Die Promotion clever finanzieren
Wer doktoriert, leistet harte Forschungsarbeit und bekommt dennoch kein volles Gehalt. In den Geistes- und Sozialwissenschaften mangelt es obendrein noch an Stellen. Wie kommen Doktoranden dennoch über die Runden?
In einer Schrift des Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierates findet sich folgender Cartoon: Fragt jemand einen Doktoranden: "Was erforschen Sie?" Der Doktorand sitzt am Schreibtisch, neben sich einen Stapel Akten, sieht hilflos aus und antwortet: "Die Geldbeschaffung!". Das heisst erstens: Nur wer die Finanzierung der Doktorarbeit geregelt hat, kann sich auf seine Forschungsarbeit konzentrieren. Und zweitens: Leider ist dies nicht immer der Fall.
Voller Einsatz bei Teilzeitgehalt
Der einfachste Weg zum Doktortitel führt über eine Anstellung in einem Drittmittelprojekt, einem Graduiertenprogramm oder als Assistierender an einem Lehrstuhl der Hochschule. Solche Stellen entdeckt man in Zeitungen, Fachmagazinen, Online-Stellenbörsen und an den Informationswänden der Hochschulen. Wer direkt in Arbeitsgruppen mit entsprechenden Forschungsschwerpunkten anfragt, erfährt vielleicht schon von Projekten, für die bald Doktoranden gesucht werden - und sichert sich eine gute Position im Bewerbungsverfahren.
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF), die wichtigste Organisation für Forschungsförderung in der Schweiz, hat kürzlich die Doktorandensaläre angehoben: Über SNF-Projekte angestellte Doktorierende erhalten ab dem 1. Januar 2008 jährlich 38.400 Franken brutto (aktuell 34.200) im ersten Jahr, im zweiten Jahr 41.400 Franken (37.200) und im dritten sowie vierten Jahr 44.400 Franken (40.200). Als Assistierende am Lehrstuhl angestellte Doktoranden dürfen mit etwa derselben Summe rechnen. Ein volles Assistierenden-Gehalt beträgt zwar mehr, aber Doktoranden werden nur in Teilzeit angestellt, an der ETH Zürich beispielsweise in der Regel zu 60 Prozent. Vollen Einsatz erwarten die Professoren natürlich trotzdem.
Doktorieren mit Stiftungsgeldern
"Es wäre schön, wenn sich die Finanzierungsfrage generell und klar beantworten liesse", findet Agnes Hess vom Ressort Nachwuchsförderung der Universität Basel. Die fakultären Unterschiede seien aber nach wie vor sehr gross. So sind Dissertationsstellen in den Geistes- und Sozialwissenschaften eher rar. Vor allem in diesen Disziplinen bleiben Doktorierende daher oft auf die Unterstützung der Eltern angewiesen oder finanzieren sich über diverse Nebenjobs.
Eine Alternative bieten Stiftungen und andere Institutionen, die persönliche Stipendien vergeben. Allerdings mit einem Haken: Bei der Finanzierung über Stipendien werden weder Sozialleistungen noch Beiträge für eine Unfallversicherung bezahlt. Licht in den Dschungel der Stiftungen bringt das Verzeichnis der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht. Über lokale Fördereinrichtungen informiert man sich am besten direkt bei den Beratungsstellen der Hochschulen. Auch der SNF vergibt Stipendien an Doktorierende, allerdings nur für ein Jahr und gebunden an einen Auslandsaufenthalt.
Hier gibt es Geld für Bücher und Reisen
Die meisten Stiftungen finanzieren keine komplette Doktorarbeit, sondern leisten nur Teilbeiträge. Sie erstatten etwa Ausgaben für Fachbücher, Exkursionen oder Auslandsaufenthalte. Die Schweizerische Studienstiftung beispielsweise übernimmt bis zu 70 Prozent solcher Kosten. Ein Auslandssemester unterstützt sie mit maximal 6.000 Franken, längere Auslandsstudien mit maximal 10.000 Franken pro Jahr.
Schweizweit fördert die Studienstiftung zurzeit 93 Doktorierende. Sie profitieren vom selben Förderprogramm wie Studierende auf Bachelor- und Masterstufe. Bei der Beurteilung der Förderungswürdigkeit zählen sowohl die akademische Leistung als auch die Persönlichkeit, die in einem Assessment Center getestet wird. Trotz dieser Hürde lohnt sich eine Bewerbung: Die Erfolgsquoten seien hoch, heisst es bei der Schweizerischen Studienstiftung.
Wenn das Geld am Ende knapp wird
Gegen Ende der Dissertation befinden sich viele Doktoranden in einem Dilemma: Die Finanzierung läuft aus und Nebenjobs würden den Abschluss nur noch weiter verzögern. Kann der Doktorvater dann keine anderen Geldtöpfe anzapfen, lohnt sich ebenfalls ein Blick ins Stiftungsverzeichnis, denn viele private Stiftungen greifen Doktoranden speziell in der Abschlussphase finanziell unter die Arme.
Ein anderes Problem betrifft vor allem weibliche Doktorierende: Dissertation und Familiengründung fallen in denselben Lebensabschnitt, lassen sich aber nur schwer unter einen Hut bringen - sei es, weil Laborarbeit, der Umgang mit giftigen Chemikalien, während Schwangerschaft und Stillzeit verboten ist, oder weil es an Krippenplätzen mangelt.
Viele angehende Doktorinnen, die Mütter werden, nehmen daher eine Auszeit. Mit dem Marie-Heim-Vögtlin-Programm, einem Instrument der Frauenförderung, erleichtert der SNF Doktorandinnen und Postdoktorandinnen den Wiedereinstieg nach der Familienpause. Die Erfolgsquote eines Antrags beträgt 35 Prozent, die Förderung wird für zwei Jahre gewährt mit der Option auf Verlängerung.
Das perfekte Gesuch
Egal, ob man einen Marie-Heim-Vögtlin-Beitrag oder ein Stipendium für die Abschlussphase beantragt, ein eigenes Forschungsprojekt finanziert haben möchte oder nur ein Praktikum im Ausland: das Gesuch muss sowohl formal als auch inhaltlich überzeugen. Vor der Stellung eines Antrags sollte man daher unbedingt einen Blick in die Stiftungssatzung werfen und prüfen, ob Stiftungszweck und eigenes Anliegen überhaupt zusammenpassen. Auch Eingabetermine, Altersgrenzen und Gesuchsformulare gilt es zu beachten.
Hilfe beim Verfassen eines Gesuchs bietet ein Leitfaden des Verbandes Schweizer Förderstiftungen. Die Lektüre lohnt sich ohnehin für alle Doktorierenden, die eine Karriere in der Wissenschaft anstreben. Denn das Einwerben von Fördermitteln wird zukünftig zu ihren vordringlichsten Aufgaben zählen. Spätestens nach Abgabe der Doktorarbeit steht schon das nächste Geldbeschaffungs-Projekt an: die Finanzierung des Postdocs.
(Uta Neubauer)
Weiterführende Informationen im Internet:
Verzeichnis der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht
www.edi.admin.ch/esv/
Leitfaden des Verbandes Schweizer Förderstiftungen
www.swissfoundations.ch/de/gesuche