Erfolgsfaktor Loyalität
Getuschel hinter dem Rücken des Chefs, Lästern über die Kollegen, Schimpfen auf den Arbeitgeber - illoyales Verhalten kommt in jeder Firma vor. Auf Dauer steht das sowohl der Karriere als auch dem Erfolg des Unternehmens im Weg.
"Echte Loyalität bedeutet keinesfalls Katzbuckeln oder Speichelleckerei", sagt Karriere-Coach Gitte Härter. Sie bedeute im Gegenteil einen Riesenvorteil - sowohl, was den eigenen Werdegang als auch die Entwicklung des Unternehmens angeht. Vorgesetzte seien beispielsweise froh, wenn ihnen jemand ehrlich sagt, wo die Probleme liegen. "Viele Arbeitnehmer möchten mehr Verantwortung übernehmen. Das geht aber nur, wenn man ihnen vertrauen kann", erklärt die Beraterin aus München. Dazu gehört auch, dass sich Führungskräfte darauf verlassen können, dass vereinbarte Aufgaben umgesetzt werden, ohne dass hinter vorgehaltener Hand gejammert wird. Mit der richtigen Unternehmenskultur können Firmenlenker die Weichen dafür stellen.
Schweizer Arbeitnehmer sind unzufriedener
Immer mehr Unternehmen besinnen sich wieder auf alte Tugenden. Sie haben erkannt, dass Erfolg und Loyalität eng zusammenhängen. Allerdings können sie von ihren Mitarbeitern nicht verlangen, was sie selber nicht leben. Die Zeiten einer lebenslangen Verbundenheit sind vorbei. Bei Menschen, die über Generationen hinweg einer Firma angehörten, entwickelte sich Loyalität zum Betrieb fast wie von selbst. Das ist heute nicht mehr so selbstverständlich.
Eine aktuelle Studie des Link-Instituts in Luzern zeigt, dass der Anteil der Arbeitnehmer in der Schweiz, die gegenüber ihrem Arbeitgeber loyal sind, innerhalb von zwei Jahren von 78 auf 76 Prozent sank. Das Institut führt den Rückgang auf die anziehende Konjunktur zurück. "In Boomphasen ist das Stellenangebot grösser, und ein Arbeitgeber muss mehr tun, um seine Angestellten zufrieden zu stellen", erklärt Studienautor Andreas Egli.
Umgang im Loyalität hat sich geändert
Die Deutschen ticken da genau anders herum. Die gleiche Studie im Bundesgebiet ergab, dass die Mitarbeiterloyalität im Vergleich zu 2004 in diesem Jahr von 74 auf 75 Prozent leicht zugenommen hat. "Den Unternehmen geht es wieder etwas besser. Und Arbeitnehmer, die nicht dauernd Angst haben müssen, ihren Job zu verlieren, sind zufriedener und damit auch loyaler", erläutert Eva Wenzel vom Link-Institut in Frankfurt. Für die Studie wurden 1002 deutsche Arbeitnehmer befragt.
Die in der Nähe von Wien ansässige Unternehmensberatung Böhm und Bumharter, interviewte zum gleichen Thema 32 Personalmanager, Firmen-Eigentümer, Geschäftsführer und Personalentwickler. Auch in den Augen der Befragten aus Österreich ist Loyalität ein wichtiges Thema. Ausschlaggebend dafür, dass die Mitarbeiter hinter ihrem Unternehmen stehen, seien weniger monetäre Aspekte, sondern der Führungsstil des Managements. Wer seinen Angestellten das Gefühl vermittele, zu dem zu stehen, was er sagt, sie wertzuschätzen und sie in Entscheidungen einzubeziehen, habe gute Chancen, dass sein Team auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu ihm halte.
Loyale Mitarbeiter steigern Produktivität
Loyalität in einem Unternehmen kann gefördert werden, bestätigt auch die Münchner Managementberaterin und Expertin im Loyalitätsmarketing Anne M. Schüller. "Es gilt, die richtige Unternehmenskultur zu schaffen. Beispielsweise ist es wichtig, die Angestellten an der Zielfindung zu beteiligen", sagt sie. Auch Probleme und Fehler sollten offen angesprochen werden können.
Das sei der Schlüssel zum Erfolg. "Loyale Mitarbeiter tragen massiv zur Produktivität bei. Sie sind weniger krank und bringen mehr Ideen ein." Loyalität bedeute, emotional mit der Firma verbunden zu sein und fördere das Engagement der Angestellten.
Massstab gilt für alle
"Die Chance zur Weiterbildung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt", wertet Eva Wenzel vom Frankfurter Link-Institut. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, gefördert zu werden, sind sie zufriedener. Das richtige Betriebsklima ist die eine Sache - doch wirklich loyales Verhalten ist laut Trainerin Gitte Härter vor allem eine Persönlichkeitsfrage.
"Das ist wie mit der Ehrlichkeit, entweder man ist es oder nicht", beschreibt sie. Viele ihrer Seminarteilnehmer erklärten, dass sie Kollegen gegenüber loyal sein könnten, aber nicht gegenüber dem Vorgesetzten. Auch die Abteilungszugehörigkeit spiele oft eine Rolle, nach dem Motto "Die Buchhaltung ist toll, doch das Marketing macht nur Unsinn".
Blinde Loyalität ist falsch
"Daran kann man als Mitarbeiter aber arbeiten. Zum Beispiel einfach mal das Gespräch mit dem Chef suchen, wenn man unzufrieden ist", sagt Härter. Das beweise Mut und stärke die Persönlichkeit. Spielchen zu spielen koste hingegen viel Energie und sei mit Ängsten verbunden.
Vorsicht jedoch vor falsch verstandener oder "blinder" Loyalität. "Aus Freundschaft bestimmte Probleme mit Kollegen nicht anzusprechen, ist falsch", erklärt die Fachfrau. Jeder müsste sich zudem auch selbst im Blick behalten. Gitte Härter: "Ich muss nicht der letzte sein, der mit dem Chef auf dem sinkenden Schiff bleibt, nur weil mir die Firma eine Chance gegeben hat."
(Mirjam Fritzsche)