Bewerbung: Die 12 schlimmsten Fragen
Die häufigsten, aber auch die schlimmsten und heikelsten Fragen, die der Interviewpartner im Vorstellungsgespräch stellen kann. Und wie man sie richtig beantwortet.
1. Wie finden Sie es, kritisiert zu werden?
2. Was ist Ihr größter Fehler – und was haben Sie daraus gelernt?
3. Wann haben Sie das letzte Mal eine Vorschrift oder Regel missachtet und warum?
4. Welchen Mehrwert würde Ihre Einstellung unserem Unternehmen bringen?
5. Welche drei positiven Charaktereigenschaften fehlen Ihnen?
6. Welche Bücher haben Ihren Werdegang am meisten beeinflusst?
7. Wie komme ich als Interviewer bei Ihnen an?
8. Welche Rolle spielt Geld für Sie?
9. Was ist das Verrückteste, was Sie je gemacht haben?
11. Sie scheinen mir zu unerfahren für diesen Job zu sein, meinen Sie nicht?
12. Was haben Sie zwischen … und … gemacht? (Lücke im Lebenslauf)
Auf Einstellungsgespräche werden Personaler gezielt geschult. Sie lernen, Fragen zu stellen, um den Bewerber kennen zu lernen und um festzustellen, wie gut dieser dem Anforderungsprofil entspricht und zum Unternehmen passt.
Die Personalreferenten eignen sich aber auch Techniken an, um den Bewerber aus der Reserve zu locken, ihn mit so genannten Stress- und Fangfragen zu irritieren – ja sogar, zu provozieren. Wir geben Ihnen hier Beispiele der heikelsten Fragen und wertvolle Empfehlungen für die Beantwortung.
Konkrete Tipps für die Vorbereitung
Grundsätzlich gilt bei der Beantwortung aller Fragen: Ruhe bewahren, kurz durchatmen und sich auf seine Vorbereitung besinnen.
Bei den unangenehmeren oder gar sehr heiklen Fragen des Interviewers geht es nicht in erster Linie darum, Ihre Antwort inhaltlich auf die Wagschale zu legen. Vielmehr will der Personaler Ihre Stressfähigkeit ermitteln und sozusagen Ihre "Schmerzgrenze" austesten.
1. Wie finden Sie es, kritisiert zu werden?
Falsch wäre eine Antwort im Stil: "Das macht mir überhaupt nichts aus". Man würde sie Ihnen ohnehin nicht abnehmen.
Je nach Kritikpunkt geht es ans Eingemachte, der Kritisierte fühlt sich in der Regel angegriffen. Gehen Sie bei dieser Frage erst gar nicht auf den Privatbereich ein, sondern davon aus, dass sie sich auf das berufliche Umfeld bezieht.
Erklären Sie, dass konstruktive Kritik nur nützlich sein kann, wenn "sie auch manchmal etwas unangenehm" ist. Damit vermitteln Sie, dass Sie zwar "wie ein Mensch" reagieren, die Kritik jedoch positiv aufnehmen wollen.↑ nach oben
2. Was ist Ihr größter Fehler – und was haben Sie daraus gelernt?
Vorsicht! Hier will man Sie aufs Glatteis führen. Zunächst sollten Sie sich klar machen, dass eine allzu ausgeprägte Ehrlichkeit nicht zielführend sein könnte. Dennoch gilt auch hier: Lügengeschichten sind tabu.
Überlegen Sie im Vorfeld, was Sie als "Fehler" anführen könnten. Ihr Interviewer wird sich allerdings nicht mit "Anekdoten" wie zum Beispiel einem Autofehlkauf oder einer misslungenen Urlaubsplanung zufrieden geben. Der Personaler erwartet hier eine Antwort, die ihm Aufschluss darüber gibt, ob Sie fähig zu Selbsteinschätzung und Selbstkritik sind und wie Sie auf diese Frage reagieren. Nennen Sie auch keine Begebenheit, die sich wiederholen könnte, so dass Ihnen der "Fehler" wieder unterlaufen könnte.
Was Sie definitiv nicht tun sollten: anderen für den begangenen Fehler verantwortlich machen, das kommt nicht gut an, selbst wenn Ihr Chef oder Ihr Kollege eine Teilverantwortung für diesen Fehler trägt. Wichtig ist zu zeigen, dass Sie zu Ihren Fehlern stehen.
Schließen Sie Ihre Antwort auf diese Frage mit dem positiven Ausblick ab, dass Sie aus der geschilderten Sache gelernt haben (nach Möglichkeit ausführen!).↑ nach oben
3. Wann haben Sie das letzte Mal eine Vorschrift oder Regel missachtet und warum?
Auch hier will der Personaler nicht etwa wissen, ob Sie vor drei Tagen bei Rot über den Zebrastreifen gelaufen sind. Das können Sie allenfalls mit einem smarten Lächeln anführen, um etwas Zeit zu gewinnen.
Der Interviewer will erkunden, ob Sie Unternehmensregeln häufig durchbrechen, das heisst, ob Sie sich ohne Zögern über Vorschriften hinwegsetzen, oder ob Sie in einer bestimmten Situation zwar gegen die Regel, aber dennoch mit Bedacht entschieden haben, eben weil es die eine Situation so erfordert hat. Es geht also darum festzustellen, ob Sie in der Lage sind, abzuwägen.
Bei der Beantwortung ist jedoch Vorsicht geboten: Sie dürfen weder als Eigenbrötler ("ich mache grundsätzlich, was ich will") oder als Querulant ("mein bisheriger Chef hat immer wieder gesagt, ich soll mich an die Regeln halten") noch als Apostel des blinden Gehorsams ("wo denken Sie hin, ich halte mich immer an die Regeln") erscheinen.↑ nach oben
4. Welchen Mehrwert würde Ihre Einstellung unserem Unternehmen bringen?
Eine gerne gestellte Frage der Personaler, die Sie keinesfalls beunruhigen sollte. Sie können sich gezielt darauf vorbereiten, indem Sie im Vorfeld das Profil der Stelle genauestens analysieren und die Pluspunkte auf Ihrem Kompetenzkonto, die dazu passen, herauskristallisieren. Führen Sie auch Eigenschaften wie Ihre absolute Zuverlässigkeit und/oder Ihre hohe Motivation an.
Erwähnen Sie, dass Sie sich auch gut mit der Firmenphilosophie identifizieren können und die ausgeschriebene Aufgabe Sie sehr reizt. Sprechen Sie die emotionale Ebene an.
Beispiel: "Ich bin davon überzeugt, dass ich mich in diesem Unternehmen sehr wohl fühlen würde".↑ nach oben
5. Welche drei positiven Charaktereigenschaften fehlen Ihnen?
Auch diese Frage sollte keine Schweissperlen auf Ihre Stirn treiben, denn Sie können sich leicht darauf vorbereiten. Reflektieren Sie im Vorfeld, was Sie hier anführen könnten und unterstreichen Sie, dass es Ihrer Meinung nach um Eigenschaften geht, die bei Ihnen ungenügend ausgeprägt und daher ausbaufähig sind.
Zum Beispiel: Sie sind möglicherweise zu gewissenhaft und prüfen die Dinge mehrmals, bevor Sie ein Arbeitsergebnis abgeben. Lassen Sie jedoch durchblicken, dass dies auf Ihr Bestreben, gute Arbeit abzuliefern, zurückzuführen ist – und nicht etwa aus Mangel an fachlicher Kompetenz.
Zielführend kann evtl. auch die Erwähnung einer Eigenschaft sein, die der Personaler möglicherweise schon selbst im Interview notiert hat. Beispiel: Sie können sich nicht so gut verkaufen, wie es Ihr Kompetenzprofil und Ihre bisherigen beruflichen Erfolge eigentlich erfordern.↑ nach oben
6. Welche Bücher haben Ihren Werdegang am meisten beeinflusst?
Die Abwandlung des Satzes "sag mir, was du liest, und ich sage dir, wer du bist".
Ganz schlecht wäre die Antwort: "Da fällt mir nichts ein, ich habe gar keine Zeit zum Lesen" oder "ich lese nur Comics".
Wenn Sie tatsächlich keine oder nur selten Bücher lesen, können Sie auf das Internet ausweichen und sich auf News-Plattformen berufen. Ansonsten ist in Bezug auf politische und andere heikle Themen bzw. umstrittene Namen der schreibenden Zunft Vorsicht geboten. Und selbstverständlich macht es keinen Sinn, die aktuelle Nummer 1 der Beststellerliste zu nennen, wenn Sie das Werk nicht gelesen haben. Der Schuss könnte nach hinten gehen.
Seien Sie auch vorsichtig mit Büchern, die zum Beispiel von selbst ernannten Managementgurus oder "Lebenshelfern" am Fliessband verfasst werden und Allgemeinplätze verkaufen. Sie wissen nicht, wie der Interviewer dazu steht.↑ nach oben
7. Wie komme ich als Interviewer bei Ihnen an?
Diese besonders knifflige Frage ist eine echte Falle. Fangen Sie in keinem Fall an, den Interviewer über den grünen Klee zu loben oder ihm zu bestätigen, dass Sie "sich eigentlich sehr wohl gefühlt haben …". Auch wenn der Personaler einen noch so aufrichtigen Eindruck macht und Sie um konstruktive Kritik bittet: Lassen Sie die Finger davon.
Zielführender ist es, auf die Metaebene zu gehen und Sie mit einem netten Lächeln zu sagen: "Das klingt ja fast wie eine Fangfrage. Können wir noch einmal zur Aufgabenbeschreibung zurückkehren? Da hätte ich noch einen Punkt…".↑ nach oben
8. Welche Rolle spielt Geld für Sie?
Von "Geld ist für mich total unwichtig" bis "es spielt für mich keine große Rolle" ist alles falsch. Wenn dies tatsächlich Ihre ehrliche Antwort wäre, müssten Sie sich die Gegenfrage gefallen lassen, warum Sie überhaupt arbeiten wollen bzw. sich beworben haben, und gegebenenfalls einen Hungerlohn akzeptieren.
Vielmehr sollten Sie selbstbewusst erläutern, dass eine gute Leistung auch gebührend entlohnt werden sollte. Schliesslich will das Unternehmen auch Gewinne erzielen, das gleiche gelte für Sie: Sie wollen Ihre Familie ernähren, ein Dach über dem Kopf finanzieren usw.
Aber bitte: Dabei darf Ihr Ton nicht provokativ klingen, sondern freundlich und ruhig.↑ nach oben
9. Was ist das Verrückteste, was Sie je gemacht haben?
Wenn Sie Ihrer Freundin einen Heiratsantrag um Mitternacht auf dem Dach eines Wolkenkratzers in Hongkong gemacht, Ihren todkranken Freund über Nacht aus dem Krankenhaus entführt und ihm einen unvergesslichen Abend bereitet, Ihrer Schwester nach ihrer Scheidung eine sündhaft teure Handtasche als Trostpflaster gekauft haben – dann dürfen Sie das ruhig erzählen.
Über verrückte Entscheidungen beruflicher Art, die Sie beispielsweise in Ihrem letzten Unternehmen getroffen haben, sollten Sie sich ausschweigen, vor allem wenn Ihr Unterfangen schief gegangen ist.
Hintergrund der Frage ist es herauszufinden, wie kreativ Sie sind und ob Sie auch unkonventionelle Wege gehen können.↑ nach oben
10. Haben Sie eine Marotte?
Zunächst stellt sich die Frage, was Ihr Gesprächspartner darunter versteht, denn sinnverwandte Wörter gibt es hierfür genügend. Insofern können Sie erst einmal Zeit gewinnen und ihn hinterfragen, was er damit genau meint.
Als Marotte gilt eine Eigenart, Eigenheit, Eigentümlichkeit, fixe Idee, Flause, wunderliche Angewohnheit... Also Vorsicht bei der Beantwortung.
Nächtliches Schlafwandeln, penetrantes Ohrenreiben oder "Nasehochziehen" in Stresssituationen, Haarlockekringeln bei Langeweile, übertriebenen Händewaschzwang und ähnliche "Macken" sollten Sie lieber verschweigen (und möglichst schnell abtrainieren).
Aber es gibt sicher kleine "Schrullitäten", die durchaus sympathisch wirken können, zum Beispiel dass Sie Ihren Glücksbringer stets dabei haben oder am Freitag, den 13. meistens einen Lotterielos kaufen.↑ nach oben
11. Sie scheinen mir zu unerfahren für diesen Job zu sein, meinen Sie nicht?
Jetzt gilt es, den Interviewer davon zu überzeugen, dass er sich täuscht, denn gerade weil Sie möglicherweise wenig (wiederholen Sie nicht das von ihm verwendete Wort "unerfahren") Erfahrung mitbringen, sind Sie in der Lage, frischen Wind in die Aufgabe zu bringen und die Herausforderungen auf unkonventionellem Wege entgegen zu treten. ↑ nach oben
Seien Sie selbstbewusst (wie immer mit Mass und Ziel) und erwähnen Sie die Pluspunkte auf Ihrem Kompetenzkonto.
12. Was haben Sie zwischen … und … gemacht?
Der Personaler spricht Sie auf eine Lücke in Ihrem Lebenslauf an: Bleiben Sie ruhig und freundlich. Wenn ihn das stören würde, hätte er Sie nicht zu einem Gespräch eingeladen.
Die Fehlzeiten im eigenen Lebenslauf mit kleinen Mogeleien oder gar Lügen zu füllen, ist keine gute Lösung, denn früher oder später wird der Schwindel aufgedeckt. Auch die "Null Bock"-Version sollten Sie verschweigen. Zielführender ist es, die fehlenden Zeitabschnitte positiv zu erklären.
Beispiele: Vermeiden Sie das Wort "arbeitslos", sagen Sie lieber "arbeitssuchend". War die Zeit ohne Beschäftigung länger, so ist es sicher sinnvoll zu erläutern, dass Sie die Zeit genutzt haben, um beispielsweise Fremdsprachen- oder PC-Kenntnisse zu vertiefen.
Auch ein längerer Auslandsaufenthalt wird positiv gewertet, denn er bringt zusätzliche Erfahrung fürs Leben. Auch die Angabe von Eltern- oder Pflegezeiten im Familienkreis wird heute als Pluspunkt verbucht. Und schliesslich werden heutzutage "Zeiten der Neuorientierung" auch nicht mehr argwöhnisch betrachtet, sondern als wertvolle Erfahrung.
Allgemeine Tipps
Fallweise ist eine Prise Humor durchaus nicht fehl am Platz, zumindest können Sie bei der einen oder anderen Fragen damit zunächst etwas Zeit gewinnen.
Beispiel:
Frage: "Welche Schwächen haben Sie?"
Antwort: "Schwächen? Wie viel Zeit habe ich denn?"
Allerdings sollten Sie damit nicht übertreiben und bei Gebrauch von Humor stets freundlich, aber nicht provokant lächeln und rasch wieder mit Ernsthaftigkeit an die Beantwortung der Frage gehen.
Pure Provokation
Fragen, die in die Kategorie "pure Provokation" fallen, sollten Sie zunächst souverän hinterfragen: "Meinen Sie diese Frage ernst?".
Sollte der Personaler mit "ja" antworten, fragen Sie sich, ob Sie wirklich in einem Unternehmen tätig sein wollen, das derartige Einstellungspraktiken an den Tag legt.
Beispiele:
Glauben Sie wirklich, mit Ihrem Outfit punkten zu können?
Meinen Sie nicht, dass es gesünder wäre, ein paar Pfunde abzunehmen?
Was haben Sie sich bei dieser Frisur gedacht?
Wieso kommen Sie verspätet? (und dabei sind Sie pünktlich)
Solche und ähnliche Fragen müssen Sie nicht beantworten. Beleidigende Kommentare, die eher an zweifelhafte Castingshows erinnern, müssen Sie sich nicht gefallen lassen.
(Giselle Chaumien-Wetterauer, GCW Communications, Februar 2010)
Giselle Chaumien-Wetterauer
war fast drei Jahrzehnte als Ressortleiterin in der Industrie tätig, u.a. im Sprachendienst und in der Kommunikation, bevor sie sich selbstständig machte.
Heute berät sie Unternehmen in Sachen Kommunikation, arbeitet als freie Autorin und Fachübersetzerin und begleitet junge Menschen in die Selbstständigkeit.