Chemiker: Einstieg, Aufstieg und Einkommen

von Monster Contributor

Chemiker sind nach wie vor gefragt auf dem Arbeitsmarkt und dürfen mit überdurchschnittlichen Gehältern rechnen - vorausgesetzt, sie sind offen für Aufgaben, die jenseits ihres klassischen Tätigkeitsspektrums liegen. 

Wer Chemie studiert - egal ob an einer Fachhochschule (FH), Universität oder Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) -, lernt nicht nur die Stoffeigenschaften von Chrom, Molybdän und Co., sondern auch Pipettieren, Destillieren, Umkristallisieren. Chemiestudenten verbringen mehr Zeit im Labor als im Hörsaal. Beim Berufseinstieg aber hängen die meisten den Kittel an den Nagel und arbeiten eher konzeptionell als praktisch.

"Die früheren Tätigkeiten eines klassischen Hochschulchemikers, beispielsweise in der organischen Synthese, übernehmen heute grösstenteils Laboranten und Absolventen von Fachhochschulen", sagt Paul Vesel vom Industrieverband SGCI Chemie Pharma Schweiz. Das bedeutet aber nicht, dass ein Chemiker FH grundsätzlich geringere Aufstiegsmöglichkeiten hat als sein Kollege mit Hochschulabschluss. Für den Erfolg im Beruf zählt letztendlich die individuelle Eignung, zumal das im Studium Erlernte oft wenig gemein hat mit den im Arbeitsalltag benötigten Fähigkeiten.

Gute Jobaussichten

Insgesamt sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Chemiker positiv, betont Vesel: "Selbst wenn Firmen in einem Bereich Stellen streichen, suchen sie anderswo qualifizierte Mitarbeiter." Gute Chancen hätten vor allem diejenigen, die offen sind für neue Aufgaben. Als Herausforderung für die Branche bezeichnet Vesel die neue Chemikalienverordnung der EU, kurz Reach genannt, die wegen des Im- und Exports auch Unternehmen in der Schweiz betrifft.

"Die Firmen müssen sich überlegen, wie sie die Situation bewältigen", sagt Vesel. Vermutlich werden verstärkt Chemiker eingestellt, die bereit sind, sich in die Struktur und Organisation der Chemikalientests, in Datenverarbeitung und Registrierung sowie in die damit verbundenen rechtlichen und logistischen Fragen einzuarbeiten.

Gefragt ist ferner eine toxikologische Zusatzausbildung. Auch mit Nebenfächern, die etwa kaufmännische Grundlagen vermitteln, können sich Chemiestudenten auf die Anforderungen der Industrie vorbereiten. Die Universität Zürich bietet sogar einen Studiengang Wirtschaftschemie an. Neben Mathematik, Chemie und Physik stehen hier Betriebswirtschaftslehre und Rechnungswesen auf dem Studienplan.

Die Branche wächst im Ausland

An ihr Studium schliessen die meisten frisch diplomierten Chemiker ein drei- bis vierjähriges Doktorat an. In der Industrie sei der Doktortitel immer noch eine gute Referenz, betont Paul Vesel. Wer eine Karriere als Forscher anstrebt, verbringt nach der Promotion oft noch ein bis zwei Jahre als Postdoktorand an einem renommierten ausländischen Forschungsinstitut. Für eine akademische Laufbahn ist der "Postdoc" ohnehin ein Muss.

Auch Berufseinsteiger in der Industrie profitieren von Auslandserfahrung und ausgezeichneten Fremdsprachkenntnissen, denn in Zeiten der Globalisierung wird die internationale Zusammenarbeit immer wichtiger. So wachsen auch die schweizerischen Chemie- und Pharmafirmen vor allem im Ausland: Die Zahl der im Ausland Beschäftigten der Top Ten der Branche nahm von 1997 bis 2005 um etwa 25 Prozent zu, bei annähernd konstanten Zahlen für das Personal in der Schweiz. Von den insgesamt 250.000 Beschäftigten der schweizerischen Chemie- und Pharmaunternehmen arbeiten hierzulande etwa 60.000.

Forscher oder Firmengründer?

Wer sich für eine Karriere in der hiesigen Chemie- und Pharmaindustrie entscheidet, hat die Wahl zwischen den Branchenriesen - wie Roche, Novartis, Ciba oder Clariant - und rund 1000 kleinen und mittleren Betrieben. Die Unternehmensgrösse sollte für Stellensuchende allerdings nicht das entscheidende Kriterium sein. Kleineren Firmen geht es oft besser als den grossen, wie das Beispiel Ems-Chemie zeigt: Das Unternehmen mit rund 2000 Mitarbeitern, mehrheitlich im Besitz der Unternehmerfamilie Blocher, präsentiert sich zurzeit als das profitabelste Chemieunternehmen der Schweiz. Auch die Lonza-Gruppe steht, gemessen an der Ebit-Marge, besser da als die Branchenriesen Clariant und Ciba, die unter der Konkurrenz aus China leiden und Sparprogramme auflegen müssen.

Ob beim Mittelständler oder Branchenriesen: Das Tätigkeitsspektrum von Chemikern ist ausserordentlich breit. Gefragt sind sie nicht nur in der Produktion sowie in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, sondern ebenso in der Qualitätskontrolle, wo sie Verantwortung als Laborleiter übernehmen. Auch leitende Positionen in Marketing oder Vertrieb und Stellen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit besetzen Chemieunternehmen gerne mit Chemikern, die hierfür nicht nur fachlich fit, sondern auch ausgesprochen kommunikationsstark sein sollten. Zudem finden Chemiker in Politik und Verwaltung interessante Stellen, beispielsweise in Gesundheits- und Patentämtern.

Wer neben Fachwissen kaufmännische Kenntnisse mitbringt, hat ausserdem gute Chancen als Führungskraft bei einem Start-up einzusteigen - oder warum nicht eine eigene Firma gründen? Vor allem die boomende Nano- und Biotech-Szene bietet Nischen für kreative Chemiker mit Gespür fürs Geschäft.

Überdurchschnittliche Gehälter

Der Schweizerische Verband diplomierter Chemiker FH (SVC) hat im Oktober 2004 die Ergebnisse einer Salärumfrage unter seinen Mitgliedern präsentiert. Demzufolge verdienen Berufsanfänger durchschnittlich 80.000 Franken jährlich, inklusive Gratifikation und Prämien. Nach 15 Arbeitsjahren haben sie ihr Jahresgehalt auf 100.000 bis 150.000 Franken jährlich erhöht. Chemiker mit Hochschulabschluss (Universität oder ETH) dürfen mit monatlich rund 800 Franken mehr rechnen, heisst es beim Verband Angestellte Schweiz, der ebenfalls die Saläre im Chemie- und Pharmasektor erhebt.

Traditionell gehört die Chemie- und Pharmabranche zu den gut zahlenden Berufszweigen. Das Durchschnittseinkommen liegt hier mehr als sechs Prozent über jenem der ebenfalls überdurchschnittlich dotierten Maschinenbranche. Ein Chemiestudium lohnt sich also nach wie vor - im wahrsten Sinne des Wortes.

(Uta Neubauer)