Das ABC der Körpersprache

von Monster Contributor

Der erste Eindruck entscheidet. Meist gewinnen ihn Personaler nicht aus dem, was ein Bewerber sagt, sondern daraus, wie er auftritt und sich bewegt. Gestik und Mimik sind wichtige "Sympathieträger".

Aus der Pistole wird ein Stachelschwein. Erst verschränkt die junge Frau ihre Hände im Schoss, wobei sie die Zeigefinger aneinanderlegt – zur Pistole. Dann spreizt sie auch die anderen Finger ab, behält die Hände aber zusammen – das Stachelschwein.

Der Körper redet mit

Für den Wiener Pantomimen Samy Molcho, der seit 30 Jahren Manager in Körpersprache unterrichtet, zeugen beide Gesten von Misstrauen und Abwehr. Die Mitarbeiterin soll kurz vor Ende der Probezeit einen neuen Messeauftritt planen. Sie wittert Ungemach, auch wenn ihr Chef die Aufgabe als grosse Chance verpackt. Die Frau hat Recht: Das Projekt bedeutet jede Menge Überstunden, unbezahlte natürlich.

Anhand solcher Spielszenen zeigt Molcho in seinen Seminaren, wie der Körper mitredet, sobald jemand den Mund aufmacht. "Die Körpersprache ist das Tor zu allem, was wir verkaufen", sagt Molcho. "Ob es unsere Persönlichkeit oder eine Ware oder Leistung ist, ist ganz egal."

Körpersprache lässt sich trainieren ...

Die meisten nonverbalen Signale werden auf der ganzen Welt verstanden. "Rückgrat zeigen", "geknickt sein", "einen dicken Hals bekommen" sind sprichwörtliche Beispiele.

"Körpersprache lässt sich trainieren", ist Molcho überzeugt, "vorausgesetzt, dass sie Hand in Hand mit der jeweiligen individuellen, inneren Einstellung und Weltanschauung des Betroffenen geht." Ein Kuss reicht nicht, um einen Frosch in einen Prinz zu verwandeln.

... aber das Training ist der zweite Schritt

Auf die Situation von Bewerbern gemünzt, heisst das, dass ein Körpersprache-Training stets der zweite Schritt ist. Der erste wäre, sich über persönliche Stärken und Schwächen, Erfahrungen und Ziele klar zu werden. Molcho rät Bewerbern sich vorzustellen, "dass sie sich nicht bewerben, um etwas zu bekommen, sondern dass sie kommen, um etwas anzubieten, nämlich ihre Leistung, Fähigkeiten, Begabung, ihren Fleiss."

Von Kopf bis Fuss: Versteckte Signale und was sie bedeuten

Augen, Gesicht.
Schweift der Blick durch den Raum, zeugt das von Unsicherheit oder Desinteresse. Unbedingt Blickkontakt halten, aber den Gesprächspartner nicht anstarren. Stirnrunzeln und hochgezogene Augenbrauen vermeiden. Lächeln.

Oberkörper.
Gerade, leicht nach vorne gebeugt - so kommen Offenheit und Engagement rüber. Ist die Gesprächsatmosphäre besonders angenehm, kann der Oberkörper auch zurückgelehnt werden (nicht in den Sessel fläzen).

Arme.
Bei der Begrüssung leicht anwinkeln, sonst entsteht eine unangenehme Distanz. Die Arme vor der Brust zu verschränken, bedeutet Abwehr. Am besten locker auf den Tisch oder die Oberschenkel legen.

Hände.
Flüssige, "wohltemperierte" Gesten können das Gesagte wirkungsvoll unterstreichen. Kein Herumfuchteln, keine Drohgebärden (z.B. ausgestreckter Zeigefinger). Hände weg vom Gesicht (Stressgesten).

Beine.
Gerade nebeneinander stellen. Nicht breitbeinig hinhocken, das wirkt prollig. Sitzhaltung ab und zu wechseln. Füsse ruhig halten. Sind sie um das Stuhlbein "gewickelt", stehen die Zeichen auf Konfrontation.

Selbstbewusst ins Vorstellungsgespräch zu gehen, ist die halbe Miete. Allerdings müssen Verpackung und Inhalt zusammenpassen, sonst wirken Bewerber nicht "authentisch". Natürlich dürfen sie auch nicht verbal lügen, warnt Sabine Mühlisch, Beraterin und Trainerin in Köln: "Jede noch so unbewusste Auslassung wird der Körper als Ersatzbühne zur Darstellung bringen. Damit wird auch der Versuch, nur aus dem Körper etwas zu sagen, ohne innerlich dahinter zu stehen, enttarnt."

Mehr Haltung!

Ein Körpersprache-Training zielt nicht auf schauspielerische Glanzleistungen, sondern auf Selbstwahrnehmung und Kontrolle. Das ist vor allem für den "ersten Eindruck" im Vorstellungsgespräch wichtig. Der Personaler entscheidet sich unbewusst innerhalb von 150 Millisekunden, ob er einen Bewerber sympathisch findet, haben Psychologen festgestellt. "Haltung bewahren" kann man üben: Brust raus, Kopf gerade, leicht lächeln.

Und dann Bahn frei für einen möglichst dynamischen Auftritt: "Bleiben Sie beim Betreten eines Raums nicht schüchtern auf der Türschwelle stehen. Sie erwecken dadurch nur ungewollt den Eindruck, als ob Sie am liebsten gleich wieder flüchten wollten", sagt Trainerin Monika Matschnig aus Neufahrn bei Freising, die Bücher über Körpersprache und Selbstmarketing geschrieben hat. "Treten Sie einige Schritte in den Raum hinein, orientieren Sie sich kurz und steuern Sie dann Ihr Ziel an – sei es ein Sitzplatz oder eine Person."

Das "Drehbuch" für den richtigen Auftritt

Die Schrittlänge soll der Körpergrösse entsprechen, das Tempo "normal" sein. In Deutschland ist ein fester Händedruck üblich. Die Sitzfläche von Stuhl oder Sessel darf ruhig grosszügig eingenommen werden. Die Hände gehören, leicht übereinandergeschlagen, auf den Tisch, sofern das ohne Verrenkungen möglich ist. Sonst liegen sie auf den Oberschenkeln. Nach diesem "Drehbuch" für die ersten Augenblicke kann das Vorstellungsgespräch beginnen.

Im weiteren Verlauf verlagert sich die Aufmerksamkeit beider Gesprächspartner von den non-verbalen zu den verbalen Informationen. Allerdings merkt ein erfahrener Personaler sofort, wenn der Bewerber nach gutem Start "aus der Rolle" und zurück in alte Verhaltens- und Bewegungsmuster fällt. Deshalb empfehlen Trainer, sich alle paar Minuten, etwa bei jedem Themenwechsel, einen inneren "Weckruf" zuzuwerfen, um Haltung und Konzentration wiederherzustellen.

Widersprüchliche Signale vermeiden

So lassen sich auch widersprüchliche Körpersignale korrigieren – eine der häufigsten Fehlerquellen. "‘Ich bin für alles offen.‘ Wer dies beteuert, dabei jedoch die Hände verknotet, ist nicht wirklich glaubwürdig", sagt Trainerin Matschnig.

(Christoph Stehr, 2009)