Jobsuche mit Facebook und Social Media
Das Web 2.0 bringt den Dialog zwischen Unternehmen und potenziellen Bewerberinnen in Schwung. Bewerberinnen und Bewerber können aus diesem Dialog wichtige Schlüsse über die Wahl ihres Arbeitgebers ziehen.
Von Annett Altvater
Die Kanäle, auf denen man nach Jobs sucht und auf denen Bewerber von Unternehmen gesucht werden, erweitern sich: Social Media-Anwendungen verändern die Kommunikation. Unternehmen sind Sender und Empfänger gleichermassen; potenzielle Bewerber gewinnen wichtige Kontakte und businessrelevante Inhalte aus der weniger formalen Kommunikation.
Jobsuche und Dialog mit den Firmen
Firmen präsentieren sich auf Facebook und laden Fans zum Kommentieren ein, immer mehr Unternehmen sind auf Twitter präsent, auf Flickr werden die Bilder vom letzten Firmenausflug veröffentlicht, Xing und LinkedIn bieten sich zur themenorientierten Vernetzung an. Der Dialog, er wird von den Teilnehmern des Web 2.0 heute schon beinahe vorausgesetzt.
Viele Unternehmen haben inzwischen verstanden, dass die Voraussetzungen ideal sind, um diesen Dialog auch für die Gewinnung von geeignetem Personal zu nutzen: Der Bewerbungsprozess läuft heute in vielen Fällen digital ab. Die Stelle wird online ausgeschrieben, die Unterlagen per Mail geschickt. Und häufig sind ganze Lebensläufe sichtbar.
Markenpositionierung auf Facebook
Die Bewerber werden inzwischen dort abgeholt, wo sie sich aufhalten, etwa auf Facebook, wo sich einer Untersuchung zufolge 86 Prozent der Studierenden bewegen. Doch während 99 Prozent der Studierenden bereits Social Media-Anwendungen nutzen, sind es bei den Unternehmen nur die Hälfte. Manche Firma ist bereits auf verschiedenen Kanälen aktiv, Markenpositionierung bedeutet auch, als attraktiver Arbeitgeber in Erscheinung zu treten.
"Die Grundlage für solche Social Media-Aktivitäten ist die Bereitschaft zum Dialog. Denn wer sich auf ein Gespräch einlässt, muss auch Fragen beantworten und Kritik einstecken", sagt PR-Beraterin und Autorin Marie-Christine Schindler. Auf diese Kritikfähigkeit hin sollten Stellensuchende potenzielle Arbeitgeber abklopfen. Wenn etwa ein Unternehmen auf Kritik, die via Facebook auf der Pinnwand hinterlassen wurde, mit dem Hinweis reagiert, dass die Seite dafür ungeeignet sei, dann erntet es dafür zu Recht Häme.
Twitter: Beschleuniger für Jobanagebote
Man spreche zwar von einzelnen Kanälen, doch wenn diese miteinander verlinkt sind und ineinandergreifen, entstehe ein Social Web, so Schindler. Als Beschleuniger für Jobangebote funktioniert beispielsweise Twitter. Wie in einem Schneeballsystem werden Stellenangebote von Followern weitergeleitet, worauf wieder neue Gruppen Zugang zu den Informationen erhalten und diese ebenfalls mit ihren Kontakten teilen können. "Informationen verbreiten sich auf Wegen, die nicht immer nachvollziehbar sind", sagt Schindler.
Man kommuniziert, ohne genau zu wissen, wen man letztendlich erreicht. Wer sich auf Jobsuche befindet, tut also gut daran, potenziellen Multiplikatoren von Jobangeboten auf Twitter zu folgen, etwa Stellenvermittlern oder Mitarbeitern der Traumfirma. Es kann sich auch lohnen, die Veröffentlichungen von Alumnigruppen auf Xing zu scannen oder Firmenporträts auf Youtube zu studieren – die Informationen, die man dort erhält, helfen dann wiederum im Bewerbungsprozess.
Auf Augenhöhe mit dem Bewerber
Problematisch kann es werden, wenn die im Online-Dialog versprochene Offenheit vom Unternehmen im Businessalltag nicht umgesetzt wird. Spätestens im Vorstellungsgespräch finden Bewerber heraus, ob ihre Erwartungen erfüllt werden. Die selbstständige PR-Beraterin Su Franke, die mehrere Jahre bei Namics in der Kommunikation wirkte, kennt das Phänomen von der eigenen Jobsuche: "Ich erlebte ein Unternehmen im Social-Media-Bereich als offen und modern. Im Bewerbungsgespräch stellte sich heraus, dass diese Kultur im direkten Kontakt nicht weitergetragen wird."
Die Lehrer-Schüler-Situation im Vorstellungsgespräch kollidierte mit den geschürten Erwartungen – für die PR-Frau war die Firma damit keine attraktive Arbeitgeberin mehr. "Es ist eine Herausforderung, die gleiche Augenhöhe, die im Online-Umgang dazugehört, im direkten Kontakt beizubehalten", so Franke.
Worauf achten bei Jobsuche über Facebook und Co
Potenzielle Bewerber sollten darauf achten, dass die Firmenverantwortlichen beim persönlichen Treffen an den vorhergehenden Austausch anknüpfen. Die Umgebung sei zwar eine andere, aber das sei kein Grund, anders miteinander zu reden, findet Franke. Denn den Menschen hinter der Social-Media-Identität kann man aufgrund seiner Tweets und der Kommentare auf Facebook schon recht gut kennen lernen. Die Diskrepanz ist dort besonders offenkundig, wo zwar die Kommunikationsabteilung fleissig zwitschert, der Zugang zu sozialen Netzwerken am Arbeitsplatz selbst jedoch gesperrt ist.
Von einem Unternehmen, das den Online-Dialog führt und damit in der digitalen Welt angekommen scheint, dürfen Bewerberinnen und Bewerber zudem eine gewisse Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten und –orte erwarten. Marie-Christine Schindler: "Wenn auf der einen Seite locker getwittert wird und auf der anderen Seite die Mittagspause mit der Stempelkarte registriert wird, passt das nicht zusammen."