Die ersten Schritte nach der Kündigung
Entlassungen können heutzutage jeden Arbeitnehmer treffen. Umso wichtiger ist es, sich präzise über das Vorgehen nach der Kündigung zu informieren, um offene Stellen und Arbeitslosentaggeld zu erhalten. [23.10.2006]
Veränderungen in Unternehmen werfen ihre Schatten voraus: Hektik, Unsicherheit, nervös kommentierte sinkende Umsatzzahlen verheissen nichts Gutes. Dies ist eine Situation, die signalisiert: Der Zeitpunkt ist günstig, sich jetzt schon selbst auf dem Arbeitsmarkt umzuschauen, bevor das Kündigungsschreiben "aus wirtschaftlichen Gründen" im Briefkasten landet. Kathrin Boller, 46-jährige Produktionschefin einer Monatszeitschrift, wartete trotzdem ab. Sie hoffte auf bessere Zeiten hoffte. Als Entlassungen, darunter auch ihre, ausgesprochen wurden, begann ein schwieriger Parcours durch die Institutionen.
Sich bei der Arbeitsvermittlung zügig melden
Irene Tschopp, Leiterin Kommunikation vom Amt für Wirtschaft und Arbeit in Zürich, klärt auf, wie ein bereits Gekündigter vorgehen soll. Sie sagt: "Am besten ist es, sich gleich nach der Kündigung bei der Regionalen Arbeitsvermittlung RAV zu melden. Dies kann jedoch auch während der Kündigungsfrist, spätestens aber am 1. Tag der Arbeitslosigkeit erfolgen." Diesen Rat beherzigte Kathrin Boller. Sie meldete sich einen Tag, nachdem sie die schriftliche Kündigung hatte, sofort bei ihrer Wohngemeinde, um ihre Situation zu erklären und Arbeitslosenentschädigung zu beantragen. Die Wohngemeinde ist verpflichtet, die ersten Schritte aufzuzeigen und Boller an die für sie zuständige RAV zu verweisen, von denen es in der Schweiz in jeder Stadt und jedem Kanton eine grosse Anzahl gibt.
Informationstag in der Mehrzweckhalle
Die RAV lud Kathrin Boller beim ersten persönlichen Kontakt zu einem Informationstag ein. An diesem Tag fand sie sich mit rund 40 Arbeitssuchenden aus verschiedenen Berufen und fast jeder Altersstufe in einer Mehrzweckhalle ihrer RAV-Gemeinde wieder fand. Die Teilnehmer bekamen die wichtigsten Informationen über ihre Rechte und Pflichten, um staatliche Unterstützung zu bekommen.
Eine Woche später wurde Boller zu einem weiteren, diesmal persönlichen Beratungs- und Kontrollgespräch eingeladen. Sie erzählt: "Ich kam mit einem Dossier mit den bedeutsamsten Unterlagen, die die RAV von den Arbeitssuchenden verlangt." Darin sind enthalten: Das ausgefüllte Formular "Meldung bei der Wohngemeinde", AHV-Ausweis (Alters- und Hinterbliebenen-Ausweis), Wohnsitzbescheinigung, Arbeitsvertrag, Kündigungsschreiben, Zeugnisse der letzten Arbeitgeber, Bescheinigungen über persönliche Aus- und Weiterbildungen sowie Bewerbungsunterlagen. Bei diesem Gespräch ging die RAV-Beraterin auf die persönliche Situation von Boller ein, weshalb sich die arbeitslose Produktionschefin etwas unsicher fühlte. "Ich sollte nachweisen, dass ich mich sofort nach der Kündigung um Arbeit bemüht habe", berichtet sie.
Die RAV-Beraterin rechnete bei diesem Treffen zudem aus, dass im Fall von Kathrin Boller ein Anspruch auf Arbeitslosentaggeld für den Zeitraum von 400 Arbeitstagen bestand. Dabei wird von theoretischen 21,7 Arbeitstagen pro Monat ausgegangen. "In meinem Fall betrug das Taggeld 70 Prozent des letzten Einkommens, das auf 13 Monatssalären basierte", erklärt sie.
Weiterbildung und Stellenvermittlung
Um Arbeitslosenunterstützung zu bekommen, muss jede bei der RAV gemeldete Person regelmässig Bewerbungsnachweise vorzeigen, zum Beispiel klassische Papier- der E-Mail-Bewerbungen. Ausserdem gehören individuell abgemachte Treffen mit der zuständigen Beraterin zu den Pflichten Arbeitssuchender. Die Beraterin erarbeitet in diesen Gesprächen gemeinsam mit den Suchenden persönliche Weiterbildungen, zum Beispiel Sprach- oder Informatikkurse, um die Arbeitsmarktfähigkeit zu halten oder zu steigern. Die RAV informiert zudem schriftlich über offene Stellen, entsprechend den Kenntnissen und Erfahrungen der Suchenden und fungiert auch als Stellenvermittler. Kathrin Boller fand wieder eine interessante Stelle als Produktionschefin einer Fachzeitschrift - durch RAV-Kurse, Ausdauer und Networking: Ein Freund hatte sie auf die Vakanz aufmerksam gemacht.
Checkliste: Kündigung - was nun?
- Kündigung: Wurden Fristen und spezielle Vertragsvereinbarungen eingehalten?
- Gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer: Rückfrage bezüglich der Rechtslage
- Aufforderung, selbst zu kündigen, kritisch prüfen: es droht eventuell Kürzung des Arbeitslosentaggeldes
- Anmelden des Arbeitslosenstatus bei der Wohngemeinde oder direkt bei der RAV
- Zusammentragen der von der RAV geforderten Unterlagen
- Finanzen prüfen: eventuell bei der RAV oder der Gemeinde Unterstützungszahlungen beantragen, zum Beispiel für Krankenkassengelder oder Miete
- Selbst aktiv Arbeit suchen: von der RAV vorgeschlagene Stellen, Eigeninitiative, Stellen aus dem Umfeld
- Weiterbildung: Eigeninitiative und RAV-Angebote
(Helga Wienröder)
Weiterführende Informationen:
Schweizerische Arbeitsmarktbehörde
www.treffpunkt-arbeit.ch
Leistungen für Arbeitslose (auf der Seite der RAV Kanton Zürich)
http://www.rav.zh.ch/internet/vd/awa/rav/de/leistungen.html
Kaufmännischer Verband Schweiz, Beratung, Rechtsdienst
www.kv-schweiz.ch
Buchtipp:
Fred Frohofer, Hans Schmidt: "Arbeitslos - was tun", Beobachter-Verlag 2005, 240 Seiten kartoniert, SFr. 32