Arbeitsmarkt Schweiz
Die Schweiz ist eines der Top-Länder für Auswanderer. Offene Stellen und höhere Gehälter machen das Alpenland so attraktiv.
Fast 180.000 Deutsche und 33.000 Österreicher leben laut dem Bundesamt für Migration in Bern derzeit zwischen Bodensee und Genfer See. Tendenz ist steigend. Denn seit dem 1. Juni 2007 ist das Arbeiten in der Schweiz für europäische Arbeitnehmer noch einfacher geworden. Die Eidgenossen haben ihren Arbeitsmarkt für Bürger der alten 15 EU-Länder nun vollständig geöffnet. Statt einer Arbeits- brauchen sie nur noch eine Aufenthaltsbewilligung. Diese ist mit einem Arbeitsvertrag erhältlich.
Entspannter Arbeitsmarkt
Auch wer noch keinen Job hat, kann in die Schweiz ziehen und mit der Arbeitssuche beginnen. Können die Suchbemühungen nachgewiesen werden, dürfen EU-Bürger bis zu einem Jahr im Land bleiben. Selbstständige erhalten nach einer Einrichtungszeit von sechs Monaten eine Aufenthaltsbewilligung für fünf Jahre, wenn sie belegen können, dass sie selbstständig tätig sind und für ihren Unterhalt selbst aufkommen.
Die Lage auf dem Schweizer Arbeitsmarkt ist entspannt. Die Arbeitslosenquote bewegt sich seit Jahren auf einem niedrigen Niveau. 2006 betrug sie lediglich 3,3 Prozent. "Dennoch haben auch Berufsanfänger und ältere Arbeitnehmer gute Aussichten", bestätigt Alexander von Preen, Direktor der Kienbaum AG Schweiz in Zürich.
Baubranche im Alpenland boomt
Insgesamt 3466 Arbeitnehmer konnte die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit in Bonn im vergangenen Jahr im Nachbarland in Arbeit bringen. Mit 24 Prozent Anteil an der Gesamtzahl der Vermittelten (14.470 deutsche Auswanderer) ist die Schweiz der absolute Favorit. "Die schweizerische Arbeitsverwaltung meldete vor allem einen Bedarf an Fachkräften im Bauhaupt- und nebengewerbe", erläutert Franziska Bender, Arbeitsvermittlerin in der ZAV-Auslandsvermittlung Stuttgart. Derzeit seien die Kredite in der Schweiz günstig, was zu einem anhaltenden Bauboom führe. Auch arbeitslose Interessenten mit Facharbeiterausbildungen haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Stark gefragt seien die Branchen Finanzdienstleistung, Pharma, Chemie, Maschinenbau sowie die Uhrenindustrie. Auch das Hotel- und Gaststättengewerbe sucht Personal, vor allem zur Sommer- und Wintersaison. Zahlreiche Angebote gibt es zudem für Metall- und Elektrofachkräfte. "Die Arbeitgeber erwarten jedoch neben Spezialkenntnissen einen mehrsprachigen Hintergrund. Je internationaler, desto besser", berichtet Preen über seine Erfahrungen bei der Vermittlung von Managern in die Schweiz. Vorteile haben Bewerber, die neben Englisch noch weitere der vier offiziellen Sprachen des Alpenlands beherrschten (neben Deutsch: Französisch, Italienisch und Rätoromanisch).
Arbeitgeber bieten Hilfe bei der Zimmersuche an
"Da aufgrund des Fachkräftemangels die Konkurrenz unter den Unternehmen gross ist, bieten viele Arbeitgeber gleich in der Stellenanzeige Hilfe bei der Zimmersuche an", sagt die Eures-Beraterin für den Schweizer Arbeitsmarkt. Die Gehälter sind generell höher als in anderen Ländern. Der Durchschnittslohn im Bauhaupt- und nebengewerbe liegt in der Schweiz zwischen 2500 Euro und 3400 Euro brutto. Der Verdienst eines Poliers kann 3600 Euro brutto betragen. Zudem sind die Steuer- und Sozialabgaben günstiger. "Doch die Schweiz ist ein teures Pflaster. Die Lebenshaltungskosten sind bis zu einem Drittel höher als bei uns", gibt Bender zu bedenken. Wer als Grenzpendler in der Schweiz arbeitet und weiterhin in Deutschland oder Österreich wohnt, kann daher viel Geld sparen.
Unterschiedliche Aufstiegschancen
Arbeiten in der Schweiz hat noch weitere Nachteile: Laut einer Studie der Wirtschaftsförderung Genf arbeiten Beschäftigte in der Schweiz im Jahr etwa 170 Stunden mehr als beispielsweise ihre deutschen Kollegen. Die gesetzlich festgelegten Urlaubstage betragen lediglich 20 Tage. In der Schweiz gibt es keinen Kündigungsschutz. Doch Alexander von Preen erachtet das nicht als problematisch. "Die Unternehmen müssen für ihre Mitarbeiter attraktiv bleiben, denn auch diese dürfen jederzeit kündigen", sagt er - unter Einhaltung einer Kündigungsfrist. Die beträgt während der Probezeit eine Woche, danach je nach Betriebszugehörigkeit ein bis drei Monate.
Unterschiedlich können nach Ansicht des Kienbaum-Fachmanns von Preen die Aufstiegschancen sein. "Bei grossen internationalen Unternehmen spielt die Nationalität kaum eine Rolle. Doch in den kleinen und mittelgrossen Betrieben wird sicherlich mehr Wert auf Schweizer Mitarbeiter gelegt." Doch die meisten Schweizer seien offen gegenüber Ausländern. "Schliesslich tragen sie zum wirtschaftlichen Erfolg des kleinen Landes bei", sagt von Preen.
Gründungen leicht gemacht
Selbstständigen wird es relativ leicht gemacht, ein Unternehmen in der Schweiz zu gründen. "Eine Personengesellschaft kann ohne jegliche Formalität gegründet werden. Erst später braucht man eine Mehrwertsteuer-Nummer und kann eine Unternehmensstruktur suchen, die juristisch und steuerlich angemessener ist", heisst es auf dem KMU-Portal des Staatssekretariats für Wirtschaft. Dort können Gründer ihr Start-up unter anderem sogar beim Handelsregister und der Mehrwertsteuerverwaltung online anmelden - 24 Stunden am Tag.
(Mirjam Fritzsche)
Weiterführende Informationen:
Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV)
Info-Center: 0228/713 13 13
ZAV-Bonn@arbeitsagentur.de
www.ba-auslandsvermittlung.de
Daten zu Löhnen und Gehältern beim Schweizer Bundesamt für Statistik
www.bfs.admin.ch
Schweizerische Arbeitsverwaltung
www.treffpunkt-arbeit.ch
Zugang zum Arbeitsmarkt
http://ec.europa.eu/eures
Staatssekretariat für Wirtschaft
www.seco.admin.ch
Handelskammer Deutschland-Schweiz
www.handelskammer-d-ch.ch
KMU-Portal des Staatssekretariats für Wirtschaft
(Informationen zur Selbstständigkeit)
www.kmu.admin.ch