Berufliche Integration für psychisch Kranke

von Monster Contributor

Menschen mit psychischen Krankheiten brauchen Unterstützung, um ihre Therapie und ihren Job miteinander zu vereinbaren. Dies sichern Neuerungen bei der Invalidenversicherung (IV). Zudem ermöglichen Projekte den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. 

In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der IV-Rentenbezüger mit psychischen Störungen von 52.000 auf beinahe 100.000 angestiegen. Fast 40 Prozent der Bezugsberechtigten leiden unter Krankheiten wie Depressionen, Phobien, Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörungen. Die Ursachen sind nur selten eindeutig verifizierbar. Überforderung in Alltag und Beruf, Suchtprobleme oder soziale Schwierigkeiten können Auslöser sein. Gemäss dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium ist das Gefühl, das Leben im Griff zu haben, ein wichtiger Massstab für die psychische Gesundheit.

Arbeit bedeutet Stabilität für die Betroffenen

Menschen mit psychischen Krankheiten können jedoch schon durch alltägliche Probleme aus ihrem labilen Gleichgewicht geraten. Für sie kann es von Bedeutung sein, einer regelmässigen Tätigkeit nachzugehen, die eine gewisse Stabilität im Leben vermittelt. Ein Beispiel ist die 50-jährige Cornelia Marty aus Zug, die seit zehn Jahren unter Depressionen leidet. Trotz der ihr zugesprochenen Vollrente entschloss sie sich weiterhin einer Arbeit nachzugehen. Sie hat eine geeignete Stelle mit einem 20-Prozent-Pensum gefunden. Cornelia Marty sagt: "Ich brauche auch deshalb Arbeit, damit es mir besser geht."

Projekt für den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben

Psychische Krankheiten sind oft von einem instabilen Verlauf gekennzeichnet. Häufig führt das zu längeren und zahlreichen Absenzen am Arbeitsplatz und schliesslich zur Entlassung. Durch finanzielle Anreize und die Hilfestellung von Fachkräften soll nun erreicht werden, dass Unternehmen mehr Geduld aufbringen und bereit sind, handicapierte Menschen zu behalten oder gar neu einzustellen.

Im Rahmen der "Job-Passerelle", einem Projekt des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), werden solche Menschen über eine Art Personalverleih an Unternehmen vermittelt. Den Unternehmen wird der Lohn als Dienstleistung der Vermittlungsbüros in Rechnung gestellt. Dadurch vermeiden Unternehmen im ersten Jahr das Risiko einer Erhöhung der Sozialversicherungsprämien. Kosten für integrative Massnahmen und das Coaching werden von der Invalidenversicherung (IV) finanziert.

Immer mehr Arbeitgeber machen mit

Die Vermittlung übernehmen die Organisationen "Integration pour tous" (IPT) und "Profil", die sich auf die Integration von behinderten Berufstätigen spezialisiert haben und mittlerweile in allen Schweizer Wirtschaftsregionen tätig sind. Mit diesen Organisationen stehen Arbeitgebern und Arbeitnehmern während eines Jahres Fachkräfte als begleitende Berater zur Verfügung.

"Wir hoffen, dass wir immer mehr Arbeitgeber von diesem Projekt überzeugen können", sagt Jürg Sigrist, Geschäftsführer von "Profil". Die Chancen stehen gut. Gemäss einer Umfrage von "Integration pour tous" gaben 200 von 800 befragten Firmen an, in den letzten zwei Jahren Menschen mit psychischen Problemen eingestellt zu haben.

Früherkennung ist wichtig

Um zu verhindern, dass eine psychisch erkrankte Person aus dem Arbeitsmarkt ausscheidet, ist vor allem eine frühe Intervention notwendig. Die OECD-Studie "Krankheit, Invalidität und Arbeit" besagt, dass eine Wiedereingliederung bei Früherkennung zu 80 Prozent erfolgreich ist, nach einem Jahr beläuft sie sich noch auf 20 Prozent.

Für Betroffene bedeutet dies, dass sie selber rechtzeitig Unterstützung suchen sollten, um so eine Tabuisierung der eigenen Krankheit zu vermeiden. Die Invalidenversicherung (IV) bietet ab Inkrafttreten der 5. Revision im Januar 2008 Massnahmen der Frühintervention an. So wird zusammen mit dem Arbeitgeber, den Versicherern, Ärzten oder anderen Fachleuten ein Massnahmenplan für die Rehabilitation erstellt. Dazu gehören Ausbildungskurse, Arbeitsvermittlung und sozialberufliche Rehabilitation.

Auch "Profil" bietet in solchen Fällen begleitende und beratende Hilfe an. Die Massnahmen zwecks Arbeitsplatzerhaltung werden ebenfalls gemeinsam erarbeitet und begleitet. Für dieses Projekt können sich auch Betroffene melden, die nicht bei der Invalidenversicherung (IV) sind oder von ihrem Arbeitgeber unterstützt werden.

Tipps für Betroffene

  • Die eigene Krankheit nicht tabuisieren, sondern frühzeitig das Gespräch und Unterstützung suchen.
  • Menschen stehen mit ihren Leiden nicht alleine da! Persönliche und rechtliche Beratung bieten Fachkräfte von Organisationen für Behinderte oder Selbsthilfegruppen.
  • Das BSV-Projekt "Job-Passerelle" kann für Menschen eine Perspektive sein, deren Antrag auf Teilrente oder Unterstützungsleistungen von der Invalidenversicherung (IV) abgelehnt wurde.

Berufliche Integration für Langzeitarbeitslose

Menschen mit längerer Arbeitslosigkeit muss in erster Linie der Weg zurück ins Berufsleben ermöglicht werden. Die sozialen Rehabilitationsmassnahmen der Invalidenversicherung IV richten sich nach diesen spezifischen Anforderungen. Vor der Wiedereingliederung nehmen die Kandidaten an Projekten teil, die eine Gewöhnung an den Arbeitsprozess fördern, den Aufbau der Arbeitsmotivation unterstützen und die Persönlichkeit stabilisieren sollen. Voraussetzung für die Teilnahme am Programm ist eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent.

Wer mehrheitlich arbeitsfähig ist, bekommt von der "Job-Passerelle" eine Wiedereinstiegsmöglichkeit, basierend auf dem Modell des "Personalverleihs". Psychisch Angeschlagene werden ein Jahr lang in Unternehmen beschäftigt. Während dieser Zeit begleiten Berater die Betroffenen und Arbeitgeber mit dem Ziel, dass dann eine Festanstellung im Unternehmen erfolgt. So bietet sich auch Menschen eine berufliche Perspektive, die keine Leistungen der Invalidenversicherung (IV) beziehen oder beziehen wollen.

(Kristina Kadner)

Weiterführende Informationen:

Job-Passerelle
www.jobpasserelle.ch

Profil - Arbeit & Handicap
www.profil.proinfirmis.ch

Integration pour tous
http://www.fondation-ipt.ch

Weitere Integrationsprojekte für psychisch Erkrankte
http://www.puk-west.unizh.ch/de/aktuell/index.shtml
http://www.gef.be.ch/site/index/upd/upd-psychiatrie/
upd-psychiatrie-arbeit/upd-psychiatrie-arbeit-jobcoach.htm

Beratungsstellen
www.proinfirmis.ch
http://www.promentesana.ch/
http://www.rehafirst.ch/

Linkliste mit Selbsthilfegruppen
http://www.agile.ch/t3/agile/index.php?id=22