Bewerbung: Mit Beispielen Pluspunkte sammeln
Wer im Bewerbungsgespräch auf unerwartete Fragen mit stimmigen Beispielen aus seinem Erfahrungsschatz antwortet, meistert auch heikle Situationen.
Egal, ob Sie im Vorstellungsgespräch als Plattenleger, Bauarbeiter, Verkäuferin oder Projektmanagerin nach ihren Erfahrungen gefragt werden, "es empfiehlt sich immer, mit konkreten Beispielen zu antworten", sagt Bewerbungscoach Markus Hornung von der AOZ, der Asylorganisation Zürich, die eng mit den Regionalen Arbeitsvermittlungen zusammenarbeitet. Pluspunkte sammeln können Sie insbesondere mit leicht nachvollziehbaren Beispielen, die in Ihren Arbeitsalltag eingebettet sind.
Und Marcel Schädeli, stellvertretender Leiter Human Resources beim Eidgenössischen Finanzdepartement in Bern, erklärt: "Bei den Fragen nach Beispielsituationen handelt es sich um eine Interview- und Fragetechnik, die es erlaubt, bessere Prognosen über Ihr späteres Arbeitsverhalten und Ihre Vorgehensweisen abgeben zu können, da vergangenes Verhalten Aufschluss über Ihr zukünftiges Verhalten in ähnlichen Situationen gibt."
Beispiele müssen nachvollziehbar und überzeugend sein
Daher gilt: Anhand überzeugender und in sich stimmiger Beispiele können Sie Ihre positiven Eigenschaften unterstreichen und sich zudem bei Ihrem künftigen Chef profilieren. Ausserdem heben Sie sich mit derart authentischen Beispielen wohltuend von anderen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern ab.
Erzählen Sie Ihre Beispiele als logisch aufgebaute Geschichten. Dabei hilft ein einfaches Modell auch weniger versierten Geschichtenerzählern. Nach diesem Erzählmodell gliedern Sie Ihre Beispielgeschichten stets in drei Schritte:
• zuerst die Situation beschreiben
• dann Ihre Aktion umreissen
• drittens das Resultat am Schluss unterstreichen.
Situation – Aktion – Erfolg
Beispiel: Sie erläutern die Ausgangssituation und Ihren Part dabei, etwa wie Sie mit einem schwierigen Kunden oder einer borstigen Kollegin umgegangen sind und was Sie gemacht haben, um den Kunden, die Kundin zufrieden zu stellen oder den querulanten Kollegen neu zu motivieren. Berichten Sie zum Schluss, was Ihre Aktion, was Ihre Initiative gebracht hat. Teilen Sie mit, ob Sie damit Erfolg hatten oder leider nicht zum Ziel kamen.
Wer im Bewerbungsgespräch auf Fragen nach Beispielen aus dem Berufsalltag kleine Geschichten nach dem Dreistufen-Modell Situation – Aktion – Erfolg präsentieren kann, hat den Vorteil auf seiner Seite. Denn solche Geschichten sind für den Personalverantwortlichen anschaulich und leicht verständlich. Obendrein erzeugen sie auf diese Weise Spannung, die das Interesse Ihres Gegenübers für Ihre Persönlichkeit erhöht.
Grundregel: Erzählen Sie von wahren Begebenheiten
Allerdings müssen solche Beispiele "wahrheitsgetreu und anhand von Referenzen belegbar sein", betont Bewerbungscoach Hornung. Auf keinen Fall dürfen Sie Ihrem künftigen Arbeitgeber einen Bären aufbinden, um Ihrem Gegenüber mit unzutreffenden Geschichten imponieren zu wollen.
Ihre Glaubwürdigkeit nähme Schaden, und ein anderer Bewerber würde das Rennen machen. Marcel Schädeli stösst ins gleiche Horn: "Es gibt im Vorstellungsgespräch nur eine wichtige Regel zu befolgen: Erzählen Sie von wahren Begebenheiten."
Allfällige Misserfolge beim Namen nennen
Schrecken Sie entsprechend auch nicht davor zurück, allfällige Misserfolge beim Namen zu nennen. Es ist ratsam, wenn Sie damit rechnen, im Vorstellungsgespräch nach Situationen gefragt zu werden, die Ihnen negativ in Erinnerung geblieben sind. Fällt Ihnen gerade kein passendes Beispiel auf eine Frage Rekrutierungsverantwortlichen ein? Halb so wild und nur nicht nervös werden. "Bewerber dürfen durchaus auch mal dazu stehen, wenn sie im Moment keine Antwort oder kein Beispiel parat haben", rät Markus Hornung. "Wer so auf unerwartete Frage reagiert, dem wird dies als Stärke angerechnet."
Auch Marcel Schädeli empfiehlt in solchen Situationen ruhig Blut zu bewahren. Nach Schädelis Erfahrung "werden Sie feststellen, dass Sie für alle Fragen eine entsprechende Situation parat haben, auch wenn Sie manchmal etwas länger in der Vergangenheit danach suchen müssen". Sein Rat: "Lassen Sie sich dafür ruhig Zeit, Personalverantwortliche haben dafür Verständnis."
Rechtzeitig vorbereiten
Rechtzeitige Vorbereitung
Last but not least rät Bewerbungscoach Markus Hornung: "Bereiten Sie sich rechtzeitig auf das Vorstellungsgespräch vor. So können Sie Stress abbauen." Gehen Sie die Fragen, die Ihnen während des Bewerbungsgesprächs gestellt werden könnten, vorher nochmals durch. "Klopfen Sie Ihre Arbeitszeugnisse auf Schwachstellen hin ab", sagt Hornung, "und überlegen Sie sich im Voraus authentische, ehrliche Antworten". Schliesslich ist es ratsam, zu trainieren und in der Vorbereitung zum Bewerbungsgespräch seine Beispiele anderen vorzutragen. So werden Sie sattelfest und sicherer.
(Wolf Südbeck-Baur)