragen, was zuerst erledigt werden muss, was später gemacht werden kann und was man weglassen kann. Die To do-Liste ist dafür äusserst geeignet. "Konzentrationsfähigkeit kann trainiert werden", weiss Zilio. Hilfreich sind Bewegung, Sport, Entspannungstechniken oder Mentaltraining, kurz: alles, was den persönlichen Zustand und damit die körperliche, emotionale und geistige Leistungsfähigkeit verbessert.

Konkrete Tipps

Sich abzugrenzen gelingt nicht von heute auf morgen. Fühlt man sich vom telefonierenden Gegenüber gestört oder neigt dazu, jede Einladung zur Kaffeepause anzunehmen, fährt man gut mit Zwischenlösungen: Anspruchsvolle Tätigkeiten lassen sich in Randzeiten verlagern, in denen die Störungen durch Kollegen, Mails und Anruferinnen nachlassen. Im Grossraumbüro kann man während konzentrierter Arbeitsphasen Kopfhörer aufsetzen. Damit blendet man die Aussengeräusche aus und reduziert die Ablenkung auf Musik. Gleichzeitig signalisieren Kopfhörer, dass man nicht gestört werden will.

Für Telefongespräche kann man die Bürotür schliessen oder sich nach Möglichkeit ins Sitzungszimmer zurückziehen, rät Romy Gerhard vom Coaching Zentrum Olten. "Man sollte auch die Technik auf Störfaktoren überprüfen." Überflüssig sei es beispielsweise, wenn das Mail-Programm den Eingang einer neuen Nachricht umgehend anzeigt. Besser sei es, solche Signale abzuschalten und die Mails nur dreimal am Tag abzuarbeiten. "Mails, deren Bearbeitung nicht länger als eine oder zwei Minuten dauert, beantworte ich gleich, andere terminiere ich."

Pausen planen statt permanent produzieren

Ein weiterer Störfaktor kann die ständige Erreichbarkeit sein, die zwar von vielen Mitarbeitenden vorausgesetzt wird. Doch immer mehr Beschäftigte schalten das Handy nicht mal am Wochenende ab, um präsent zu sein, wenn in der Firma ein Problem auftaucht. So zerteilen sie ihre Aufmerksamkeit zwischen Beruf und Privatleben – ohne sich voll auf einen Bereich konzentrieren zu können.

"Permanent an etwas dran zu sein, bedeutet aber nicht, dass man produktiver ist", sagt Gerhard. Deswegen ist es wichtig, Pausen fest einzuplanen – und das eigene Tun genau zu beobachten. Listet man auf, womit man die Arbeitszeit verbringt, entdeckt man automatisch Optimierungsmöglichkeiten:

Grenzen setzen

Anstehende Telefonate etwa lassen sich bündeln und hintereinander abarbeiten; Bitten der Kollegen muss man nicht sofort nachkommen, sondern kann die Erledigung auf eine bestimmte Zeit in Aussicht stellen; und statt zwischen Tür und Angel lassen sich Probleme auch bei einem Kaffee oder auf einem kurzen Spaziergang besprechen.

Der Psychotherapeut Klaus Schiller-Stutz aus Hedingen (ZH) rät dazu, mangelnde Möglichkeiten zur Konzentration im Betrieb nicht hinzunehmen, sondern offen anzusprechen. "Permanente Erreichbarkeit oder die Kollegin, die einem gegenübersitzt und laut telefoniert – solche Faktoren können die eigene Leistungsfähigkeit massiv einschränken." Spürbar werden solche Störungen, wenn die betroffene Person immer gereizter wird und bei ihr im Nacken- und Schulterbereich Verspannungen auftreten.

Eigene Wege finden

Konzentration hat laut Schiller-Stutz auch etwas damit zu tun, die eigenen Grenzen zu respektieren. Allzu oft vertun Mitarbeitende, die keine Computercracks sind, ihre Zeit mit PC-Problemen. Besser wäre es, sich frühzeitig mit Kollegen auszutauschen, auch deren Ressourcen zu nutzen und – je nach Dienstweg – professionelle Hilfe zu holen. "Das würde Zeit sparen und sie könnten sich wieder auf ihre Kompetenzen und das eigentliche Kerngeschäft fokussieren."

Neben der guten alten To do-Liste empfiehlt der Stress-Experte, eigene Wege zu finden, um die Konzentration zu stärken. Seine eigene Methode ist es, den Telefonbeantworter ständig eingeschaltet zu lassen. So unterbricht das Telefonklingeln nie seine Fokussierung aufs Wesentliche.

(Annett Altvater)

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