Körpersprache richtig deuten - Interview Roger Nydegger
Zeig dich und ich sag dir, wie du tickst. Körpersprache richtig zu deuten, kann im Job zum Matchpunkt werden. Unternehmen lassen ihre Mitarbeiter deshalb den Ernstfall proben – in Rollenspielen, mit Profis vom Theater.
Nachgefragt bei: Roger Nydegger, Schauspieler, Theaterpädagoge und Kommunikationstrainer, Zürich
Körpersprache wird im Unbewussten gesteuert. Kann ich es mit Tricks so programmieren, dass ich im entscheidenden Moment keine Fehler mache?
Nydegger: Fehler lassen sich weniger mit Tricks vermeiden, sondern dadurch, dass wir das Bewusstsein für körpersprachliche Signale schärfen und lernen, damit umzugehen. Wichtig zu wissen ist beispielsweise, dass unsere innere Haltung bestimmt, wie wir einer Idee oder einem Menschen gegenüber treten.
Körpersprache ist ein Spiegel dessen, was wir verinnerlicht haben. Allerdings kann ich durch Verändern meiner äusseren Haltung – aufrechter Gang, fester Blickkontakt – die innere Haltung und damit auch das Gegenüber beeinflussen.
Kann man sich Körpersprache antrainieren, um andere bewusst zu täuschen?
Nydegger: Der Körper äussert sich schneller, als wir es mit Worten tun. Er zeigt unseren inneren Zustand etwa eine Sekunde vor dem gesprochenen Wort. Das macht das Täuschen schwierig. Kontrolle und Korrektur sind jedoch möglich, indem wir die Form der "Selektiven Authentizität" nutzen.
Sie bedeutet, dass wir nicht alles zeigen und "herauslassen", was an Gefühlen in uns vorgeht, sondern vorher auswählen oder den Ausdruck mildern. Um es mit den Worten der Kommunikationswissenschaftlerin Ruth Cohn zu sagen:"Nicht alles, was echt ist, will ich sagen. Doch was ich sage, soll echt sein."
Kann es zum K.O.-Kriterium werden, wenn ich körpersprachliche Regeln nicht beherrsche?
Nydegger: Wenn wir die Körpersignale eines Menschen deuten wollen, müssen wir sie in ihrer Gesamtheit und im Kontext erfassen. Ein einzelnes Signal kann keine vollständige Information über den inneren Zustand des Senders vermitteln. Deshalb finde ich schnelle Interpretationen einzelner Gesten oder Haltungen gefährlich.
Aber der erste Eindruck ist schon wichtig, und er kann auch entscheidend sein für den weiteren Verlauf des Gesprächs: Nuscheln, permanent mit den Händen im Gesicht rumfingern oder ein verschlossener Oberkörper können deshalb tatsächlich zu K.O.-Kriterien werden.
(Interview: Vera Sohmer)