Körpersprache: Die Stimme
Neben Mimik, Gestik und Haltung vermitteln Stimme und Sprechweise eines Menschen deutliche Signale. Alles Wichtige darüber lesen Sie hier.
Von Giselle Chaumien-Wetterauer
Die menschliche Stimme, die Art und Weise, wie wir sprechen, ist für jeden einzelnen Menschen charakteristisch. Weltweit gibt es keine zwei Stimmen und keine zwei Sprechweisen, die identisch sind. Die Stimme ist wie ein Fingerabdruck, auch wenn talentierte Comedians die Stimme des einen oder anderen Politikers sehr gut nachahmen können: Sie ist und bleibt das Alleinstellungsmerkmal eines jeden Individuums.
Starke Wirkung
Welch ungeheuer starke Wirkung die Stimme auf uns ausüben kann, merken wir, wenn wir uns ausschliesslich auf unseren Hörsinn konzentrieren, zum Beispiel bei Reportagen im Hörfunk: Profi-Sprecher werden natürlich gezielt ausgewählt, doch die von ihnen interviewten Personen kommen quer aus dem "Stimmen-Gemüsebeet". Und so wirkt die eine Stimme sympathischer oder glaubwürdiger, und eine andere möglicherweise unseriös oder sogar hochnäsig.
Ob bei einer Bewerbung, im Beruf oder im Alltag - unsere Körpersprache entscheidet mit darüber, was andere von uns denken und wie erfolgreich wir sind. Das Wichtigste darüber lesen Sie hier.
Wir erkennen Stimmen von Sängern oder Schauspielern, und auch bei synchronisierten Filmen haben wir uns zum Beispiel an die "deutsche Stimme" von Robert Redford gewöhnt. Dabei ist auch klar, dass eine bestimmte Stimme nicht auf alle Menschen die gleiche Wirkung hat.
Was die Stimme verrät
Wissenschaftliche Studien haben schon längst bewiesen, dass sich auch die kleinsten Gemütsveränderungen in unserer Stimme niederschlagen. Ob wir traurig oder vergnügt, müde oder dynamisch sind - all das kann man in der Stimme "lesen": Sind Sie aufgeregt, flattert Ihre Stimme leicht. Sind Sie emotional berührt, kann sie sogar versagen. Vor Freude überschlägt sie sich, und wenn Sie müde sind, scheint auch Ihre Stimme einschlafen zu wollen.
Umso wichtiger ist es, bei entscheidenden Gesprächen darauf zu achten. Denn: Die Stimme eines Menschen ist nicht angeboren und unveränderbar. Sie kann trainiert werden: Stimmklang, Tonlage, Schnelligkeit usw. Nehmen Sie Ihre Stimme auf. Wie? Ganz einfach: Rufen Sie sich auf dem Handy an und sprechen Sie auf die Mailbox. Nicht nur einmal, sondern mehrmals - sagen wir - im Abstand von jeweils einer Woche.
Sich selbst zuhören lernen
Um an Ihrer Stimme "arbeiten" zu können, müssen Sie erst lernen, sich selbst zuzuhören. Viele Menschen mögen es nicht, Ihre Stimme auf Band zu hören, sie wirkt auf sie fremd. Aber nur wer es lernt, sich selbst beim Sprechen zu hören, kann in Ansätzen auf seine Stimme einwirken. Dabei muss man jedoch wissen, dass die Stimme nichts Losgelöstes ist, an dessen Schrauben man drehen kann. Sie ist Teil eines Ganzen, wie Emil Hierhold sehr treffend sagte: "Es spricht und singt der ganze Mensch, vom Scheitel bis zur Sohle".
Wenn Sie sich erst einmal darin geübt sind, sich selbst zu hören und zuzuhören, achten Sie beim Sprechen auf Ihre Körperhaltung. Warum? Machen Sie folgende Übung: Sprechen Sie einen kurzen Text, den Sie auswendig können, einmal im Liegen auf der Couch, im gemütlichen Sitzen und im Stehen. Haben Sie gemerkt, wie sich Ihre Stimme verändert? Deshalb ist eine aufrechte und lockere Körperhaltung wichtig, wenn es in einem Gespräch um Entscheidendes geht.
Sprechweise
Auch in der Sprechweise - im Rhythmus, in der präzisen Aussprache usw. - spiegelt sich Ihr Inneres wider. Sprechen Sie deshalb ruhig und deutlich und achten Sie dabei besonders auf ein angemessenes Sprechtempo. Wer überzeugend sein will, sollte weder zu schnell noch zu langsam sprechen. Wer ohne Punkt und Komma seinen Redefluss auf sein Gegenüber ausschüttet, braucht sich nicht zu wundern, wenn dieser gar nicht folgen kann oder sich eventuell schon gedanklich verabschiedet hat.
Stimm- und Sprechtraining können Ihnen helfen, selbstsicherer und souveräner aufzutreten. Achten Sie im Beruf darauf: Ein Vorgesetzter spricht zu seinen Untergebenen anders als ein Mitarbeiter zu seinem Chef. In vielen Firmen plädieren Personalentwickler inzwischen dafür, für Nachwuchsführungskräfte in ein Stimm- und Sprechtraining zu investieren. Wer sich selbstständig ein wenig mit der eigenen Stimme und Sprechweise befassen will, dem empfehlen wir "Die Macht der Stimme: Persönlichkeit durch Klang, Volumen und Dynamik" von Ingrid Amon (Redline-Verlag).
Negativbeispiele | Was signalisiert das? |
Schrill, fiepsig sprechen | Wirkt nervig |
Sehr leise Stimme | Unsicherheit |
Nuscheln, undeutliches Sprechen | Unsicherheit |
Sehr langsames Sprechen | Unsicherheit, mangelnde Dynamik oder auch äußerst penibel und genau |
Schnelles Sprechen | Nervosität oder mangelnde Seriosität |
Laute, polternde Sprechweise | Arroganz, Überheblichkeit |
Schnelles Sprechen ohne Redepausen | Wirkt unangenehm |
Monotones Sprechen | Wirkt langweilig, einschläfernd |
Positivbeispiele | Was signalisiert das? |
Deutliche Sprechweise | Interesse am Austausch |
Angenehme "normale" Lautstärke | Sicherheit, Empathie |
"Warmer" Stimmklang | Empathie, Freundlichkeit |
Moderate Sprechgeschwindigkeit | Wirkt überzeugend und angenehm |
Gute Intonation (gezielte Tonhöhenveränderung) | Weckt Interesse, lädt zum Zuhören ein, wirkt kompetent und selbstbewusst |
Tiefe Stimmlage bei Männern | Wirkt beruhigend |
Übrigens: Setzen Sie beim Sprechen bewusst Gestik und Mimik ein. Doch Vorsicht: Alles mit Mass und Ziel. Idealerweise üben Sie zu Hause vor dem Spiegel und, wenn möglich, mit einem Bekannten in einem simulierten Gespräch.
Buchtipp: Die Macht der Stimme: Persönlichkeit durch Klang, Volumen und Dynamik von Ingrid Amon, Redline-Verlag
Giselle Chaumien-Wetterauer
war fast drei Jahrzehnte als Ressortleiterin in der Industrie tätig, u.a. im Sprachendienst und in der Kommunikation, bevor sie sich selbstständig machte. Heute berät sie Unternehmen in Sachen Kommunikation, arbeitet als freie Autorin und Fachübersetzerin und begleitet junge Menschen in die Selbstständigkeit.