Gehaltsverhandlung: Die 10 grössten Fehler
In jedem Mitarbeitergespräch lauern Fettnäpfchen, erst recht beim Thema Geld. Wie Sie die grössten Fehler vermeiden, ohne dabei übervorsichtig zu wirken.
Der Personalbetreuer einer Bank glaubte sich verhört zu haben: "Angesichts meiner Erfahrung aus dem Private-Equity-Bereich sollte mein Jahresgehalt etwa 100.000 Euro (140.000 CHF) betragen." Dabei war der Bewerber gerade mal 27, und es ging nicht um eine Managementposition, sondern um einen Job als Vorstandsreferent. "Da war das Gespräch dann ganz schnell zu Ende", sagt der Personalbetreuer.
Schlechte Vorbereitung, falsches Timing, unklare Ziele
An überzogenen finanziellen Forderungen scheitern nicht nur Einsteiger. Auch wer vermeintlich fest im Sattel sitzt und seinen Chef nach einer Gehaltserhöhung fragt, braucht Augenmass. Jürgen Zech, Geschäftsführer der Kölner Agentur für Bewerbung und Coaching "Make it better" kennt Fälle, in denen Mitarbeiter 30 bis 40 Prozent mehr verlangen – und das Gespräch damit platzen lassen. Geht gar nicht, urteilt der Experte, "ausser es gibt ein komplett neues Arbeitsgebiet". Aber das muss auch einen solchen stolzen "Preis" wert sein.
"Die grössten Fehler sind schlechte Vorbereitung, falsches Timing und keine klaren Ziele", fasst Thomas Lange, Karriere-Coach in Frankfurt am Main, zusammen, was Bewerber und Mitarbeiter häufig übersehen, wenn sie über Geld reden. Jürgen Hesse, der das bundesweit vertretene Büro für Berufsstrategie gegründet hat, spricht von den "Todsünden im Gehaltsgespräch":
1. Vergleiche mit Kollegen.
"Schmidt arbeitet viel langsamer, trotzdem verdient sie mehr. Ich will auch mehr." Auf Vergleiche dieser Art reagieren Vorgesetzte allergisch. Schmälern Sie nicht Ihre Verhandlungsposition, indem Sie den Neidhammel herauskehren.
2. Vergleiche mit Wettbewerbern.
Sie sammeln nur Minuspunkte, wenn Sie behaupten, dass Konkurrent XY mehr zahlt. Erstens können Sie es kaum belegen, zweitens wird Ihr Chef an Ihrer Loyalität zweifeln.
3. Jammern.
"Alles ist teurer geworden, ich weiss nicht, wie ich mit meiner Familie über die Runden kommen soll." Ausserbetriebliche Argumente bringen nichts. Man wird nicht aus Mitleid bezahlt. Ausschlaggebend ist und bleibt die Leistung.
4. Erpressungsversuche.
"Entweder ich kriege mehr Geld oder ich gehe!" Das kann böse nach hinten losgehen. Niemand ist unersetzbar. Sie signalisieren Ihrem Vorgesetzten, dass Ihre Motivation im Keller ist. Wenn er demnächst Stellen streicht, stehen Sie oben auf der Liste.
5. Ich, ich, ich.
Warum soll Ihnen Ihr Unternehmen mehr zahlen? Es will einen Gegenwert sehen, und den müssen Sie ausführlich erläutern. Wenn Sie dagegen nur von Ihren Wünschen und Zielen reden – "ich habe Grosses vor und sehe in dieser Aufgabe ein gutes Sprungbrett für mich" – beweisen Sie alles andere als "Kundenorientierung".
6. Ja-aber-Sätze.
"Das kann ja sein, dass unser Unternehmen in einer schwierigen Lage ist, aber ich finde, ich verdiene trotzdem eine Gehaltserhöhung." Solche Sätze sind ermüdend, weil sich das Ja-aber-Spiel endlos fortsetzen lässt. Ausserdem schwingen in ihnen Trotz und sogar Herablassung mit, nach dem Motto: "Wann kapieren Sie das endlich?"
7. Schnee von gestern.
Ihre Gründe für eine Gehaltserhöhung müssen Hand und Fuss haben. Erfolge, besondere Leistungen, neue Aufgaben, mehr Verantwortung zählen, nicht aber die Tatsache, dass Sie in grauer Vorzeit Mitarbeiter des Jahres waren oder Ihre letzte Gehaltserhöhung schon lange zurückliegt.
8. Unsicherheit.
Leise Stimme, gesenkter Blick und übervorsichtige Formulierungen - "wie wäre es, wenn … vielleicht könnten Sie sich vorstellen..." – wecken das Raubtier in Ihrem Gegenüber. Durch gute Vorbereitung und bewusste Körpersprache strahlen Sie stattdessen Selbstsicherheit aus.
9. Selbstüberschätzung.
Wer zu viel fordert oder protzt, sowieso besser als alle anderen zu sein, stellt sich selbst ins Aus. Angeber kann niemand leiden.
10. Aggressives Verhalten.
Lehnt Ihr Chef Ihre Forderung ab, dürfen Sie nicht ausfallend werden. Fragen Sie ihn nach seinen Gründen und bitten um Tipps, was Sie verbessern können. Vereinbaren Sie einen Termin für die "Wiedervorlage" des Gehaltsthemas.
(Christoph Stehr, 2010)