Bewerbungsratgeber USA: Das Job Interview

von Monster Contributor

Vieles spricht dafür, in Amerika ein Praktikum zu machen oder dort zu arbeiten. Doch der Weg zum Job ist anders gepflastert als in Europa. In unserem siebenteiligen Bewerbungsratgeber USA machen wir Sie fit für den Karrieresprung nach Übersee.

Bewerbungsratgeber USA: Job Interview / Das Vorstellungsgespräch

Von Sebastian Moll, New York

Sie haben es durch ein überzeugendes Anschreiben und einen sorgfältig zusammen gestellten Lebenslauf geschafft, bei einer amerikanischen Firma zum Interview eingeladen zu werden. Nach Aktenlage haben Sie nun genauso große Chancen auf den Job, wie Ihre Mitbewerber. Jetzt hängt alles von dem Eindruck ab, den Sie bei diesem kurzen aber entscheidenden Treffen hinterlassen.

Jetzt wird richtig auf den Zahn gefühlt

Insbesondere bei großen Firmen gehen amerikanische Job-Interviewer sehr systematisch vor. Der zukünftige Arbeitgeber will genau wissen, ob Sie für die offene Stellung wirklich der Beste sind. In der Regel versucht ein amerikanischer Personaler dies herauszufinden, in dem er die Anforderungen des Jobs genau analysiert.

Er wird sich eine Liste dieser Anforderungen machen und sie bei Ihnen und bei allen Mitbewerbern eine nach der anderen abfragen. Das geht von der inhaltlichen Kompetenz bis hin zu Führungsqualitäten, Teamfähigkeit, Arbeitsdisziplin und Motivation.

Tiefe Recherche ist gute Vorbereitung

Die beste Vorbereitung auf das Interview ist deshalb wie schon beim Anschreiben und beim CV, sich vorab genau zu informieren, was der Job beinhaltet und was von Ihnen gefordert wird.

Dabei ist es auch hilfreich, etwas über die Unternehmenskultur und das Klima im Unternehmen zu erfahren. Mit derzeitigen oder ehemaligen Mitarbeitern der Firma zu sprechen, ist zweifelsohne eine gute Strategie.

Fragen Sie ruhig - nur nicht nach Gehalt oder Urlaub

Es ist auch nicht verpönt, während des Interviews Fragen zum Unternehmen zu stellen, sofern sie gezielt sind. Sie demonstrieren dadurch ein echtes Interesse an dem Unternehmen. Nur nach Gehalt oder Urlaub sollten Sie beim Interview auf keinen Fall fragen. Das ist Gegenstand der später folgenden Vertragsverhandlungen.

Personal-Experten in den USA empfehlen es, zur Vorbereitung auf das Interview aufgrund ihrer Recherchen einen Katalog möglicher Fragen aufzustellen, mit denen Ihre spezielle Kompetenz für die anstehenden Aufgaben getestet werden könnte. Wenn Sie sich im vorhinein Antworten darauf überlegt haben, können Sie mit einer wesentlich größeren Selbstsicherheit in das Interview gehen.

Dress Code: seriös und förmlich

Der Dress-Code zu einem Interview ist immer förmlich. Männer fahren mit einem zweiteiligen Anzug in blau oder grau grundsätzlich gut, selbst wenn die Mode-Gepflogenheiten der angestrebten Branche im Alltag leger sind. Sportuhren aus Plastik sind verpönt, ebenso weiße Sportsocken.

Bei Frauen ist der Dress Code komplizierter. In jedem Fall sollten Sie seriös wirken und in keinem Fall provokativ. Absolute Pünktlichkeit ist eine Selbstverständlichkeit.

Locker im Ton, hart in der Sache

Die allgemeine Struktur des Interviews ist gewöhnlich simpel. Man beginnt mit Small Talk um die Atmosphäre zu lockern. Geschulte Interviewer geben einem dabei oft das Gefühl, dass man den Job schon in der Tasche hat, um ihre mögliche Nervosität zu dämpfen.

Das hindert sie jedoch nicht daran, anschließend harte Fragen zu stellen. Man wird mit Ihnen Ihre Karrierestationen durchgehen und dabei genau nachfragen, ob Sie dort tatsächlich die für den aktuellen Job geforderten Fähigkeiten erworben haben.

Selbstbewusst, doch nicht überheblich

Selbstbewusstsein ist für amerikanische Arbeitgeber sehr wichtig. Unsicherheit und Schüchternheit wird als Schwäche ausgelegt, insbesondere wenn man sich auf verantwortungsvolle Positionen bewirbt. Das Selbstbewusstsein sollte jedoch nie in Überheblichkeit umschlagen. Es ist eine feine Balance, die es hier zu halten gilt.

Der Interviewer wird sowohl auf Ihre Antworten achten, als auch auf die Art und Weise, wie Sie diese geben. Vor allem, wenn Sie tatsächlich ein ernsthafter Kandidat für den Job sind, wird man Sie deshalb auch Stressfragen unterziehen. Oft wird dabei abgefragt, wie Sie mögliche Situationen im Arbeitsalltag handhaben würden.

Standardfragen und Fangfragen

Zum Beispiel kann gefragt werden, wie Sie ein Problem angehen würden, für dessen Lösung es kein etabliertes Protokoll gibt. Die richtige Antwort hier wäre, dass man versuchen würde, sich mit seinem Vorgesetzten zu beraten und nur dann in Eigenregie handeln, wenn dieser nicht verfügbar ist. In diesem Fall würden Sie ihn aber bei der nächsten Gelegenheit in Kenntnis setzen und auf dem Laufenden halten. So demonstrieren Sie sowohl die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, als auch Teamfähigkeit.

Eine Standardfrage heutzutage ist es, Sie nach Ihren Schwächen zu fragen. Das ist eine offensichtliche Fangfrage. Die richtige Strategie hierbei ist es, die Schwächen zwar offen zuzugeben, aber gleichzeitig zu dokumentieren, dass Sie daran arbeiten, sie zu beheben.

Bei deutschen Bewerbern kann dies beispielsweise mangelhafte Flüssigkeit im Geschäftsenglisch sein. Sie sollten dann gleich dazu sagen, dass sie einen Konversationskurs belegt haben oder auf der Fahrt zur Arbeit einen Audiokurs hören.

Richtig reagieren

Ebenfalls zur Gepflogenheit bei Interviews in Amerika sind überraschende, scheinbar unsinnige Fragen geworden. Damit soll ihre Flexibilität und Kreativität getestet werden. Ein Beispiel wäre die Frage danach, mit wem Sie gerne einmal essen gehen würden, wenn Sie es sich aussuchen könnten.

Das wichtige bei einer solchen Frage ist nicht, was sie antworten, sondern wie sie antworten. Sie sollten die Frage auf keinen Fall abtun oder ihr ausweichen, sondern darauf einsteigen und versuchen eine möglichst originelle Antwort zu finden.

Die Verabschiedung

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie jederzeit engagiert und motiviert wirken. Sie müssen den Eindruck erwecken, dass dieser Job für Sie eine einmalige Gelegenheit ist und dass Sie sich freuen, zum Interview eingeladen worden zu sein.

Letzteres sollten Sie auch unbedingt bei der Verabschiedung zum Ausdruck bringen. "Thank you very much for your time. I really appreciate this opportunity", wäre eine angemessene Floskel, wenn das Interview zu Ende ist. Wichtig ist auch, dass Sie nachhaken und nicht passiv auf eine Entscheidung warten. Auch das zeigt, wie motiviert Sie sind, und wie gerne Sie diesen Job hätten.

Nachhaken

Schreiben Sie spätestens am nächsten Tag eine Email, in der Sie sich für das Gespräch bedanken. Dabei sollten Sie auch noch einmal wichtige Punkte des Gesprächs zusammenfassen, um zu zeigen, dass Sie die Anforderungen des Jobs genau verstanden haben.

Um eine Bewertung Ihrer Vorstellung sollten Sie jedoch nicht bitten. Ebenso wenig sollten Sie auf eine rasche Entscheidung drängen. Stattdessen sollten Sie bekräftigen, dass Sie den Job möchten und sich über eine Zusage freuen würden.

Sebastian Moll
lebt seit 10 Jahren als Freier Journalist in New York.

Er berichtet für deutsche Tageszeitungen und Magazine über ein breites Spektrum an Themen aus der amerikanischen Kultur, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.

www.sebastianmoll.de