Bewerbung: Der Telefonkontakt
Telefoninterviews gehören in vielen Unternehmen zum Rekrutierungsverfahren. Stellensuchende können selber aktiv werden und anrufen. Initiative lohnt sich.
Von Christoph Stehr
"Für Vorabinformationen steht Ihnen Frau Marti unter der Telefonnummer 051 220 37 93 gern zur Verfügung?" Solche Hinweise finden sich in vielen Stelleninseraten. Wer bei KMUs und Grossunternehmen in der Schweiz anheuern will, kann sich zusätzlich zum Internet vorab telefonisch nach Details des Stellenprofils oder nach aktuellen Projektvorhaben erkundigen.
Frühzeitiges Beschnuppern nützt beiden Seiten
Viele Unternehmen wie beispielsweise die Schweizer Bundesbahn SBB, die Bank Credit Suisse oder die Generali-Versicherungs-Group bieten die Möglichkeit zum telefonischen Vorchecking an. Frühzeitiges Beschnuppern nützt beiden Seiten. Unternehmen kanalisieren den Bewerberstrom, indem sie klar machen, auf welche Qualifikationen es besonders ankommt. Stellensuchende können ihre Unterlagen passgenau zusammenstellen und erhöhen so ihre Chancen.
Einstieg für die schriftliche Bewerbung
Ausserdem liefert der telefonische Erstkontakt eine Steilvorlage für die schriftliche oder elektronische Bewerbung: "Sehr geehrte Frau Anderegg, herzlichen Dank für das nette Gespräch vom vergangenen Freitag, bei dem Sie mich ermutigt haben, meine Unterlagen einzureichen", ist ein besserer Texteinstieg als das immer noch verbreitete "hiermit bewerbe ich mich als…".
Die meisten Experten empfehlen, das Gesprächsangebot wahrzunehmen. "Wenn Sie wirklich einen Super-Eindruck hinterlassen, dann kann Ihr Bewerbungsdossier im Stapel ein paar Stufen nach oben steigen. Mehr nicht, aber das ist schon sehr viel", sagt Christoph Kühnhanss, Geschäftsführer der Personal- und Unternehmensberatung Navigas in Bern.
Bitte nicht nerven
Allerdings tun Stellensuchende gut daran, sich in die Situation der Ansprechpartner hineinzuversetzen. "Personalverantwortliche, darüber muss man sich im Klaren sein, sind chronisch kontaktüberlastet, selbst wenn sie ein Telefongespräch anbieten", mahnt Kühnhanss. Der zehnte Anrufer innerhalb einer Stunde ist nur noch lästig – vor allem, wenn er kein Ende findet oder schlecht vorbereitet wirkt.
"Deshalb: Ihren Namen deutlich platzieren, drei kluge Fragen stellen, mit frischer Stimme, motiviert, gutgelaunt, kurz und präzise und dann wieder auflegen: ‚Super, vielen Dank, ich schicke Ihnen gerne meine Unterlagen.‘"
Doch was sind kluge Fragen?
Vieles geht aus dem Stelleninserat hervor, und auf banales Geschwätz reagieren Rekrutierungsverantwortliche allergisch. Die Fragen sollen sich aus der Stellenbeschreibung ergeben, aus der Aufgabe und den Fähigkeiten, aus dem Lebenslauf des Bewerbers, raten Karriereplaner.
"Wenn der Bewerber unsicher ist, ob eventuelle Kann- oder Sollkriterien entscheidungsrelevant sind, kann er das doch fragen. Oder ob es die Möglichkeit gäbe, das in kurzer Zeit zu lernen. Das kann den Personalverantwortlichen auch neugierig machen."
Gegenseitiges Abtasten
Natürlich muss der Bewerber damit rechnen, seinerseits "gescannt" zu werden. "Personalverantwortliche fragen oft, welche berufliche Grund- oder Weiterbildung man hat und wo man aktuell arbeitet, um zu sehen, ob der Bewerber die Muss-Kriterien erfüllt", berichtet Miriam Koch vom Service-Portal Karriere.ch in Zug. Gut ist es, Lebenslauf, Zeugnisse und das Stelleninserat parat zu halten.
Manche Fragen stammen aus dem Standardrepertoire für Vorstellungsgespräche: Warum glauben gerade Sie, auf diese Stelle zu passen? Wer sind Ihre Vorbilder im Beruf? Welche Schwächen haben Sie? Ziel ist es nicht, bedeutungsschwere Statements zu sammeln, sondern Motivation und Kommunikationsfähigkeit des Anrufers zu testen. Spontane, offene Antworten bringen am meisten – und helfen, beruflich "Anschluss unter dieser Nummer" zu finden.
Gute Fragen, schlechte Fragen
Small Talk
Die Frage nach dem Wetter entwertet das Gespräch. Der Personalverantwortliche gewinnt den Eindruck, dass der Bewerber nur anruft, um ein "To do" aus einem Jobratgeber abzuhaken. Die Fernseh-Show vom Vorabend hat hier ebenfalls nichts zu suchen. Das Thema Politik meiden.
Wiederholung
Das Stelleninserat beschreibt in der Regel die Rahmenbedingungen. Wer erfragt, was bereits bekannt ist, zeigt, dass er nicht genau gelesen hat. Bittet der Rekrutierungsverantwortliche um eine kurze Selbstpräsentation, nicht das Anforderungssprofil aus dem Inserat nachbeten.
Ungeduld
Bestimmte Details wie die Höhe des Lohns oder der Urlaubsanspruch klären sich frühestens im Vorstellungsgespräch - und selbst dort spricht sie der Bewerber nicht als Erster an. Der Personalverantwortliche kann meist auch nicht sagen, wann das Selektionsverfahren definitiv abgeschlossen sein wird.
Persönliches
Eine emotionale Brücke zum Gesprächspartner zu bauen, ist keine schlechte Idee, aber der Bewerber hebt sie sich besser für später auf. Am Telefon wirkt schon eine unverdächtige Anspielung auf die Gesundheit - "Sie klingen aber heiser, sind Sie erkältet?" - aufdringlich. Gibt der Personalverantwortliche etwas Persönliches preis, etwa ein Hobby, kann man sich eine Notiz machen und im Vorstellungsgespräch darauf zurückkommen.