Benimm im Vorstellungs-Gespräch

von Monster Contributor

Vorgesetzte achten bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter zunehmend auf deren Manieren. Worauf Bewerber beim Vorstellungsgespräch in Sachen Benimm achten sollten.

Smalltalk und flapsige Auflockerungsversuche im Vorstellungsgespräch können leicht verunglücken. Das hat Karriereberaterin Jutta Boenig oft beobachtet oder berichtet bekommen. Wie bei einem Ingenieur, der im Vorstellungsgespräch zwei Interviewern mit fast identischen Krawatten gegenüber saß. "Er fragte locker flockig: 'Haben Sie die im Gros bekommen?'", berichtet Boenig. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen konnte er zusehen, wie die Gesichter der beiden Herren erstarrten. Den Job hat er trotz des Fehltritts bekommen. "Er war hoch qualifiziert und das Unternehmen brauchte ihn", sagt Boenig. Doch der Einstieg verlief anstrengender als nötig. Freunde hat er sich nicht gemacht. Und den sonst üblichen Vertrauensvorschuss - zumindest teilweise - verspielt.

Gute Manieren helfen Bewerbern, in Vorstellungsgesprächen die größten Fettnäpfchen zu umgehen. Und im Arbeitsalltag erleichtert gutes Benehmen das Miteinander mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden gleichermaßen. Personalverantwortliche wissen das und achten daher bei Bewerbern neben den fachlichen Fähigkeiten und arbeitsbezogenen Soft Skills zunehmend auf gute Manieren. Dabei macht der Grundton im Verhalten die Musik.

Auch Damen stehen zur Begrüßung auf

Die gängigsten Empfehlungen für das Vorstellungsgespräch sollte peinlichst beherzigen, wer im Bewerbungsgespräch mit gutem Benehmen punkten will. "Natürlich sollten Bewerber pünktlich sein und daher bei Großunternehmen längere Wege ebenso einkalkulieren wie genügend Zeit, um an der Pforte Formulare auszufüllen", sagt Sabine Schwind von Egelstein, Inhaberin der Schwind von Egelstein Imagedesign aus München.

Der Bewerber stellt sich mit Vor- und Nachnamen vor - den Händedruck bietet der Interviewer an. Der Kandidat setzt sich, wenn ihm ein Sitzplatz angeboten wird. Betritt ein Interviewer verspätet den Raum, steht der Bewerber auf, um auch diesen korrekt zu begrüßen. "Das gilt im Bewerbungsgespräch ausnahmsweise auch für Damen", betont Thomas Schäfer-Elmayer, Autor mehrerer berufsbezogener Benimm-Ratgeber.

Gleich zu Beginn auf Etikette achten

Der Benimm-Parcours beginnt am Empfang. "Hier stellt sich der Bewerber kurz und höflich vor und nennt sein Anliegen", sagt Schwind von Egelstein. Gegebenenfalls erklärt er dann, dass er gern noch Platz nehmen würde, weil bis zum Termin noch etwas Zeit ist.

Kommen sie vor dem Vorstellungsgespräch in Kontakt mit der Sekretärin, dürfen Stellensuchende in Sachen Benimm nicht nachlässig werden. "Die Sekretärin ist die wichtigste Person", sind sich die Experten einig. "Wenn sie nach dem Vorstellungsgespräch nicht von sich aus das gute oder schlechte Benehmen eines Bewerbers anspricht, fragt der Personalverantwortliche oft bei ihr nach", begründet Schäfer-Elmayer.

Böse Falle: Arrogante Körpersprache

Fühlen sich Bewerber schlecht behandelt, sollten sie sich im Nachhinein durchaus fragen, ob sie sich in diesem Unternehmen wohl fühlen würden, rät Boenig. "Wie sich die Interviewer Ihnen gegenüber benehmen, verrät auch etwas über die Unternehmens- und Führungskultur." Benimmt sich ein Interviewer daneben und macht beispielsweise unpassende Witze, rät sie aber dennoch: "Haltung bewahren, lächeln, gar nicht drüber sprechen." Das zeugt von der Souveränität des Bewerbers.

Zu gutem Benehmen gehört auch Respekt vor dem Revier des Vorgesetzten. "Bewerber sollten auf keinen Fall die Unterarme auf den Schreibtisch ihres Gegenübers stützen oder darauf Notizen anfertigen", empfiehlt Christian Püttjer, Mitinhaber der Püttjer & Schnierda KarriereAkademie und Autor. Letztes zumindest nicht, ohne gefragt und das Einverständnis abgewartet zu haben. Vermeiden sollten Bewerber arrogantes Verhalten oder Dominanzgesten wie breitbeiniges Sitzen - eine Falle, in die vor allem Männer tappen. "Arrogante Körpersprache ist schlechtes Benehmen", warnt Boenig.

Nicht vor den Kopf stoßen

Sehr wichtig ist ein freundliches Lächeln während des Gesprächs. "Außerdem sollten Bewerber konzentriert zuhören", empfiehlt Chantal Heller, Inhaberin von Perfect Image in Zürich. Und dies durch gelegentliches Nicken und einen offenen Blick signalisieren. "Bei mehreren Interviewern sollten Bewerber darauf achten, auch stille Anwesende nicht zu ignorieren und immer wieder den Blickkontakt zu ihnen suchen", erklärt Püttjer. So binden sie jeden der Anwesenden ins Gespräch ein. "Und auch wenn das Gegenüber bereits viel über das Unternehmen erzählt hat, ist es höflich, weitere Sachfragen zu stellen", sagt Schwind von Egelstein.

Dabei dürfen Bewerber dem Gegenüber jedoch nicht ins Wort fallen. Dies stößt auf wenig Akzeptanz - besonders in Österreich. "Dort erwarten Personalverantwortliche deutlich mehr Bescheidenheit von Bewerbern als Personaler in Deutschland", sagt Schäfer-Elmayer. Gerade von Deutschen, denn die gelten im Nachbarland als arrogant, überheblich und besserwisserisch. "Bewerber sollten sich im Bewerbungsgespräch nicht so sehr in Szene setzen", empfiehlt auch Chantal Heller aus Zürich.

Keine Selbstinszenierung

"Für Deutsche in Österreich ist es ganz besonders wichtig, dem Gegenüber größtmögliche Wertschätzung zu vermitteln", weiß Schwind von Egelstein. Sie sollten besonders deutlich machen, warum sie sich gerade auf eine Stelle in diesem Unternehmen und diesem Land bewerben. "Beispielsweise wegen der deutlich engeren Handelsbeziehungen nach Osteuropa - vor allem, wenn entsprechende Sprachkenntnisse vorhanden sind", erklärt Schwind von Egelstein. Oder weil die Branche, in dem das Unternehmen tätig ist, sich in Österreich besonders gut entwickelt. "Unbedingt vermeiden sollten deutsche Bewerber den Eindruck, sie bewerben sich in Österreich, weil sie in Deutschland keinen Job bekommen."

Grundsätzlich unterscheiden sich die Benimmanforderungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz aber nicht, da sind sich die Berater einig. Nur in Feinheiten. So sollten Bewerber in Österreich bei der Begrüßung und zwischendurch die Titel der Interviewer nennen. "Und zwar nicht nur den Doktor oder Professor", betont Schwind von Egelstein, "sondern auch den Herrn oder die Frau Magister."

Ruhig mit Vorurteilen kokettieren

Pünktlichkeit ist in allen Ländern Pflicht. "Aber Weltmeister ist eben doch Deutschland", erinnert Schwind von Egelstein. Zwar könne es schon mal vorkommen, dass Interviewer den Bewerber warten lassen. "Doch dann sollten Bewerber nach einer halben Stunde in jedem Fall nachfragen, mit wie viel Zeitverzögerung sie rechnen müssen", rät Schwind von Egelstein. "In Deutschland kommt es nicht gut an, wenn jemand devot abwartet."

Schweizer gelten in Deutschland wegen ihrer langsamen Sprechweise als behäbig und umständlich. "Mit diesem Vorurteil dürfen sie im Vorstellungsgespräch ruhig kokettieren", empfiehlt Boenig. Mit dieser Form von Humor sind Bewerber auf der sicheren Seite. "Wenn Bewerber überhaupt Humor zeigen wollen, dann bitte immer über sich selbst", sagt Boenig. Nie über das Gegenüber oder andere Personen.

(Midia Nuri)