Jobsuche für Geisteswissenschaftler
Auch Absolventen von geistes- und sozialwissenschaftlichen Studienrichtungen wollen schnell einen Job. Aber worauf achten die Chefs? Was erwarten sie von den Bewerbern? Tipps, damit der Einstieg in den ersten richtigen Job gelingt.
Studieren, um möglichst schnell einen gut bezahlten Job zu finden? Das ist der Wunschtraum der meisten, die Realität sieht leider oft anders aus. Besonders der Berufseinstieg von Absolventen geistes- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge verläuft oft holprig. Zum einen, weil es auf dem Markt zu wenig Jobs für zu viele Absolventen gibt, zum anderen, weil die Berufsfelder dieser Studiengänge nicht klar abgesteckt sind. Um sich für eine Stelle zu qualifizieren, bedarf es also mehr als des im Studium erworbenen theoretischen Wissens.
Praktikum und Soft Skills
Ohne Berufserfahrung kein Job, ohne Job keine Berufserfahrung. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist es heute fast unerlässlich, fachbezogene Praktika zu absolvieren. Dabei eignen sich die Studierenden nicht nur zusätzliches Fachwissen und ein erstes berufliches Netzwerk an, sie erwerben auch so genannte Soft Skills wie Flexibilität, Zuverlässigkeit, Kommunikations- und Teamfähigkeit. Wozu diese gut sind, sagt Raphael Schönenberger, Personalberater aus St. Gallen:
"Um einen Arbeitgeber von sich zu überzeugen sind Soft Skills, nebst fachlichen Qualifikationen, sehr wichtig. Diese persönlichen Stärken und Schwächen muss man lernen für sich ein-zusetzen. Damit ein langfristiges und erfolgreiches Anstellungsverhältnis möglich ist, stimmen die Soft Skills eines Bewerbers idealerweise mit den Gegebenheiten der Firmenkultur überein."
Bewerbungen und Vorstellungsgespräche
Im Schul-Alltag wird von Studierenden die Fähigkeit zum kritischen Hinterfragen gefordert. Bei Bachelor- oder Masterarbeiten von Vorteil, ist dieses "Sich-selbst-mitunter-überkritisch-Hinterfragen" bei Bewerbungsmappen und Vorstellungsgesprächen aber kontraproduktiv. Sich hingegen als motiviert und geeignet für die gewünschte Arbeitsstelle zu "verkaufen" und selbstbewusst aufzutreten ist schon die halbe Miete. Heinz Wyssling, Karriere- und Organisationsberater aus Zürich, erklärt, wie man sich bei Bewerbungen von der Masse abhebt:
"Eine aussagekräftige Bewerbung enthält ein Motivationsschreiben, einen tabellarischen Le-benslauf, Zeugnisse und Diplome. Je mehr Bezug sie auf verlangte Anforderungen nimmt, desto eher wird man an ein Gespräch eingeladen. Dort kommt es darauf an, sich als Mehrwert für den neuen Chef zu präsentieren. Man soll vermitteln: wer bin ich, was will ich, was kann ich?"
Karrierezentren und Absolventenmessen
Während der Studienzeit gibt es für Studierende weitere Möglichkeiten und Angebote, die ihnen den Berufseinstieg erleichtern. Es lohnt sich also, seine Fühler frühzeitig auszustrecken. Berufsbezogene Netzwerke lassen sich schon vor Abschluss des Studiums aufbauen, nachher ist dieses "Vitamin B" nicht selten ein Türöffner bei der Bewerbung um eine be-stimmte Stelle. Tipps von André Woodtli, Amtschef im Amt für Jugend und Berufsberatung von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich:
"Ausseruniversitäre Aktivitäten während des Studiums sind von Vorteil, weil man dabei neue Leute kennenlernt. Um solche Netzwerke geht es auch an Absolventenmessen. Unternehmen präsentieren sich und rekrutieren bereits Leute, die zu der Firma passen würden. Auch die Career Services Center der einzelnen Hochschulen helfen Abgänger/innen beim Berufseinstieg."
Durchhaltevermögen und Glück
Kathrin Fischer hat die Mühseligkeiten des Berufseinstiegs schon hinter sich. Im Herbst 2008 hat sie den Master in Psychologie an der Uni Zürich abgeschlossen, doch erst knappe zwei Jahre später steht die 28jährige mit beiden Beinen im Berufsleben. Über eine Assistenzstelle an der Uni, Mutterschaftsvertretungen und ein Praktikum bei einer Umweltorganisation hat sie den Weg zu ihrer jetzigen Stelle in einem schulpsychologischen Dienst im Kanton Zürich gefunden. Insiderinfos von einer, die es wissen muss:
"Es hilft, seine Erwartungen nicht allzu hoch zu schrauben. Man darf sich nicht zu schade sein, eine Arbeit anzunehmen, die nicht dem absoluten Traumjob entspricht. So lernt man Durchhal-tevermögen. Läuft nicht alles glatt, ist das auch eine Chance für eine Horizonterweiterung. Zu-dem helfen Umwege im Lebenslauf, wenn man sie gewinnbringend für sich einsetzen kann."
Es gibt also keine vorgefertigten Rezepte, wie man als Geistes- oder Sozialwissenschaftler direkt nach dem Studium eine Festanstellung bekommt, die einem zusagt und im Idealfall auch gut bezahlt ist. Wer aber Umwege in Kauf nimmt, seine Ansprüche nicht zu hoch an-siedelt und auch ein bisschen auf sein Glück vertraut, findet früher oder später mit Sicherheit eine Stelle, an der er seinen Lebensunterhalt gut und zufriedenstellend verdienen kann.